Scharfe Klingen

Seit 1722 gibt es die Marke Meissen. Doch ihre Erben erfinden sie in jeder Generation neu. Die große Kunst dabei: Niemand darf eine Veränderung erkennen.




Echtes Meissen ist unverwechselbar. Typisch, diese zwei kobaltblauen gekreuzten Schwerter. Linker Bogen, rechter Bogen, linker Griff, rechter Griff. Selbst ein Grobmotoriker müsste das hinbekommen, geht einem durch den Kopf. Wenn man sich bemühte, brächte man wohl auch eine Reihe Meissen-Schwerter aufs Papier, wie die ersten Buchstaben, damals, in der Schule. Vielleicht sogar ein ganzes Heft voll. Aber ein ganzes Leben?

Da gibt es in der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen Maler, die jede Tasse, jeden Teller, jeden Würfel, jeden Staubfänger mit diesen Schwertern signieren. Und das nach einer vierjährigen Ausbildung. Linker Bogen, rechter Bogen, linker Griff, rechter Griff. Jeden Tag. Jede Woche. Jedes Jahr. Ein ganzes Porzellanmalerleben lang. 1824 Schwerter, jede 38-Stunden-Woche wieder. Und immer, immer müssen die Schwerter gleich aussehen, passend zur Größe und Form des Porzellans. Mittig gesetzt. Schwungvoll. Die physische Anstrengung dieser Aufgabe vermittelt sich einem erst, wenn man mal zehn Minuten still stehen bleibt und einem Maler über die Schulter schaut. Linker Bogen, rechter Bogen, linker Griff, rechter Griff.

Und doch hat die Frau, die da malt, nicht diesen abgestumpften Fließbandarbeiterblick. Sie hat, wie alle um sie herum, eine auffallend makellose Haut, wie aus feinstem Porzellan, die Poren winzig wie Gänseblümchenblütenstaub. Kein Gesicht, eher ein Antlitz. Oh Gott, das kann man kaum schreiben, ohne dass Leser höhnen: Der Vergleich liegt ja nahe. Aber es ist so! Diese hier klingt fröhlich und leicht, selbst wenn sie in breitem Sächsisch antwortet: „Ei, verbibsch! Man vermoalt sich schonn.“ Ihr Arbeitsplatz ist mit Fotos dekoriert, Pflanzen blühen üppig, und auf dem CD-Player liegt ein Hörbuch: Thomas Manns „Zauberberg“.

„Wir haben hier Empfindsame“, sagt der Chef von Meissen, Hannes Walter, „oder korrekter: Wir haben die Quadratur des Kreises: einerseits Mitarbeiter, die sich selbst als Künstler verstehen, die Farben und Formen jedes Dekor-Entwerfers begreifen müssen, damit sie sie nicht nur abmalen, sondern stimmig reproduzieren. Andererseits müssen diese Mitarbeiter aber auch unter Produktionsdruck arbeiten. Leistungsorientiert. Wirtschaftlich denken.“ Und nach einer kleinen, feinen Pause: „Ich selber bin nicht sehr sensibel. Ich glaube, man kommt umso besser mit Sensiblen aus, je unsensibler man selbst ist.“

Dabei hat der Meissen-Chef die gleiche Käthe-Kruse-Puppen-Haut wie seine Mitarbeiter. Die Stimme: trocken, wie aus der Brennhalle, rau, nicht laut. Ein Gesicht, das seine Modellierer leicht nachmachen könnten: tiefe Denkfalten zwar, aber sonst nichts Auffälliges daran, fast ein Dutzendgesicht. Eines, das man nicht begreifen muss, das sich aber leicht abmalen lässt. Vielleicht ist es gerade das, was ihn unterscheidet von den lauten, durchgehöllerten Marketingmenschen, denen das Image ihrer Produkte wichtiger ist als das Produkt selbst. Meissener Porzellan braucht kein Image. Es ist Image.

Porzellan macht süchtig

Angefangen hat damit der ständig rollige, konsumgeile und stark suchtgefährdete Kurfürst August der Starke von Sachsen. Der mit der gleichen Leidenschaft, mit der er angeblich 365 Kinder zeugte, nebenher Orangenbäumchen und Porzellan sammelte und seinen Kaufrausch mit „maladie de porcelaine“ umschrieb, eine Krankheit, die sich zur Krise auswuchs. 1717 tauschte er 600 Soldaten seiner Armee gegen 151 weiß-blaue chinesische Porzellangefäße. Vier Mann pro Vase.

