Menschen & Märkte

Einmahlig

Über das laute Kreischen, gelegentlich auch nur leise Surren, das jedem Espresso- oder Filterkaffeegenuss in einem guten Café vorausgeht, hört man gern hinweg. Dabei ermöglicht erst das perfekte Zerkleinern der Bohne großen Geschmack.

Ein Besuch beim Kaffeemühlen-Hersteller Mahlkönig in Hamburg.





// Anne Krahmer, bei Mahlkönig zuständig für das Marketing, hatte während der Terminabstimmung am Telefon einen hübschen Satz gesagt: „Wir kriegen die Bohne schon klein!“ Kann man ein Unternehmensziel knapper und gleichzeitig charmanter auf den Punkt bringen?

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Schließlich geht es beim Hamburger Kaffeemühlen-Hersteller genau darum: Geräte zu bauen, die geröstete Kaffeebohnen in braunes Mehl verwandeln – und damit erst die Grundlage schaffen für die Zubereitung eines Heißgetränks, das Millionen Menschen durch den Tag begleitet und immer mehr Genießer regelrecht zelebrieren: vom per Hand aufgebrühten Filterkaffee als Morgenritual bis zum Crema-gekrönten Espresso aus der Siebträgermaschine als unverzichtbarer Abschluss eines guten Abendessens.

Und doch zeugt der Satz vom Kleinkriegen der Bohne von demselben Understatement wie das schmucklose Backsteingebäude im Hamburger Stadtteil Wandsbek, in dem Mahlkönig als einer der weltweit führenden Produzenten von Premium-Kaffeemühlen zu Hause ist. Denn jeder, der einmal das feine Espresso-Pulver mit den viel gröberen Körnchen beim Filterkaffee verglichen hat, weiß, dass Vermahlung nicht gleich Vermahlung ist. Der Mahlgrad muss auf die Zubereitungsart abgestimmt sein, sonst werden die Inhaltsstoffe des Kaffees nicht optimal herausgelöst. Ist beispielsweise das Kaffeepulver in einem Siebträger zu grob, fließt das Wasser zu schnell hindurch, der Espresso schmeckt dünn und flach. Und wenn das Kaffeemehl in einer Stempelkanne (French Press) zu fein ist, nimmt das Wasser zu viele Bitter- und Gerbstoffe auf, der Kaffee schmeckt bitter und unangenehm intensiv. Doch dass dieses in der Kaffee-Berichterstattung oft vernachlässigte Thema noch viel komplexer, komplizierter und spannender ist, beginnt man zu begreifen, wenn man in einem Besprechungsraum des Unternehmens Philipp Baumberger gegenübersitzt.

Jeder einzelne Partikel wird vermessen

Der 45-jährige Ingenieur ist einer von fünf Geschäftsführern der Hemro AG, einer Schweizer Holding, unter deren Dach sich Mahlkönig mit strategischen Partnern zusammengeschlossen hat. Dass eine gute Mühle für den Profi-Bereich leistungsstark sein muss, präzise einstellbar, langlebig – damit hält sich der smarte Schweizer im Gespräch nicht auf, das ist für ihn selbstverständlich. Baumberger nimmt stattdessen Stift und Block zur Hand, zeichnet die Linien eines Koordinatensystems und darin eine Kurve. Sie steigt zunächst relativ gleichmäßig an, schlägt dann plötzlich weit nach oben aus, um anschließend steil wieder abzufallen.

Die Kurve sei das Ergebnis einer sogenannten Partikelgrößenanalyse, sagt Baumberger. „Wir nehmen vier Gramm Kaffeemehl, das sind etwa eine Million Partikel, und messen die Größe jedes einzelnen, indem wir sie aufwirbeln, mit einem Laser bestrahlen und uns den Schattenwurf ansehen.“ Die Kurvenspitze zeige, dass die meisten Partikel der Probe einen Durchmesser von circa 250 Mikrometer im Median und den Coarse Peak bei rund 400 Mikrometer hätten, das sei ein idealer Wert für Espressomehl. Aber, ergänzt Baumberger, diese Kurve bedeute nicht, dass die Aufgabe einer Espressomühle sei, ausschließlich Teilchen dieser Größe produzieren. Er zeigt auf kleine Buckel in der Kurve, sie liegen weiter vorn, bei 40 bis 100 Mikrometer. „Für ein perfektes Ergebnis braucht man auch einen gewissen Anteil an solchen Feinstaubpartikeln. Sie setzen sich in die Räume zwischen den größeren Körnern, bieten dem Brühwasser Widerstand, das sich andernfalls durch solche Lücken den Weg bahnen und zu schnell hindurchströmen würde.“ Baumberger legt den Block zur Seite und blickt auf, um sein Fazit zu ziehen: „Anders als viele glauben, reicht es eben nicht, Kaffee einfach grob, mittel oder fein zu vermahlen. Um die Aromen später bestmöglich extrahieren zu können, braucht man Mühlen, die für eine optimale Verteilung unterschiedlicher Korngrößen sorgen.“

