Besser geht's nicht

Computersimulation war gestern. Heute lassen sich in der virtuellen Realität Maschinen und Produkte bauen und testen, Prozesse organisieren und Mitarbeiter trainieren. Zwei neue Fraunhofer-Institute haben sich ganz der digitalen Zukunft verschrieben, in der Produkte und Dienstleistungen erst auf den Markt kommen sollen, wenn sie so ausgereift wie möglich sind. Die Reise in die schöne neue Welt der Qualität führt nach Magdeburg und Stuttgart.




Das Gebäude steht kreisrund und rätselhaft im Grau des Magdeburger Elbufers, ein magisch-blauer, schimmernder Zylinder, den man am liebsten kurz anheben würde, um sein Geheimnis zu lüften. Die mathematischen und physikalischen Formeln an der Fassade lassen auf Großes hoffen. Doch wer rechnet schon damit, dass sich im Inneren des Gebildes eine Fabrik, Flugzeuge, ja sogar eine ganze Stadt befinden?

Der Zylinder, von den Einheimischen kurzerhand „Elbe-Dom“ getauft, gehört zum Gebäudekomplex des Virtual Development and Training Centre (VDTC) am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF). Seit November vergangenen Jahres haben Unternehmen hier unter anderem die Möglichkeit, Maschinen und Anlagen aufwendig zu testen, bevor sie in Produktion gehen – in der virtuellen Realität. 

Das frisch erbaute Forschungszentrum hat 15,3 Millionen Euro an Investitionen verschlungen und liegt mitten im alten Magdeburger Handelshafen, der jetzt „Wissenschaftshafen“ heißt und in den nächsten Jahren zu einem neuen Stadtteil mit Hightech-Betrieben, Gastronomie und Wohnflächen heranwachsen soll.

Gerhard Müller, Leiter des VDTC, gibt zunächst eine kleine Vorstellung vom Können des „im zivilen Bereich europaweit einzigartigen“ Projektionssystems: Sechs Laserprojektoren werfen das dreidimensionale Abbild von Magdeburg an die 327-Quadratmeter-Wand, die das runde Besucherpodest umschließt. Nach einem kurzen „Stadtrundgang“ erscheint die Fabrikhalle einer Gießerei auf der sechseinhalb Meter hohen Bildfläche. Mithilfe eines Controllers, den er von sich weg hält wie ein gefangenes Insekt, führt Müller die Besucher an Kernschießmaschinen, bewegten Robotern und Gabelstaplern vorbei durch die Halle. Die Dinge wirken plastisch und scharf, die Farben intensiv. Über eine virtuelle Hand kann Müller in diese Welt auch eingreifen, Objekte bewegen, Prozesse verändern.

Genau darin liegt aus Sicht der Wissenschaftler die Chance für Unternehmen: Weil sie Produkte, Maschinen, Fertigungsprozesse, ja ganze Fabriken in der virtuellen Realität planen und erproben können, lassen sich Fehler vermeiden, Strukturen optimieren und Entwicklungszeiten verkürzen, weil Bits & Bites zwar kompliziert, aber deutlich leichter zu handhaben sind als die sture, oft millionenschwere Materie. Virtual Engineering heißt der Fachbegriff dafür. „Alles, was ich im Vorfeld berechnen oder in Modellwelten ausprobieren kann, spart Zeit und Geld“, sagt Maschinenbauingenieur Müller, inzwischen ein routinierter Grenzgänger zwischen den Welten.

Warum erst Fehler machen, wenn es auch ohne geht?

Der Zusammenhang gilt auch für die Konzeption von industrienahen Dienstleistungen wie Wartung und Instandhaltung. Oder für das Training von Fachpersonal: Im VDTC lernen Mitarbeiter aus Produktion und Service bereits mit einer Maschine oder Anlage umzugehen, lange bevor sie überhaupt physisch existiert. Selbst interaktive Wartungsanleitungen, Ersatzteilkataloge und Produktdokumentationen lassen sich passgenau aus den Datenwelten zusammenstellen – und ersparen den Anwendern so in der realen Welt das Wälzen tausendseitiger Handbücher.

