brand eins-Container: Energie # 07 Wasserstoff und Wasser

Salzlos glücklich

Grüner Wasserstoff soll die Energiewende bringen, aber um ihn herzustellen, braucht man erst mal Energie aus erneuerbaren Quellen und Süßwasser. Das fehlt nur genau in den sonnigen Gegenden, wo Wasserstoff bevorzugt produziert werden soll. Deshalb müssen Entsalzungsanlagen gebaut werden, deren Rückstände allerdings den Meeren schaden. Kein Ausweg in Sicht? Durchaus. Er wird bisher nur gern übersehen.






Umweltfreundliche Entsalzungsanlage im spanischen Jávea von innen

• Es klingt harmlos, was das Bundesforschungsministerium schreibt. Für seinen sogenannten Potenzialatlas hat es ermittelt, welche Weltregionen sich als Lieferanten für grünen Wasserstoff eignen. Dass dieser etwa in Afrika auch aus entsalztem Meerwasser hergestellt werden soll, wird in einer Präsentation des Projektes zwar erwähnt – nicht aber, was das bedeutet.

Entsalzungsanlagen haben zwei Nachteile: Auch sie benötigen viel Energie, und es bleibt Wasser mit einer sehr hohen Salzkonzentration übrig, das oft genug einfach zurück ins Meer geleitet wird. Was dann passiert, haben Forscherinnen und Forscher vielfach dokumentiert: Die Salzlauge sinkt zum Meeresboden und schadet Plankton und Fischlarven. Und sie kann Seegraswiesen zerstören, die wichtige klimaschützende Eigenschaften haben.


Umweltfreundliche Entsalzungsanlage im spanischen Jávea von außen

Hinzu kommt, dass Entsalzungsanlagen das Meerwasser gewöhnlich durch Rohre einsaugen – mitsamt vieler kleiner Lebewesen. Deshalb braucht man diverse Chemikalien, um das Wasser vorzubereiten. Diese bleiben in der Salzlösung zurück, werden mit ins Meer zurückgeleitet und richten dort noch mehr Schaden an. Dass bei dem Prozess giftige Substanzen zurückbleiben, ist auch ein Grund dafür, dass man aus dem salzigen Rest nicht einfach Speise- oder Streusalz machen, genügsame Pflanzen wässern oder gar das Tote Meer auffüllen kann – all das wurde schon vorgeschlagen.


In den Maschinen rechts im Bild wird Meerwasser unter Druck durch feine Filter gepresst

In Europa will Spanien eine wichtige Rolle bei der Produktion von Wasserstoff spielen. 2022 kündigte die spanische Regierung an, sie wolle bis 2030 rund 1,5 Milliarden Euro zu diesem Zweck investieren. Dann wolle man zwei Millionen Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr exportieren, unter anderem nach Deutschland. Die Europäische Kommission billigte im gleichen Jahr, dass der spanische Staat den Konzern Grupo Cobra mit 220 Millionen Euro beim Bau von zwei Elektrolyseuren an der spanischen Mittelmeerküste unterstützt. Diese würden mit erneuerbarer Energie betrieben, heißt es in einer Pressemitteilung der Kommission. Wo das Süßwasser für die Produktion herkommen soll, bleibt jedoch unklar.


Um Meerwasser auf die Entsalzung vorzubereiten, braucht es nicht unbedingt Chemikalien.

„Wasser als Ausgangsstoff für die Produktion von Wasserstoff kommt in Wissenschaft und Politik als Thema gerade erst auf die Agenda“, sagt Görge Deerberg, Professor für Umwelt- und Prozesstechnik an der Ruhr-Universität Bochum. Je nachdem, wie jetzt die Weichen für die Zukunft gestellt werden, kann der Klimaschutz die Umwelt schädigen – oder eben nicht. Denn es gibt Entsalzungsanlagen, die zeigen, wie es besser geht.

Was ist Wasserstoff?
Wasserstoff kommt natürlich in gebundener Form vor – zum Beispiel in Wasser. Es gibt aber keine großen Vorkommen im Boden, die man anzapfen könnte, sondern man muss Wasserstoff herstellen. Dazu wird er mithilfe von Energie vom Ausgangsstoff abgespalten. In der Industrie wird heute schon Wasserstoff eingesetzt, der allerdings fast ausschließlich aus fossiler Energie erzeugt wird (grauer Wasserstoff). Für die Energiewende ist dagegen entscheidend, dass das Gas mithilfe von Strom aus Sonne und Wind aus Wasser produziert wird (grüner Wasserstoff).