Fast ein Jahrhundert Firmengeschichte

Schon etwa 90 Jahre lang tüftelt man bei Mahlkönig an der Entwicklung und Konstruktion von Mahlwerken. Nach seiner Gründung 1924 hatte das Familienunternehmen – damals noch unter dem Namen Stawert Mühlenbau – zunächst elektrische Motoren gefertigt. Als sich die Produktion später auf Mühlen verlagerte, gehörten zum Sortiment auch Getreide- und Gewürzmühlen sowie Mahlwerke für mechanische Geräte wie Fleischzerkleinerer. 1960 begann dann die Spezialisierung, seitdem fertigt man fast ausschließlich Kaffeemühlen und Mahlscheiben. Der Name Mahlkönig steht für zahlreiche Innovationen, eine der wichtigsten nennt sich Grind-on-demand, Mahlen nach Bedarf. So brachten die Hamburger im Jahr 2000 die erste Gastronomie-Espressomühle auf den Markt, die jede Kaffeeportion einzeln, frisch und in exakt der richtigen Menge direkt in den Siebträger mahlen konnte. Der Vorratsbehälter hatte ausgedient. „Das war ein Meilenstein“, sagt Baumberger, „weil gemahlener Kaffee schon nach zehn Minuten 50 bis 80 Prozent seiner Aromen einbüßt.“

Zu den Kunden zählen große Kaffeeröster wie Tchibo, in deren Filialen und Supermarkt-Depots ausschließlich Mühlen aus Hamburg-Wandsbek zum Einsatz kommen, aber auch Coffeeshop-Ketten mit Sitz in den USA und Asien. Haushaltswarenhersteller wie WMF setzen bei ihren Kaffee-Vollautomaten auf Einbaumühlen, die mit Mahlkönig-Mahlscheiben bestückt sind. Und die vielen neuen Klein- und Spezialitätenröster sorgen für eine stark gewachsene Nachfrage im Kerngeschäft Gastronomie. Zwar sehen die schnörkellosen Apparate made in Germany nicht immer ganz so stylish aus wie manches chromblitzende Konkurrenzprodukt aus Italien, aber das Festhalten an Bewährtem zahle sich manchmal aus, so Baumberger. So sei in den vergangenen Jahren um den Klassiker EK 43 ein regelrechter Kult entstanden. „Die Leute lieben das minimalistische Retro-Design, dabei ist das gar kein Retro, sondern die Mühle wird seit 50 Jahren in fast unveränderter Form so produziert. Aber ich kenne eine junge Rösterei-Besitzerin, die hat sich das Modell auf den Arm tätowieren lassen.“ 

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Sensoren prüfen das Qualitätsversprechen