Die Kunden und Forschungspartner des VDTC kommen zurzeit vor allem aus der Automobilindustrie, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Medizintechnik und der Luftfahrt. Auf Knopfdruck zaubert Müller zum Beispiel das Rollfeld eines Flughafens mitsamt einer Lufthansa-Maschine in den Elbe-Dom. Die Lufthansa Flight Training GmbH in Frankfurt am Main hat das 3D-Modell erstellen lassen, um damit ihre Piloten zu trainieren. Konkret geht es um den „Preflight-Check“, den Kontrollgang rund um den Flieger, den jeder Pilot machen muss, bevor er ein Flugzeug besteigt. Auf dem virtuellen Rollfeld schreitet der jeweilige Kapitän mehr als 80 Kontrollpunkte ab und beseitigt jeden einzelnen der ins Trainingsszenario eingebauten Fehler. Dabei muss er zum Beispiel auf Eis und Reifenabrieb achten, Sicherheitsbolzen, Aufkleber und Kappen entfernen oder Ventile austauschen. Die Einsatzfelder der Technologie sind riesig – die Zahl der Kunden wächst.

Direkt neben dem Elbe-Dom, im sogenannten Mixed-Reality-Technikum des VDTC, projiziert Müller das virtuelle Double einer Portalfräsmaschine der Schiess GmbH in Aschersleben auf einen Monitor. Die Fraunhofer-Experten haben ihr System mit den 3D-CAD-Daten der Konstrukteure gefüttert. Anders als in einer klassischen Computersimulation ist das virtuelle Modell der neuen Maschine jedoch an ein reales Steuerungsgerät gekoppelt – und lässt sich damit genauso bedienen wie die echte Maschinenvariante, die erst in einigen Monaten gebaut werden soll. Schiess produziert riesige, für jeden Kunden passgenau konstruierte Werkzeugmaschinen. Vor der Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IFF traten Konstruktionsfehler oft erst dann zutage, wenn die Maschine beim Kunden zusammengebaut wurde. Die Programmierer durften erst am Ende der Inbetriebnahmeprozedur damit beginnen, ihre Programme einzupflegen und zu erproben. Das kostete Zeit und nervte nicht nur den Kunden. Dank Mixed Reality können die Schiess-Mitarbeiter ihre Funktionstests nun schon während der Konstruktionsphase durchführen und ihre Software kontinuierlich optimieren.

Auch wenn die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut im Elbe-Dom noch nicht lange währt, die ersten Erfolge der Kooperation lassen sich bereits quantifizieren. „Die Inbetriebnahmezeit beim Kunden hat sich um etwa 20 Prozent verkürzt“, sagt Harald Müller, Leiter Qualitätssicherung und bei Schiess für Forschungs- und Entwicklungsprojekte zuständig. „Außerdem können wir die Bediener, Programmierer und das Service-Personal unserer Kunden bereits im Vorfeld an unserem Maschinenmodell schulen.“ Für hausinterne Trainings verfügt das Unternehmen über eigenes Equipment, größere Mitarbeiter-Gruppen sollen künftig in Magdeburg lernen, wie mit den komplizierten Maschinen umzugehen ist. „Wir arbeiten inzwischen bei allen Baureihen mit Virtual-Reality-Modellen, weil wir dadurch einen merklichen Zeit- und Qualitätsvorsprung haben“, sagt Müller.

Wird es bald perfekte Produkte geben?

Auch anderswo wird per Computer gedacht, gerechnet, getüftelt und getestet: Mercedes-Benz bringt dieser Tage die neue C-Klasse auf den Markt – nach eigenen Angaben das erste Serienfahrzeug der Welt, das auf Basis eines digitalen Prototypen konzipiert und entwickelt wurde. Die Fraunhofer-Forscher sind in ihren Plänen noch weiter. Damit künftig beliebig viele Unternehmenspartner in aller Welt simultan an virtuellen Prototypen arbeiten und das Zusammenspiel ihrer Komponenten testen können, wollen sie deren Daten mithilfe des Breitband-Internets auf eine gemeinsame Entwicklungsplattform hieven. Das könnte zu schnelleren und besseren Ergebnissen führen. Bislang scheiterten solche Vorhaben schon daran, dass die Beteiligten fürchteten, zu viel ihres Kern-Know-hows preiszugeben. Auf der neuen Plattform müssen sie nicht ihre gesamten Modellwelten offenlegen, sondern nur ganz bestimmte, digital isolierte Informationen, die notwendig sind, damit die Komponenten der einzelnen Entwicklungspartner zusammen funktionieren. Erste Interessenten für eine solche Lösung gibt es VDTC-Leiter Gerhard Müller zufolge bereits in der Automobilindustrie.