Warum ist grüner Wasserstoff für die Energiewende wichtig?
Das Gas hat viele Vorteile. Wichtig ist, dass es sich eignet, um Energie über lange Zeit und in großer Menge zu speichern und zu transportieren. Wenn viel Strom aus erneuerbaren Quellen in die Netze eingespeist wird, soll der Überschuss genutzt werden, um Wasserstoff herzustellen. Wenn dann weder die Sonne scheint noch der Wind weht, will man künftig auf den zuvor erzeugten und gespeicherten Wasserstoff zurückgreifen und unter anderem mithilfe von Brennstoffzellen wieder Strom daraus machen.

Wo soll der Strom herkommen?
Um grünen Wasserstoff zu produzieren, braucht man große Mengen an Strom aus Windkraft oder Sonnenenergie. Deshalb werden derzeit zum Beispiel in der marokkanischen Wüste riesige Flächen mit Solarkollektoren bedeckt. * Der Wasserstoff, den Deutschland selbst herstellen kann, wird den Bedarf nur zu einem kleinen Teil decken. Trotz zusätzlicher Importe wird Wasserstoff in Deutschland nach Einschätzung des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) ein knappes Gut bleiben.

* Siehe auch brand eins 01/2022 („Kooperation statt Kolonialismus“) über das internationale Projekt Desertec

Wie soll Wasserstoff eingesetzt werden?
Wegen der prognostizierten Knappheit rät der SRU, genau zu überlegen, welche Branchen Priorität haben. Dazu gehöre die Chemieindustrie, die bislang viel fossil erzeugten Wasserstoff nutzt, und die Stahlindustrie, die derzeit große Mengen Kohle verfeuert. Wenn es gelänge, die Prozesse in diesen Branchen auf grünen Wasserstoff umzustellen, würde man sehr viel klimaschädigendes Gas einsparen. Auch der internationale Flug- und Schiffsverkehr solle Vorrang haben, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2021. Für den Autoverkehr und Heizungen in Gebäuden dagegen sei die Nutzung von Wasserstoff „ineffizient und deutlich teurer als eine direkte Elektrifizierung mittels Wärmepumpen und batterieelektrischen Fahrzeugen“.

Jávea, Spanien

Javier Marco Alfaro spricht laut, um die Maschinen zu übertönen. Er ist nicht der Typ, der sich in einen Konferenzraum setzen und erst mal in Ruhe alles besprechen würde. So steht man also gleich mittendrin. Außen auf dem Gelände sieht man vor allem sehr viel Terrakotta und Dunkelgrün, die Mauern und Gebäude der Entsalzungsanlage seien so gestrichen, damit sie sich optisch in die Umgebung einfügten, heißt es in einer Broschüre. Die Umgebung, das ist zur einen Seite spanisches Hinterland, zur anderen Küste. Die Costa Blanca ist hier in Jávea nicht ganz so verbaut wie in anderen Badeorten in der Nähe von Alicante.

Alfaro zeigt auf die grün gestrichenen Tanks: „In diesen säubern wir das Meerwasser von Sand.“ – Hinein in die erste Halle. „Hier wird es auf die Entsalzung vorbereitet.“ – Weiter in die nächste, Alfaros Stimme über dem monotonen Brummen der Maschinen. „Und hier, das müssen Sie sich anschauen, auf diesen Anzeigen sieht man, wie hoch der Druck ist, mit dem das Meerwasser durch die Membrane gepresst wird.“ Weiter in ein Nebengebäude. Das Wasser, das jenseits der filigranen Filter herauskomme, sei so rein, dass wieder Mineralien zugesetzt werden müssten, bevor es in die Leitungen und zu den Kunden gehe. Und schon ist Alfaro wieder weg, Karaffen holen, man solle sein Wasser schließlich probieren.


Wo soll all das Süßwasser herkommen, das wir für die Energiewende brauchen?

Er ist verantwortlich für die Entsalzungsanlage, die vom spanischen Baukonzern Acciona betrieben wird und die Region mit Trinkwasser versorgt. Mit der Produktion von Wasserstoff hat die Anlage nichts zu tun, und doch kann sie ein Vorbild sein, denn hier gelingt die Entsalzung umweltschonender als in anderen Anlagen.