Ohnehin scheint es bei Mahlkönig weniger darum zu gehen, selber zu glänzen, als sich in den Dienst des Kunden zu stellen. Im Herbst 2017 wurde die Abteilung „Tailored Solutions“ geschaffen, mit der man maßgeschneiderte Lösungen für jedes noch so spezielle Anliegen anbietet. „Individualisierung spielt im Kaffeegeschäft eine immer größere Rolle“, sagt Baumberger. „Es beginnt damit, dass eine Ladenrösterei als Unternehmensfarbe Blau hat und alles, auch das Design auf der Mühle, dazu passen soll. Dann bekommt der Kunde es selbstverständlich in dem gewünschten Blau, wenn dies technisch möglich ist.“ Aber das seien Kleinigkeiten, die Herausforderungen lägen woanders, etwa in der Anfrage des Franchise-Unternehmens Coffee-Bike. „Deren Geschäftsmodell stellt Franchise-Nehmern sämtliches Equipment zur Verfügung, wenn im Gegenzug zu festgelegtem Preis Kaffee bezogen wird. Um dies sicherzustellen, wurde eine RFID-basierte Mühle gebaut. Wir haben dann ein Sender-Empfänger-System entwickelt, bei dem die Mühle erst startet, wenn ein spezieller Bohnen-Mehrwegbehälter ihr über Funk das richtige Signal sendet.“ Überdies habe man die Geräte mit einem GSM-System ausgerüstet, das regelmäßig den Standort und den Kaffeeverbrauch melde. „Da geht es gar nicht nur um Kontrolle, sondern auch um die Einhaltung eines Qualitätsversprechens. Wer einen Kaffee bestellt, soll das Markenprodukt bekommen, das er erwartet.“

Die neue Abteilung arbeitet am Standort der Hemro AG in Bachenbülach in der Nähe von Zürich, die Produktion der Mahlkönig-Mühlen aber findet nach wie vor am Stammsitz in Hamburg statt. Und kaum einer könnte dort kompetenter durchs Werk führen als Ansgar Bitz. Der 33-Jährige, seit fünf Jahren im Betrieb, hat hier für seine Bachelor-Arbeit das Herzstück der Produktion untersucht: die Mahlscheibe, von der im vergangenen Jahr 700 000 Stück gefertigt wurden. Pro Mühle braucht man zwei dieser jeweils auf einer Seite mit einem Zahnkranz versehenen Ringe aus Hartmetall, einer oben, der andere unten, dazwischen werden durch schnelle Rotation die Bohnen zermalmt, der verstellbare Spalt zwischen den Scheiben bestimmt den Mahlgrad.

Bitz hat den „Einfluss der Mahlscheibengeometrie auf die Vermahlung“ erforscht, so ist sein 62-seitiges Werk überschrieben, und wer sich als Laie da auch nur halbwegs durchgearbeitet hat, sieht Kaffeemühlen künftig mit anderen Augen. Oder besser: Er hört das gewohnte Kreischen mit ganz anderen Ohren. Denn diese akustische Mischung aus Knacken, Brechen, Scheren, Quetschen, Zerbröseln und Pulverisieren ist nichts anderes als ein ausgeklügeltes Zusammenspiel von gnadenlos scharfen Zähnen, deren Zahl, Größe, Form und Anordnung das jeweilige Mahlergebnis bestimmt. Die Bohne tritt von innen in den konisch geformten Ring ein, wird dort von einem der gröbsten Zähne gepackt und durch Fliehkraft nach außen getrieben, wo es enger und enger für sie wird. Bei diesem Prozess spielen Scherwinkel eine Rolle, Mittelzahntangenten, Zahnaustrittstiefen – und jede Veränderung dieser Größen dient immer dem Ziel, dass das am Ende seitlich aus dem Mahlwerk austretende Kaffeemehl so beschaffen ist, wie es der Kunde für seine Art der Zubereitung braucht.

Man muss nicht wie Bitz „Product Manager Innovation“ auf der Visitenkarte stehen haben, um dieses Ziel mit Leidenschaft zu verfolgen. In einer Ecke der Werkshalle, die intern historische Produktion genannt wird, steht ein Mann mit Sweatshirt und Baseball-Mütze an einer Schleifmaschine, die sechs Jahrzehnte auf dem Buckel hat. An ihr gibt Mocan Marin, seit 17 Jahren im Betrieb, Mahlscheiben den letzten Schliff. „Hier geht es um den Feinzahn“, sagt der 52-jährige Rumäne mit sichtbarer Freude darüber, dass man sich für seine Arbeit interessiert. „Wir haben eine Zahntiefe von 0,3 Millimeter, und ich trage noch mal fünf Hundertstel Millimeter ab. Bei Scheiben für türkischen Mokka sind es manchmal auch nur zwei Hundertstel.“ Er schwärmt von der Exaktheit, mit der sich die Maschine einstellen lasse, dem fantastischen Material, aus dem sie gefertigt seien – eine Legierung, die sich im Betrieb kaum erwärme, das wäre schlecht für den Kaffee. Er sagt: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es etwas Besseres gibt als meine Mahlscheibe.“