Wenn wahr wird, wovon die Forscher in Magdeburg träumen, könnte die geballte Entwicklungskompetenz führender Unternehmen einzelnen Industrien schon bald ganz neue, bisher kaum vorstellbare technologische Entwicklungssprünge bescheren. Perfekte Produkte, wenn man so will – auch wenn Gerhard Müller das nie so sagen würde. Sie kämen dem Optimum zumindest nahe: Digital in Form gebracht und quasi marktreif könnten die neuen Produktgenerationen die Forschungslabors in Richtung Wirklichkeit verlassen.

Dort träfen dann allerdings auch sie auf jene unberechenbare Größe, die schon so manchen Entwickler-Traum hat platzen lassen: den Kunden. Ihn muss das neue Produkt nicht nur faszinieren, er muss es auch kaufen – und ihm damit die Qualität zuweisen, die sich sein Erfinder erhoffte. Weil das im wirklichen Leben erstaunlich selten gelingt, und zwar insbesondere da, wo ein Produkt von Menschen erbracht wird, bei Dienstleistungen also, gibt es in der Fraunhofer-Gesellschaft die sogenannten Service-Ingenieure. Um sie zu treffen, führt die Reise zur zweiten Forschungsstation, nach Stuttgart.

Wie lässt sich eine Dienstleistung intelligent konstruieren?

Dort, im Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), sitzt Thomas Meiren vor einer sechs Meter langen 3-D-Projektionswand, die im Vergleich zum Elbe-Dom ziemlich bescheiden anmutet. Zu sehen ist eine unbelebte Hotellobby, links neben der Rezeption steht etwas verloren ein roter Automat, doch dazu später. „Ein Auto können Sie als Prototypen darstellen, das können Sie ganz genau testen, bevor es auf den Markt geht“, sagt der Leiter der Forschungsgruppe Dienstleistungsentwicklung am IAO. „Aber eine Dienstleistung?“ Das Tückische an ihr sei ja, dass sie zu einem wesentlichen Teil immateriell und daher erst im Moment ihrer Erbringung und im Wechselspiel mit einem unberechenbaren Kunden erfahrbar ist.

Meiren glaubt dennoch an ihre Planbarkeit: Seit sieben Jahren beschäftigt sich seine Forschungsgruppe mit der systematischen Gestaltung und Entwicklung von Dienstleistungen, wofür die Stuttgarter den Fachbegriff Service Engineering geprägt haben. „Bislang werden Schwachstellen vielfach erst in der Erbringungsphase entdeckt – oder die Dienstleistung erweist sich bei der Markteinführung als Flop“, sagt der Wissenschaftler. Meiren macht eine Reihe von Ursachen dafür verantwortlich: ein mangelhaftes Verständnis für die Notwendigkeit von Planung und Konstruktion, unzulängliche personelle und organisatorische Strukturen für die Entwicklung, die fehlende Bereitschaft, sich mit neuen Methoden auseinanderzusetzen, und Budgets, die in den vergangenen Jahren zwar gewachsen, aber immer noch zu klein sind, um daraus wirklich intelligente und innovative Serviceleistungen entstehen zu lassen.

Dass die Dienstleister der Industrie mit ihren F&E-Aktivitäten weit hinterherhinken, belegen auch die Zahlen des statistischen Informationsdienstes der Europäischen Union, kurz Eurostat genannt. Demnach investierte die deutsche Industrie 2004 rund 35,2 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung, der private und öffentliche Dienstleistungssektor brachte es auf gerade 3,2 Milliarden Euro. Und das, obwohl laut Statistischem Bundesamt im selben Jahr rund 70 Prozent der Bruttowertschöpfung und 70 Prozent der Erwerbstätigen auf den Dienstleistungsbereich entfielen. Auch wenn Thomas Meiren die Zahlen relativiert – Dienstleistungsinnovationen, meint er, seien häufig wesentlich kostengünstiger als Produktinnovationen: Die Relation ist deutlich. Und der Nachholbedarf ist groß.