Weil er seine Leidenschaft nicht zügeln konnte und erkannte, dass er an den chinesischen Importen zu verarmen drohte, brauchte er eine eigene Produktion. Die Grundlage dafür schuf der Physiker Johann Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, dem es bereits 1708 gelungen war, das weiße Gold herzustellen. Aus Furcht vor Spionage wurde die Produktion zwei Jahre später auf die Albrechtsburg bei Meißen verlegt, wo eines der ersten Markenzeichen der Welt entstand: die zwei gekreuzten Schwerter. 1864 zog die Manufaktur an ihren heutigen Sitz: Talstraße Meißen. „Wie klug dieser Ort gewählt ist, haben wir im vergangenen Herbst gesehen“, sagt Hannes Walter. „Der Platz liegt leicht erhöht, und deswegen hat uns die Flut noch verhältnismäßig wenig betroffen.“

Bücher, Knöpfe, Zifferblätter, Brillenetuis: Meissen produziert, was technisch machbar ist – und qualitativ hochwertig

„Wenig betroffen“ hieß zwei Millionen Euro Schaden. Plus ein nur schätzbarer Rückgang an zahlenden Gästen. Statt 400.000 Touristen wie 2001 besuchten vergangenes Jahr nur 300.000 die Manufaktur. „Flut, 11. September, Euro und die allgemein miese Wirtschaftslage sind dafür verantwortlich“, sagt Walter. Konkret: Der Umsatz blieb mit 40 Millionen Euro um etwa zehn Prozent hinter den Ergebnissen der Rekordjahre 2000 und 2001 zurück. Trotzdem: kleine schwarze Null. Ein gutes Ergebnis. Das man in diesen Zeiten nicht erreicht, wenn man nur Wandteller in Kirschtortenrosa und Angebergold zu bieten hat. Überhaupt ist das Sortiment in den vergangenen 15 Jahren enorm gewachsen. Karl Lagerfeld hat für ein Kleid Porzellan-Pailletten anfertigen lassen. Der Uhrenhersteller Glashütte bietet Sondereditionen mit Zifferblättern aus Meissener Porzellan an. Für den barocken Geschmack einer Arztgattin mussten es mit Porzellanrosen besetzte Brillenetuis sein. Und erst neulich haben sie sogar ein ganzes Buch mit Seiten aus Meissener Porzellan vorgestellt. Preis: 5700 Euro. Auflage: zehn Stück. Weil es aber, wie die Vorbestellungen zeigen, viel mehr Sammler mit „maladie de porcelaine“ gibt, wird die Zuteilung wohl zum Drama.

„Eigentlich gibt es nichts, was ich mir nicht vorstellen könnte zu produzieren. Wenn es technisch machbar ist und den hohen Qualitätsanforderungen entspricht, die wir hier in Meißen haben. Technisch ist immer mehr machbar, als man am Anfang glaubt“, sagt der Manufakturchef und setzt dazu ein unscheinbares, freundliches, zurückhaltendes Gesicht auf. Er will einfach nur hinter seinen Produkten stehen. Und das darf man ruhig im doppelten Sinn verstehen. Vielleicht muss man einfach wieder die Schwertermalerin bemühen, wie alle anderen, die für Meissen arbeiten: Sie beherrschen die Kunst der ewig gleichen Wiederholung.

Selbstverwirklichung? Gibt es nicht beim Schwertermalen. Jedes gekreuzte Schwerterpaar muss aussehen wie gedruckt. Und ist doch einzigartig, von Hand gemalt. Mehr als die Hälfte aller Produkte, die heute bei Meissen verkauft werden, sind Entwürfe, die vor mehr als 100 Jahren erschaffen worden sind. Die wahre Kunst eines Meissener Rosenmalers liegt nicht im Malen irgendeiner Rose, sondern im lebenslangen Malen genau jener Rose, wie sie schon im 18. und 19. Jahrhundert gemalt worden ist.

