Singular Society / Etiql

Du willst bei uns kaufen? Dann werde Mitglied! Das ist das Angebot der Onlineshops Singular Society und Etiql, die beide hochwertige Produkte zum Herstellerpreis versprechen. Eine gute Idee? Oliver Janz, Professor und Leiter des Studiengangs BWL-Handel und Fashion-Management an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn, hat Zweifel.





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brand eins: Singular Society ist ein Onlineshop, der zur H&M Group gehört und hochwertige Produkte zum Herstellerpreis verspricht. Wie kann das funktionieren?

Oliver Janz: Der Shop setzt auf ein Abo-Modell. Nur wer 9,50 Euro Monatsgebühr bezahlt, kann dort kaufen. Damit wird ein erstes Luxus-Kriterium erfüllt: Exklusivität. Mit der Eintrittsgebühr wird man Mitglied in einem ausgewählten Kreis und regelmäßig über neue Produkte informiert. Die erhoffte Mechanik: Wenn jemand aus dem Freundeskreis fragt: „Oh, wo hast du das denn her?“, sind bestimmt einige stolz darauf, die exklusive Quelle zu nennen. Allerdings spricht man bei Singular Society nicht von Luxus, sondern von Premium.

Ähnlich funktioniert Etiql – und beide Shops versprechen Kleidungsstücke, Accessoires und Deko zum Herstellerpreis. Kann das stimmen?

Etiql rechnet auf seiner Website vor, wie sich der Preis eines Artikels zusammensetzt. Eine Hose zum Beispiel koste in der Herstellung inklusive Rohmaterial, Löhnen und Verpackung rund 70 Euro. Logistik, Administration, Transaktionskosten, Research, Design und Steuern machten weitere 30 Euro aus, also in Summe 100 Euro. Für diesen Preis bekommen Etiql-Clubmitglieder die Hose angeboten. Die Ausgaben für Buchhaltung, indirekte Personalkosten, Marketing und Vertrieb, die in jedem Produkt zusätzlich stecken, sollen über Mitgliedsbeiträge finanziert werden. Für mich klingt das nicht logisch, denn bei Etiql liegen sie bei gerade einmal fünf Euro im Monat pro Mitglied, unabhängig davon, wie viel dieses kauft.

Welches Prinzip steckt dahinter?

Die Preise, die beide Anbieter nennen, sind klassische Streichpreise: Überall müsstet ihr x bezahlen, bei uns nur y minus z Prozent. So suggerieren Etiql und Singular Society den Kunden, ein Schnäppchen zu machen – die gestrichenen Preise sind meist doppelt so hoch wie die Angebotspreise. Doch ob der ursprünglich angesetzte Preis tatsächlich stimmt, ist kaum nachzuprüfen.

Welche Aufschläge sind in der Branche üblich?

Das kommt darauf an, in welchem Metier sich die Händler bewegen. Bei Fast Fashion, dem Hauptgeschäft von H & M, liegt der Rohertrag, also der Preis minus Herstellungskosten, bei etwas mehr als 50 Prozent. Im Premium- und Luxus-Segment sind es 60 bis 80 Prozent.

Etiql und Singular Society wollen besonders umweltfreundlich sein. Gelingt ihnen das?

Etiql lässt seine Kollektionen nur in Europa produzieren. Dadurch sind die Transportwege deutlich kürzer als üblich. Denn die meisten Kleidungsstücke werden nach wie vor in Asien gefertigt, zum Beispiel in Bangladesch oder China. Und bei jedem Kleidungsstück steht dabei, aus welcher Manufaktur es kommt. Das soll der Kundschaft ermöglichen, die Lieferkette nachzuvollziehen.

Bei Singular Society ist das nicht so eindeutig, hier kommen einige Artikel aus Europa, andere wiederum werden in China hergestellt.

Und wie steht es um die Qualität?

Beide Web-Shops vermarkten sich im Premium-Bereich, also als eine Art erschwinglicher Luxusmarke. Da ist gehobene Qualität ein Muss. Das erfüllen beide Anbieter, soweit man das online beurteilen kann, ganz gut. So lassen sie einige Stücke beispielsweise aus Materialien wie Kaschmir und Merinowolle fertigen.

Aber für eine gute Gesamt-Qualität ist insbesondere die Verarbeitung entscheidend. Nur wenn ein Teil auch hochwertig produziert wurde, kann ich es jahrelang tragen.

Was mir bei Singular Society und Etiql positiv aufgefallen ist: Beide bieten ziemlich schlichte Kleidungsstücke an. T-Shirts sind meist unifarben, die Farbtöne eher gedeckt, die Schnitte klassisch. Das sind also Sachen, die man jahrelang anziehen kann, ohne dass sie aus der Mode kommen. Zudem setzt sich das deutlich gegen die Angebote von Ultra-Fast-Fashion- Unternehmen wie etwa Shein ab, das jeden Tag Tausende neuer Produkte zum Verkauf anbietet.

Etiql spielt offensiv mit dem Luxus-Label. Ist das sinnvoll?

Die Firma scheint Luxusmarken als Rechtfertigung für die hohen Preise und als Qualitätsargument zu nutzen, will aber selbst nicht dazugehören. Die Stücke werden in europäischen Manufakturen gefertigt, die für die ganz großen Marken wie Dolce & Gabbana, Hugo Boss und Prada arbeiten. Auf der Website liest sich das toll. Aber es gibt einige, eher kleine Manufakturen, die ihre Designs auch in Europa herstellen lassen, hochwertige Stoffe verwenden, mit Sicherheit eine vergleichbare Qualität liefern und trotzdem günstiger verkaufen.

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