Meine Mahlscheibe. Bis vor einigen Monaten konnten die Mitarbeiter sogar sagen: meine Mühle. „Jeder von uns hat jede einzelne Mühle von Anfang bis Ende komplett zusammengebaut“, sagt Ralf Kruschinski, seit 1990 in der Mahlkönig-Produktion. Der 50-Jährige macht keinen Hehl daraus, dass er diese Produktionsweise sehr erfüllend fand, es hatte was von Bastelkeller. Gleichzeitig sieht auch er ein, dass angesichts der hohen Nachfrage nun überall das Wort „Stückzahlen“ durch den Betrieb geistert und vieles verändert.

Bei den Mahlscheiben sind zum Teil Roboter am Werk, und die Mühlen werden nun an einer Straße gefertigt, an der vorn jemand die Antirutsch-Noppen am Sockel anbringt, ein anderer die Kabel vorkonfektioniert, der nächste den Motor einsetzt, sein Kollege den Mahlgehäusedeckel anschraubt und der Letzte das Gerät der Endkontrolle übergibt. „Wir wechseln wöchentlich die Positionen“, sagt Kruschinski, „so macht man nicht immer dieselben Handgriffe.“

Abwechslung ist wichtig in einem Betrieb, in dem die Leute lange bleiben; ein enger Kollege Kruschinskis ging neulich nach 50 Jahren in Rente. Solche Treue passt zu einem Produkt, das den Kunden schließlich auch nicht so schnell wieder verlässt. „Die Mühlen haben eine Lebensdauer von durchschnittlich 35 Jahren und sind auch nach Jahrzehnten noch reparierbar“, sagt Kruschinski.

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Die große Nachfrage erfordert neue Prozesse

Daran möchte auch Marcel Lehmann nichts ändern, obwohl man ihn nicht für Bewahrung, sondern für Beschleunigung geholt hat. Der 32-Jährige steht in der Angestellten-Küche, einer Mischung aus Bar und Konferenzraum, hier können die Mitarbeiter wie beim Pendant in der Produktion jederzeit an den hauseigenen Spitzenprodukten hantieren und das Mahlgut anschließend an edelsten italienischen Siebträgermaschinen aufbrühen; das Resultat sind Kaffees, die es in dieser Qualität nicht in vielen Betrieben Deutschlands geben wird. Lehmann lächelt, als er dem Besucher einen Cappuccino reicht – das mit dem Muster im Milchschaum klappt noch nicht so wie bei den erfahrenen Kollegen. Er ist im April 2017 zu Mahlkönig gekommen, als „Geschäftsführer fürs Operative“, wie er sagt. Zuvor hat er bei der Beratungsgesellschaft Porsche Consulting gearbeitet. Seine erste Analyse: „Wir sind bei den Produkten Weltmeister, aber bei den Prozessen hängen wir leider hinterher.“

Unter anderem durch den enorm gestiegenen Kaffeedurst Asiens sei die Nachfrage explodiert, sagt Lehmann, allein in Schanghai rüste man derzeit 700 neue Coffeeshops mit Mühlen aus. „Worunter Mahlkönig leidet, nennt man Wachstumsschmerzen, der Bedarf ist höher als die Kapazität.“ Die Linienfertigung sei ein erster Schritt, vom Verkaufsschlager EK 43 baue man nun im Monat zehnmal so viel wie früher im ganzen Jahr. Als Nächstes stehe die Modernisierung der IT an. „Wir stecken voll in der Transformation, müssen ein Nostalgie-Unternehmen dahin bringen, dass es die Möglichkeiten des digitalen Zeitalters nutzt.“

Lehmann vibriert vor Elan, und doch möchte man wissen, ob ihn nicht nur die Herausforderung, sondern auch das Produkt gepackt hat – jemand, der aus der Porsche-Welt kommt, muss sich nicht zwangsläufig für Kaffeevermahlung begeistern. „Mahlkönig ist Premium, High End“, sagt er, „die Modelle bestechen durch Leistung, Purismus, Robustheit, nicht anders als bei einem 911er. Als ich neulich durch München lief, habe ich in der Türkenstraße von außen in ein Café reingeschaut und am Tresen eine unserer Mühlen entdeckt, man erkennt das
ja schon an der unverwechselbaren Form unserer Bohnenbehälter. Da wusste ich, da kannst du reingehen, denn die verstehen was von Kaffee.“