Kunden, wie man sie treuer nicht backen könnte

Der Chef treibt die Zurückhaltung, die Dienstleistung, den Servicegedanken so weit, dass er seit drei Jahren so genannte Kreativseminare für Besucher anbietet. Dort lernen frustrierte oder passionierte Hausfrauen, Lehrerinnen und Sozialpädagoginnen aus aller Herren Länder in bis zu acht Tage dauernden Seminaren, Meissen zu bemalen. Damit es auf dem Sammlermarkt später keine Irritationen gibt, lässt Walter jedes Stück mit „Meissen Hobby-Collection“ tätowieren. Und jeder kann gleich sehen: Das war die Metzgersgattin, nicht die Manufaktur. „Wir sind mit diesem Angebot bereits nach ein paar Jahren im Break-Even, aber das ist nicht allein entscheidend. Solche Kunden sind unbezahlbare Multiplikatoren. Sie kaufen viel, sie verschenken viel, sie erzählen viel weiter. Treuer könnte man sie nicht backen“, sagt Walter. Und weiß, dass er vielen Männern damit auch einfach nur die Frau für eine Woche abnimmt.

Im Betrieb kam die Idee anfangs gar nicht gut an. Da wollten Glockenrockträgerinnen tatsächlich die hohe Kunst der Porzellanmalerei in einer Woche lernen? Lachhaft. „Ich hab’ den Manufakturisten gesagt: ‚Wenn die das in einer Woche lernen würden, wäre ja unsere ganze vierjährige Ausbildung umsonst.‘ Das passte dann.“

Natürlich hat auch Hannes Walters Meissen Grenzen: Für McDonald’s würde er sich wohl keine große Mühe geben, etwas zu entwickeln, das denen gefiele, „aber man muss zwischen der Firmenkultur und dem Firmenprodukt unterscheiden. Und die kann ja bei McDonald’s ganz anständig sein.“ Zurückhaltung, Dienstleistung, Service: In was wird als Nächstes investiert? Ein Chefzimmer, Maschinen, exotische Künstler?

Falsch. In ein neues Tourismus-Centrum. Die alte Schauhalle stammt noch aus dem Ersten Weltkrieg und ist dem stetig wachsenden Strom aus Neugier, Parfüm, Schmuck und Halbwissen nicht mehr gewachsen. 1990 gab es bei Meissen erst 70 Führungen pro Jahr, elf Jahre später waren es schon 1250. Die neue Halle soll Ostern 2005 fertig sein. „Es ist uns bewusst, dass das unser wichtigstes Marketinginstrument ist“, sagt Walter. „Schließlich haben die Kunden nach einem Rundgang ein viel besseres Verständnis für den Preis.“ Nicht ganz unwichtig, bei den Preisen.

Geschirr? Meissen deckt das Bedürfnis nach Geschichten

Und ein bisschen Kulturgeschichte wird immer gleich mit aufgetischt. Heute geht es bei Tisch eher um die technischen Daten des DVD-Players oder die Brennwerte der Möhrensuppe. Früher hatte reich dekoriertes Tafelgeschirr nicht nur einen ästhetischen Anspruch. Die vielen Figürchen, die man auf der Tafel platzierte, die Symbole, die einen Teller umrankten, oder das Obst, das man dekorativ in einer Schale servierte, hatten eine Bedeutung und regten beiläufig die Konversation an. Unverfänglich konnte man sich über die Antike unterhalten, stand ein Dionysos neben dem Buttergefäß. Blumen waren eine Carpe-diem-Metapher. Hasen standen für langes Leben, ein Papagei für untreue Ehefrauen, der Drache für Königtum, Regen, Frühling, Freigiebigkeit, je nach Kontext. Hielten anmutige Porzellan-Elfen Vogelkäfige in der Hand, Freier gar ein Vögelchen, war das etwa so, als deckte man heute den Tisch mit einem Dildo, passend zum Gurkengemüse.