Um die methodischen Lücken zu schließen, haben die Service-Ingenieure ein nach Fraunhofer-Angaben „weltweit einzigartiges Labor“ zur Entwicklung und Erprobung von Dienstleistungen eingerichtet und es auf den Namen „ServLab“ getauft. „Statt nur mit Papier und Konzepten zu arbeiten, setzen wir hier Virtual Reality ein, um die Ideen greifbar zu machen“, sagt Thomas Meiren und zeigt auf die Projektionsfläche, die in die einzige fensterlose Wand des großen Raumes eingelassen ist. Davor eine gedachte Bühne mit Tisch und Stühlen als Requisiten, das Ganze eingerahmt von Sitzreihen für Zuschauer.

Unternehmen können das Labor dazu nutzen, die räumliche Umgebung, in der ihre Serviceleistung erbracht werden soll, zu simulieren. Und sie können in der digital nachgebauten Szenerie an ihren Prozessen feilen – mithilfe von professionellen Schauspielern, die in die Rollen von Kunden und Mitarbeitern schlüpfen. Diese Kombination ist das Neue am ServLab, das im Oktober 2006 eröffnet wurde, also etwa zeitgleich mit dem Magdeburger VDTC. Als erster Kunde hat sich in Stuttgart die Accor Hotellerie Deutschland GmbH angemeldet. Die Hotelmanager wollten im ServLab erproben, wie sich die Check-in-Prozesse in ihren Hotels der 2-Sterne-Marke Ibis effizienter und kundenfreundlicher gestalten lassen.

Für den bundesweiten Wettbewerb „Jugend denkt Zukunft“ hatte Accor gemeinsam mit Schülern der Staatlichen Fachoberschule Friedberg mehrere neue Ideen für die Anmeldung der Hotelgäste zu Papier gebracht, zwei davon schafften es in die Endauswahl: Beim „Quick Check-in“ kann sich der eilige Hotelgast mit einer PIN, die er zuvor bei der Reservierung erhalten hat, selbstständig an einem Automaten einchecken. Die Prozedur soll nicht länger als eine Minute dauern. Beim „Comfort Check-in“ dagegen wird dem Gast die geballte Aufmerksamkeit eines Mitarbeiters zuteil: Er wird beim Betreten der Lobby mit Handschlag begrüßt und dann in eine Sitzecke oder an die Bar geleitet, um sich dort in Ruhe und gemütlicher Atmosphäre anzumelden. Der Hotelmitarbeiter erläutert seinem Gast das Service-Angebot des Hauses und lernt ihn im Gespräch näher kennen. So weit die Idealvorstellung. Doch was taugen die Vorschläge wirklich?

VIRTUELLE REALITÄT

Unter Virtueller Realität (VR) verstehen die Fraunhofer-Forscher eine von einem Computer in Echtzeit, das heißt verzögerungsfrei generierte, dreidimensionale Umgebung. Durch die Verwendung spezieller Ausgabegeräte wie dem Head Mounted Display – einer Art Brille oder Helm mit eingebautem Monitor – oder Großbildprojektoren entsteht der Eindruck, den die Wissenschaftler Immersion nennen: Der Benutzer fühlt sich selbst als Bestandteil der virtuellen Welt, er taucht darin ein. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass das System auf den Menschen reagiert, sodass er sich darin bewegen oder zum Beispiel mithilfe einer virtuellen Hand einen Maschinenhebel betätigen kann.

Neben der „reinen“ Virtual Reality existieren zahlreiche Mischformen, die unter dem Begriff Mixed Reality zusammengefasst sind. Er steht zum einen für die Kombination von realer und virtueller Welt – zum Beispiel durch die Kopplung einer realen Maschinensteuerung an einen virtuell abgebildeten Maschinenkörper.

