brand eins 09/2015 (App)

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Titel: Die beste Lösung

Schwerpunkt: Pragmatismus

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Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer in ihrem Editorial:

Mach doch!

Angenommen, Sie sind auf Reisen, telefonieren nach Hause und erfahren, Ihr Haus oder Ihre Firma ist abgebrannt. Sie fahren zurück, stellen fest, dass alles noch viel schlimmer ist als gedacht. Und während Sie mit den Tränen kämpfen, packt Sie jemand am Arm und sagt: „Das schaffen wir schon. Wir haben schon mal angefangen.“

So etwas beruhigt. Und so was kann man gut brauchen, gerade wenn etwas schiefgelaufen ist. Die Mitleidenden, die mit sanftem Grusel aufzählen, wie schlimm es ist, braucht man dagegen genauso wenig wie die Lamentierer, die erst mal nach Schuldigen suchen und dann wortreich erklären, warum nun alles verloren ist. Erstaunlicherweise haben aber gerade Letztere in diesen nicht ganz einfachen Zeiten Konjunktur.

Warum das so ist und warum der Pragmatiker im besten Fall als Langweiler, im schlimmsten als unmoralisch gilt, erforscht Wolf Lotter in der Einleitung (S. 22). Was Pragmatismus zu leisten vermag – das erzählen viele Geschichten in diesem Heft.

Die Szene oben zum Beispiel hat es wirklich gegeben, vor zehn Jahren im westfälischen Geseke. Markus-Peter Dürkes, Chef der Eisengießerei Schonlau Werke, hat sie erlebt. Und ist bis heute froh, dass seine Leute eher von der anpackenden Sorte sind (S. 100). Oder nehmen wir Andreas Schindler, Obsthändler auf dem Großmarkt Hamburg, und eigentlich mehr oder weniger am Ende, als er den Betrieb 2000 von seinem Vater übernahm. Dass es den Laden immer noch gibt, noch dazu deutlich größer als zuvor, könnte man auch als die Geschichte einer großen Vision erzählen – Schindler bleibt lieber bei der Wahrheit: Es hat sich einfach so entwickelt, weil er bereit war, zu schauen, zu lernen und daraus seine Schlüsse zu ziehen (S. 74).

Pragmatiker, im Mittelstand häufig anzutreffen, sind keineswegs fantasielos – sie schmücken ihre Geschichten nur nicht so gern aus. Sie machen lieber, ohne große Worte. Und eher selten kommen Betriebswirtschaft und Weltverbesserungsabsicht so zusammen, wie beim Schreiner und Wirtschaftsingenieur Klaus Hildenbrand (S. 42). Häufiger trifft man Visionäre an, die auf die praktische Umsetzung ihrer Ideen nicht allzu viel Energie verwenden. Gunter Pauli ist so einer – und die interessante Frage ist, wer der guten Sache besser dient: einer, der macht? Oder einer, der redet (S. 66)?

Sicher ist jedenfalls, dass mit Reden allein noch nichts gewonnen ist. Weder in der Entwicklungshilfe noch beim Klimawandel oder in der Politik. Vielleicht hat es deshalb Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz trotz offenkundiger Maulfaulheit zu erstaunlicher Popularität gebracht (S. 112). Und vielleicht kommt deshalb die Klimapolitik nicht so recht voran: Statt in immer neuen Konferenzen Schuldfragen und Absichten zu diskutieren, könnte man sich ein Beispiel an den Niederländern nehmen. Sie haben schon mal angefangen, sich auf die Folgen des Wandels vorzubereiten (S. 46).

Doch je komplizierter die Probleme werden, desto häufiger retten sich die Verantwortlichen erst einmal in die Theorie. Sie besprechen, was helfen könnte, was zu tun wäre – Menschen wie die Familie Loose in Manchesters Stadtteil Benchill dagegen leben in der Realität. Die ist bitter. Sonntagsreden helfen da nicht (S. 128).
Die helfen eigentlich nie.

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