Da der Kodex für Tischgespräche lockerer geworden und zugleich ein Stück Tischkultur verloren gegangen ist, braucht man andere Geschichten. Wo das Tellerdekor nur noch schmuck, aber geschichtslos ist, entdecken viele Menschen plötzlich, wie interessant die Produktion des Geschirrs sein kann. „Psychologisch erfüllen wir mit unseren Schauhallenrundgängen ein ständig wachsendes Bedürfnis nach Geschichten“, sagt Walter. „Zwar nimmt der Kreis der klassischen Tischkultur-Konsumenten ab, dafür wächst jener der Sammler. Die größte Gefährdung unserer Manufaktur wäre eine kulturlose Zeit.“

Dass er neugierig, aber nicht wahllos nach neuen Produkten Ausschau hält, einer Handyschale statt Pillendosen, Sushi-Tellerchen statt Sammeltassen zur Konfirmation, Wohnzimmerkacheln statt Wandteller, bezeugt eine Umtriebigkeit, die Walter auf seine Herkunft zurückführt. Als Kind von Vertriebenen musste man immer ein Stück besser sein. Flexibler. Sozialer. Robuster. Und hart gegenüber sich selbst: Der Chef sitzt jeden Morgen schon um sechs im Büro.

Nach dem Abitur ging er an die Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar, studierte Baustoffkunde, Unterfach Keramik, promovierte. „In der DDR war es üblich, dass Professoren ab und zu in die Industrie berufen wurden. Keine schlechte Idee. Und als mein Chef für zwei Jahre nach Meißen ging und dort blieb, hat er mich 1974 nachgeholt.“ Typische Karrieren in der Manufaktur sehen anders aus: „Unsere Mitarbeiter sind durchschnittlich 40 Jahre alt, seit 20 Jahren dabei und meist in der zweiten oder dritten Generation.“ Aber welche Alternative hätten in dieser Region gelernte Schwertmaler oder Hagebuttenzeichnerinnen?

Der Chef durchlief alle Stationen im Haus

Hannes Walter wurde für acht Jahre Laborleiter. Kümmerte sich um den hauseigenen Kaolinabbau im kleinsten Bergwerk in Deutschland, entwickelte Farben, arbeitete in der Forschung. 1982 wurde er Vertriebsdirektor und lernte, wie die Kunden Meissen sahen, „das war sicher ein Vorteil“, findet er. Dass er noch heute weder Schwerter noch Hagebutten malen kann, sieht man ihm nach.

Kurz vor der Wende blieb der alte Direktor im Westen. Walter übernahm den Betrieb. Ein halbes Jahrhundert war die Manufaktur, die heute dem Freistaat Sachsen gehört, ein Vorzeigebetrieb des Sozialismus gewesen, hatte für Leistungsfähigkeit und Tradition gestanden und war dabei doch, „in ihrer Struktur völlig untypisch für den Sozialismus“, sagt Walter. „Wir haben nach Leistung bezahlt. Es konnte sein, dass zwei Maler nebeneinander saßen, von denen der eine doppelt so viel verdiente wie der andere. Weil er doppelt so viel malte.“ Nicht 1824, sondern 3648 Schwerter pro Woche. Meissen war wichtig, um Devisen zu erwirtschaften. Kein einziger Goldrandteller wurde in sozialistische Länder verkauft, „nicht, weil die kein Geld hatten, sondern weil sie das falsche hatten“, sagt Walter. Und erzählt von einer bizarren Rechnung. Durchschnittlich 50 Millionen West-Mark pro Jahr nahm die Manufaktur zu DDR-Zeiten ein. Für jede D-Mark schrieb der Staat dem Betrieb 4,40 Ost-Mark gut. Aus den 50 Millionen West-Mark wurden also 220 Millionen Ost-Mark. Minus 50 Millionen für Kosten, blieben 170 Millionen Ost-Mark „Gewinn“. So stand es auch im Plan: 170 Millionen Gewinnabführung. Lag die Manufaktur mal unter dem Soll, wurde der Fehlbetrag vermerkt. Als die Grenze fiel, standen 11,2 Millionen Ost-Mark „Schulden“ zu Buche. Gemeinerweise hat die Treuhand, die den volkseigenen Betrieb privatisieren wollte, diese Summe dann nicht durch 4,4 geteilt, sondern nur durch zwei. „Wir haben uns erst mit der Treuhand gestritten, dann bezahlt, und heute ärgere ich mich nicht mehr darüber“, sagt Walter. „Dafür hatten wir bei anderen Dingen mehr Glück.“