Zum anderen fällt darunter auch die Erweiterte Realität (Augmented Reality), womit die rechnergestützte Überlagerung eines realen Objektes mit virtuellen Informationen gemeint ist. Ein Ingenieur beispielsweise könnte mithilfe einer Spezialbrille sämtliche Schichten einer Maschine erkennen, ohne sie auseinanderschrauben zu müssen. Die Informationen werden hier passgenau auf den Gegenstand projiziert und erweitern so das Bild.

Mit dem Einsatz von Virtual Reality in der Industrie beschäftigen sich das europäische Intuition Network of Excellence und das Kompetenznetzwerk Vivera, dessen Arbeit das Virtual Development and Training Centre (VDTC) des Fraunhofer IFF koordiniert.

Links:
www.intuition-eunetwork.org
www.vivera.org
www.vdtc.de

Virtuelles Wirtschaftswunderland

Heute Konzernmanager, morgen Nachtclub-Besitzer und übermorgen ein fantastischer Superheld? Wer im echten Leben nicht zu Kühnheit neigt, hat seit einiger Zeit eine zweite Chance: Mit „Second Life“ (SL) hat die Firma Linden Lab in San Francisco eine dreidimensionale, über das Internet zugängliche Welt geschaffen, in der jeder, der mag und einen Rechner hat, ein zweites, neues, völlig anderes Leben anfangen kann. Und zwar als Avatar, als digitale Figur mit Wunsch-Identität. Anfang Februar 2007 zählte die Parallelwelt fast 3,5 Millionen registrierte Nutzer, von denen sich in den davor liegenden 60 Tagen rund 1,1 Millionen eingeloggt hatten. Pro Tag waren etwa 20.000 Bewohner online.

Sie können sich in Second Life auch unternehmerisch betätigen, indem sie von Linden Lab Land erwerben und bebauen, mit Immobilien handeln, Geschäfte gründen und eigene Produkte oder Dienstleistungen entwickeln. In der Parallelwelt gibt es bereits Designer für Avatar-Mode, Makler und Architekten, Clubbetreiber und Reiseanbieter. Die „Linden Dollars“, die sie mit ihren virtuellen Geschäften verdienen, lassen sich in reales Geld eintauschen. Mittlerweile haben sich auch erste reale Unternehmen in Second Life angesiedelt. Die Starwood-Hotelkette betreibt dort zum Beispiel ein virtuelles Hotel und der Sportartikelhersteller Adidas ein Geschäft, in dem man für seinen Avatar ein Schuhmodell namens „a3 Microride“ kaufen kann. Das Musik-Label Sony BMG hat sogar eine ganze Inselwelt errichtet, auf der sie Künstler promotet und Konzerte veranstaltet.

Linden Lab umwirbt die Unternehmen unter anderem mit dem Argument, dass Second Life ein gutes Experimentierfeld sei, um Konzepte und Design von Produkten oder Services virtuell zu testen, bevor sie auf den realen Markt gelangen. Birgit Mager, Professorin für Service Design an der Fachhochschule Köln, ist da allerdings skeptisch: „Es ist schon eine sehr spezielle Zielgruppe, die man dort antrifft, Leute mit viel Zeit und speziellen Vorlieben.“ Genau wie in den Anfangszeiten des Internets boomen in Second Life derzeit noch die Sex- und Glücksspiel-Angebote.

Hinzu kommt, meint die Professorin, dass Menschen, die sich unter anderem als Derwische, Vampire oder Porno-Starlets in Raketenliegestühlen oder auf Riesenschnecken durch die digitale Welt bewegen, vermutlich nicht genauso entscheiden und urteilen wie im wirklichen Leben. Birgit Mager will trotzdem mit SL-Dienstleistungen experimentieren: In dem Projekt „Play“ haben ihre Studenten bereits ein Konzept für virtuelle Vorlesungen entwickelt, die sie künftig als Avatare besuchen möchten. Außerdem haben sie eine Unicef-Spendenbox entworfen, die sich irgendwann mit Linden-Dollars der SL-Bewohner füllen könnte – und die Welt besser machen soll. Im richtigen Leben.

www.secondlife.com
www.service-design.de

Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.