Javier Marco Alfaro in der Anlage im spanischen Jávea 

Um die Jahrtausendwende beschloss der örtliche Wasserversorger Amjasa, dass es so nicht weitergehen könne. Die Qualität des Trinkwassers aus Süßwasserquellen war zu schlecht, deshalb wollte man auf entsalztes Wasser umsteigen. Der Wasserversorger beauftragte Acciona mit dem Bau einer Anlage, die auch umweltfreundlich sein sollte. Also kontaktierte die Firma Umweltwissenschaftler von der Universität Alicante. Diese begleiteten von da an den Bau der Anlage, die 2002 in Betrieb ging.

José Luis Sánchez Lizaso läuft bei dem Rundgang neben Alfaro her. Er kennt nicht nur die Technik der Entsalzung, sondern auch die Welt vor der spanischen Küste. Als Wissenschaftler erforscht er sie, als Taucher erlebt er sie immer wieder aus der Nähe – Fische, Kleintiere und Seegraswiesen. Meist spricht er nur, wenn er etwas gefragt wird. Man kann ihn sich gut in der Stille der Unterwasserwelt vorstellen.


José Luis Sánchez Lizaso, Wissenschaftler und Taucher, im Labor an der Universität Alicante

Sánchez Lizaso und seine Kollegen von der Universität Alicante berieten die Betreiber beim Bau der Anlage. Dann prüften sie 17 Jahre lang, ob ihre Tipps sich bewährten. Im Meer vor der Anlage nahmen sie immer wieder Proben, sowohl dort, wo die Salzlauge ins Wasser geleitet wird, als auch an zwei Kontrollstellen. Sie beobachteten das Leben in den Seegraswiesen, achteten auf Seesterne und andere Stachelhäuter, die besonders empfindlich auf eine veränderte Salzkonzentration im Wasser reagieren, zählten Fische und maßen deren Größe.

Das Ergebnis veröffentlichten sie 2020 in der Fachzeitschrift »Marine Pollution Bulletin«: Ihr Plan war aufgegangen. Die untersuchten Organismen hatten nicht messbar unter der Anlage gelitten.

So funktioniert die Technik:

Das Meerwasser wird nicht wie üblich über Rohre eingesaugt. Stattdessen bohrten die Betreiber der Anlage etwa 200 Meter tiefe Brunnen in den Boden nahe der Küste, durch die sie das dorthin durchgesickerte Meerwasser hochpumpen. Da dabei keine kleinen Lebewesen eingesaugt werden, braucht es keine chemische Vorbehandlung.

„Der Erdboden zwischen dem Meer und der Stelle, an der wir das Wasser hochpumpen, wirkt wie ein natürlicher Filter“, sagt Alfaro, es sei keimfrei und müsse nicht desinfiziert werden. Erst bevor es zum Verbraucher geht, werde etwas Chlor zugesetzt, für den Fall, dass in den Rohren Keime sind.

Die Salzlösung wird nicht pur ins Meer geleitet, sondern verdünnt. Dazu baute man unterirdisch einen Kanal, durch den Meerwasser fließt. Sánchez Lizaso nennt es einen „Bypass“. Die Salzlauge wird dort hineingeleitet und mit dem Meerwasser verquirlt, sodass die Salzkonzentration so weit sinkt, dass sie dem marinen Ökosystem nicht schadet.

Die Wissenschaftler ermittelten, wo dieses Wasser am besten ins Meer geleitet wird: zur Sicherheit nicht dort, wo nah der Küste die Seegraswiesen wachsen, sondern bei einem Strand, wo im Sommer die Touristen baden.


Ein Mitarbeiter in der Entsalzungsanlage in Jávea

Obwohl das Konzept der Umwelt guttut, wird es in Anlagen dieser Größenordnung nur selten angewendet. Ist es teurer? „Nicht unbedingt“, sagen Alfaro und Sánchez Lizaso. Brunnen zu bohren koste in der Regel nicht mehr, als Rohre ins Meer zu legen. Es könne sogar billiger sein, da man die Chemikalien für die Vorbehandlung einspare und die Maschinen länger hielten. Eher sei das Interesse nicht so groß, vermuten sie. Viele Anlagenbauer seien froh, wenn sie die notwendigen Vorschriften erfüllten.