Der USP liegt im Handwerk, nicht in der Technologie

Der günstige Turnaround, den sie nach der Wende schafften, hatte, neben unternehmerischer Fortune, viele Hebammen. „Wir waren durch unsere westlichen Märkte vorgeschult“, sagt Walter. „Qualitätsmanagement, Kundenorientierung und Leistungsdenken waren bekannt.“ Und mit Blick auf die vielen anderen Ostunternehmen, die Probleme bekamen: „Ich glaube, auch Siemens wäre ganz schön ins Straucheln gekommen, wenn man denen gesagt hätte: So, ab heute liefert ihr nur noch in die Ost-Länder!“ Dass eine Manufaktur generell wenig technologischen Nachholbedarf hat, weil der USP im Handwerk, nicht in der Technologie liegt, ist ein weiterer Faktor, der die positive Bilanz erklärt. „Und: Die Kunden haben mich auch, als ich Geschäftsführer geworden bin, immer wie einen Vertriebler behandelt. Das half bei vielen Entscheidungen“, sagt Walter.

Ab 1989 mussten sie vor allem mit einem Problem fertig werden: mit ständig steigenden Löhnen. Durch Rationalisierung im Vertrieb und in den wenigen Bereichen der Fertigung bekamen sie die in den Griff. Die Belegschaft schrumpfte dadurch von 1650 auf gut 1000 Mitarbeiter. In der Fertigung vermindern vollelektronische Brennöfen heute den Ausschuss. Rationalisieren heißt aber auch: Walter und sein Kollege teilen sich eine Sekretärin, und die Büromöbel haben immer noch das gewohnte Design in DDR-Beige. Beinahe apart, im Jahr 2003. „Ja, aber das ist weniger sparsam als hinterhältig“, sagt Walter und grinst. „Nach der Wende kamen unzählige Büromöbelkataloge ins Haus. Wir mussten aber sparen. Das beste Argument gegen überzogene Wünsche der Mitarbeiter ist: selbst die alten Möbel behalten.“

Man könnte sich den Chef der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen auch ganz anders vorstellen, erhaben, vornehm, sogar lauter und greller im Auftreten, nicht so normal ingenieurig, „aber irgendwann bricht der Ingenieur immer mit mir durch“, sagt Hannes Walter.

Nur diese eine Frage, die muss zum Schluss noch sein: Seit wann und wieso schreibt sich die Manufaktur überhaupt mit „ss“, wo die Stadt doch ein „ß“ im Namen hat? „Das ist seit den siebziger Jahren so“, sagt Walter, „wegen des Exports. Wir haben uns auf unsere Kunden eingestellt, von denen viele an die ‚Meiben-Manufaktur‘ schrieben.“ Ansonsten aber kam es hier seit den Zeiten August des Starken nie auf Buchstaben an, nur auf diese zwei immer gleich gekreuzten kobaltblauen Schwerter: linker Bogen, rechter Bogen, linker Griff, rechter Griff.

Meissen in Zahlen

1708/09 gelingt nach jahrelangen Versuchen erstmals in Sachsen die Herstellung weißen Hartporzellans

23.1.1710 Dekret August des Starken über die Gründung einer Porzellan-Manufaktur

6.6.1710 Produktionsbeginn auf der Albrechtsburg in Meißen

Seit 1722 „Gekreuzte Schwerter“ aus dem kursächsischen Wappen als Markierung für Meissener Porzellan; mittlerweile wahrscheinlich das weltweit älteste, ununterbrochen genutzte Markenzeichen

Seit 1739 Zwiebelmuster-Dekor im Angebot

1861–64 Neubau der heutigen Manufaktur im Meißener Triebischtal

1912–15 Bau des Porzellanmuseums

Bestandteile des Meissener Porzellans: Kaolin (65 Prozent) + Quarz + Feldspat. Das Kaolin wird seit 250 Jahren im eigenen Bergwerk in Seilitz abgebaut, zwölf Kilometer von Meißen entfernt. Im Labor der Manufaktur werden unter strenger Geheimhaltung mehr als 10.000 Rezepte zur Farbenherstellung aufbewahrt.
Im aktuellen Sortiment sind mehr als 175.000 Artikel verzeichnet. Das Formenarchiv umfasst etwa 200.000 Modelle. 35 Prozent der Produktion gehen in den Export.

Jahresumsatz 2002: 40 Millionen Euro

Internet-Info: www.meissen.de


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.