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Ein absolutes Spitzenprodukt zu verwenden ist besonders für die Elite unter den Kaffeezubereitern wichtig, deshalb stattet Mahlkönig regelmäßig die World Barista Championships mit nagelneuen Mühlen aus. Thomas Schweiger hat als zweifacher Deutscher Barista-Meister an diesem Wettbewerb teilgenommen, gibt heute Kaffeeseminare, macht Schulungen. „Ein Top-Koch würde auch nicht mit schlechten oder stumpfen Messern arbeiten“, sagt der 44-Jährige, den man auf dem Mobiltelefon in -einer Bremer Messehalle erreicht. Einen Tag später werden dort die Deutschen Kaffeemeisterschaften beginnen, und Schweiger ist nicht mehr als Teilnehmer, sondern als Organisator und Juror dabei. „Laien können den Stellenwert der Vermahlung kaum ermessen, aber selbst manche Café-Besitzer lassen ihre Mühle jahrelang malochen, ohne auch nur ein einziges Mal an Wartung zu denken.“

Bei Wettbewerben dürfe jeder Teilnehmer seinen eigenen Kaffee mitbringen, berichtet Schweiger, aber die Maschinen und Mühlen würden grundsätzlich gestellt, seien also für alle gleich. Bevor es auf die Bühne gehe, habe man eine Stunde Zeit, sich mit dem Equipment zu befassen. „Jede Mühle hat leicht unterschiedliche Eigenschaften, und der Barista muss dann mit seiner ganzen sensorischen Erfahrung möglichst schnell die für seine Bohnen richtige Einstellung herausfinden.“ Und nicht nur eine, denn für den puren Espresso im ersten Prüfungsteil könne ein anderer Mahlgrad gefordert sein als in der -direkt darauffolgenden zweiten Disziplin, dem Cappuccino. „Wie man den Espresso-Mahlgrad dann einstellt, hängt zum Beispiel von der Menge und dem Geschmack der Milch ab, die man verwendet.“

Profis wüssten, so Schweiger, dass in Kaffee nur zu etwa einem Drittel lösliche Anteile vorhanden seien. Ihn so zu vermahlen, dass man beim Aufbrühen von zehn Gramm gut drei Gramm extrahiere, wäre jedoch völlig verkehrt. „Der Bereich, in dem Säure und Bitterkeit ausbalanciert sind, liegt zwischen 18 und 22 Prozent. Das ist der extrem kleine Spielraum, den ein Barista hat.“ Damit auch ja nichts schiefgehe, rate er jedem Teilnehmer, selbst oben auf der Bühne in den letzten Minuten vor der Prüfung „noch schnell ein paar Shots zu ziehen“ – wie ein Gitarrist, der unmittelbar vor Konzertbeginn ein letztes Mal die Saiten seines Instruments nachstimme.

Vielleicht liegt es auch an den Messe-Geräuschen
im Hintergrund, gegen die er anspricht, aber Schweiger klingt dramatisch, wenn er von Vermahlung erzählt, es könnte auch um eine Bombenentschärfung gehen – um Gottes willen keinen Fehler machen! Aber für ihn steht da tatsächlich viel auf dem Spiel, und er sieht es auch als eine Frage des Respekts vor dem Produkt. „Die aufopferungsvolle Arbeit der Plantagenbetreiber, die teure Verschiffung, das Können des Rösters – all dieser Aufwand wird mit einer falschen Vermahlung binnen weniger Sekunden zunichte gemacht.“

Kein Wunder also, dass sie das mit dem Kleinkriegen der Bohne bei Mahlkönig so ernst nehmen. Geschäftsführer Philipp Baumberger hatte dazu etwas gesagt, das nach dem Besuch in Hamburg-Wandsbek genauso in Erinnerung bleiben wird wie die Formulierung seiner Pressechefin: „Wir können mit unseren Mühlen den Kaffee nicht besser machen, aber wir können die Voraussetzungen schaffen, das Beste aus ihm herauszuholen.“ //


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.