Alfaro stellt fünf Karaffen nebeneinander auf den Tisch: eine mit Meerwasser, eine mit reinem Süßwasser, eine mit remineralisiertem, gechlortem Trinkwasser und eine mit der Salzlösung, „Salmuera“ hat er auf einen Klebestreifen geschrieben. Optisch ist kein Unterschied zu erkennen, alles sieht wie Wasser aus. Die fünfte Karaffe ist dazu gedacht, dass man sein Glas nach dem Probieren leert, wie bei einer Verkostung. Am besten schmeckt das reine Wasser, das gechlorte nach Urlaub in Spanien, das Meerwasser wie wenn man beim Baden von einer Welle überrascht wird und die Salzlauge deutlich schlimmer. Mit seinen Kollegen wird Alfaro später noch scherzen: Es sei ja kein Wunder, dass die Reporterin Durst hat. „Sie hat die Salmuera probiert!“

Könnte man nicht Wasserstoff direkt aus Meerwasser herstellen und sich die aufwendige Entsalzung sparen? „Nein“, sagt Ulrike Beyer, Ingenieurin am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz und Leiterin der sogenannten Referenzfabrik H2. „Für die Energiewende setzt man auf Elektrolyseure mit Protonen-Austausch-Membran (PEM). Die Membrane darin sind sehr empfindlich, die feinen Poren können leicht verstopfen. Deshalb braucht man Süßwasser, und zwar stark gereinigtes.“ Diese Elektrolyseure hätten den Vorteil, dass sie sich leicht hoch- und runterfahren lassen. „Das ist entscheidend, weil erneuerbare Energiequellen nicht konstant Strom erzeugen, sondern schwankend.“ Andere Typen von Elektrolyseuren kämen zwar eher mit Salzwasser zurecht, müssten aber konstant mit Strom versorgt werden.

Im Projekt H2Mare des Bundesforschungsministeriums, an dem auch Ulrike Beyers Team beteiligt ist, wird an der Elektrolyse mit Meerwasser gearbeitet. Das wäre ein Durchbruch: Man könnte an der Küste oder direkt in Offshore-Windparks auf dem Meer Elektrolyseure betreiben, genügend Meerwasser stünde zur Verfügung. Diese Technik sei aber noch ganz am Anfang, sagt Ulrike Beyer.

Da es mit der Energiewende aber schnell gehen muss, wird man vorerst Süßwasser brauchen. Die Entsalzungsanlage im spanischen Jávea könnte im Rahmen der Produktion von Wasserstoff also noch zum Vorbild werden. Die Seegraswiesen vor Jávea leben, den Fischen geht es gut.

Die Entsalzungsanlage Jávea

— hat 24 Millionen Euro gekostet
— produziert rund 27 000 Kubikmeter Trinkwasser pro Tag
— versorgt rund 26 800 Menschen
— benötigt 4,6 Kilowatt pro Kubikmeter Wasser

Berlin, Deutschland

Ali Al-Hakim zeigt Fotos von Kindern im Jemen, die einander mit einem Schlauch nass spritzen und offensichtlich Spaß daran haben. Auf anderen Bildern sind Frauen mit bunten Kopftüchern in Kenia zu sehen, die an einem Häuschen mit der Aufschrift „Waterkiosk“ stehen. Aus der Wand ragen Hähne, aus denen sie Wasser in Kanister abfüllen.

Der Ingenieur und Mitgründer der Firma Boreal Light sitzt in einer Halle in Berlin-Marienfelde. Die Wände haben keine Fenster, Leuchtröhren erhellen den Raum. Mitarbeiter verstauen die Komponenten einer Entsalzungsanlage in einem Container, der demnächst von einem Lkw abgeholt und dann per Schiff in den Irak gebracht wird. Damit man die Büroarbeit nicht mitten zwischen den Maschinen erledigen muss, haben sie auf einen Container einen Konferenztisch gestellt, alles sympathisch improvisiert.


Ali Al-Hakim (links) und Hamed Beheshti, Gründer der Firma Boreal Light in Berlin

Al-Hakim exportiert Entsalzungsanlagen, die er mit seinem Partner gemeinsam entwickelt hat, in arme und abgelegene Regionen. Dort produziert er Trinkwasser aus Meer- oder Brackwasser und verkauft es so billig, dass die Menschen vor Ort es sich leisten können. Und er hat an beide Probleme gedacht, die das Entsalzen mit sich bringt: Stromverbrauch und Salzlauge.

Die Anlagen werden mit einfachen Solarpaneelen betrieben, manche zusätzlich mit kleinen Windturbinen. So eignen sie sich für Regionen, in denen es kein Stromnetz gibt. Ähnlich wie die Betreiber der spanischen Anlage bohrt Al-Hakim Brunnen, in Küstenregionen meist allerdings nur etwa zehn Meter tief. Das Wasser, das er aus solchen Löchern holt, ist weit weniger salzig als das Meerwasser.


In der Halle von Boreal Light. Die Entsalzungsanlagen sind so dimensioniert, dass sie sich per Container verschiffen lassen

„Das macht alles einfacher: Man braucht weniger Druck, um das Wasser durch die Membrane zu pressen, also benötigt man auch weniger Energie.“ Zudem ist die Lösung, die übrig bleibt, dann weit weniger salzig. Um das Wasser zu desinfizieren, bestrahlt Al-Hakim es mit UV-Licht, statt es mit Chlor zu versetzen. Auch das hilft, um die Lauge weiterzuverwenden: In Kenia beispielsweise nutzen die Menschen sie, um salzresistente Pflanzen zu bewässern oder Meeresfische zu züchten. „An den Becken stellen wir helle Lampen auf“, sagt Al-Hakim. „Das lockt Insekten an, die von den Fischen gefressen werden. So ist unser Abfallstoff optimal genutzt, und wir müssen uns nicht einmal um Futter kümmern.“

Für sein Verfahren zur Entsalzung hat Al-Hakim ein Patent, die Firma ist für ihr Engagement mit diversen Preisen ausgezeichnet worden. Hilfsorganisationen kaufen die Anlagen, für andere hat die Firma selbst die Kosten vorgestreckt, sie refinanzieren sich über den Verkauf des Wassers.

Bislang hat Ali Al-Hakim noch nichts mit Wasserstoff zu tun, aber er hätte gern. Fraglich ist, ob sich sein System für die Produktion des Gases im großen Stil eignet. Nur wenige Meter tief in die Erde zu bohren und auf weniger salziges Wasser zu hoffen würde beispielsweise bei der größeren Anlage in Spanien nicht funktionieren. „Je nachdem, ob es regnet oder nicht, schwankt dann der Salzgehalt“, sagt der Wissenschaftler Sánchez Lizaso. „Für eine größere Anlage muss der jedoch konstant sein.“

Auch die Desinfektion mit UV-Licht hat Nachteile, wie Al-Hakim einräumt: Sie hält nur ein paar Tage lang, anschließend können sich wieder Keime bilden.

Die Entsalzungsanlagen der Firma Boreal Light

— kosten mindestens 30 000 Euro
— produzieren zwischen 24 und 960 Kubikmeter Trinkwasser pro Tag
— benötigen etwa drei bis fünf Kilowatt pro Kubikmeter Wasser

Für ein Kilogramm grünen Wasserstoff braucht man mindestens neun Liter gereinigtes Süßwasser und 40 bis 80 Kilowattstunden Strom

Mit einem Kilogramm Wasserstoff kann ein Brennstoffzellenauto etwa 100 Kilometer zurücklegen.

Quelle: H2.B – Zentrum Wasserstoff. Bayern

Doch vielleicht wird es auch einen Markt geben für die Wasserstoffproduktion im Kleinen. Denn neben der Frage, wie Afrika Wasserstoff für den globalen Norden herstellen kann, zählt auch eine andere: Wie können ihn die Menschen dort für sich selbst produzieren?

„Mir ist sehr wichtig, dass die europäischen Länder beim Import von Wasserstoff nicht neokolonialistisch auftreten“, sagt Ulrike Beyer. Ihr Institut, das Fraunhofer IWU, arbeitet bei dem vom Bundesumweltministerium geförderten Projekt Hytra mit der südafrikanischen Firma Alu-Cab zusammen, die Aufbauten für Offroad-Fahrzeuge herstellt. Mit Sonnenenergie wird dort ein kleiner Elektrolyseur betrieben. Außerdem steht eine Brennstoffzelle bereit, die den Wasserstoff wieder in Strom umwandeln kann. So lassen sich Phasen überbrücken, in denen kein Strom aus dem lokalen Netz zur Verfügung steht – Blackouts kommen dort häufig vor. Von dem Projekt sollen beide Seiten profitieren: Deutschland liefert die Technik, die südafrikanische Firma erprobt die Systeme in der Praxis und teilt ihre Erfahrungen mit den Entwicklern.

Es wird am Ende viele kleine und große Ideen brauchen, damit der Klimaschutz nicht der Umwelt schadet. Und die Bereitschaft hinzusehen. ---

Wer noch genauer wissen will, wie die Elektrolyse mit Meerwasser künftig funktionieren könnte, findet hier Antworten von jenen, die daran forschen.

Ein brand eins-Container ist ein offenes, flexibles Format, das nicht wie eine Serie von vornherein fertig konzipiert ist, sondern sich mit Ihren Anregungen und Wünschen entwickelt.

Diesen Container zur Energiewende betreut Susanne Schäfer. Sie freut sich über Ihre Rückmeldungen unter susanne_schaefer @brandeins.de.