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Kurswechsel. So manche Erfolgsgeschichte beginnt mit einem Ende. Nach dem Scheitern. Diese hier handelt vom rechtzeitigen Fallenlassen eines schlechten Werkzeugs. Vom Besinnen auf das eigene Können. Und vom Mut zum Aufgreifen einer besseren Technologie. Oder: wie aus Ribozyme Sirna wurde.




DIE HOFFNUNG

Die Geschichte beginnt 1992 in Boulder, Colorado, wie unzählige andere Geschichten von Biotech-Unternehmen auch: Junge Forscher gründen eine Firma, weil sie an eine neue Idee glauben. Sie nennen ihr Unternehmen Ribozyme Pharmaceuticals, Inc., weil sie aus winzigen molekularen Scheren, so genannten Ribozymen, Medikamente gegen Krebs und Viruserkrankungen machen wollen.

Die Technologie ist völlig neu, ihre Entdecker erhielten 1989 dafür sogar den Nobelpreis. Aufregung und Hoffnungen umranken sie, die Medien sind begeistert, Risikokapitalgesellschaften und andere Anleger investieren eine Menge Geld. Obwohl es damals noch ein Problem gibt: Die molekularen Scheren funktionieren bisher nur im Reagenzglas. Und es ist durchaus möglich, dass sie als Wirkstoffe im menschlichen Körper versagen. Doch das Geld fließt weiter, die Gründer legen los. Schließlich winken Milliardengewinne, wenn es ein potenter Wirkstoff bis auf den Markt schafft. Eine neue Wirkstoff-Technologie wie die Ribozyme wäre noch einiges mehr wert.

DIE SACKGASSE

Jahrelang entwickelt die Firma Ribozym für Ribozym. Eines soll eine Augenkrankheit heilen, die zur Erblindung führt. Andere sind gegen Leberentzündung oder Brustkrebs gerichtet. Die Forscher der Firma lernen, wie man die tausendstel Millimeter kleinen Werkzeuge in menschliche Zellen schleust. Sie führen Zeit raubende Testreihen durch. Schließlich wagen sie die ersten Behandlungsversuche an Patienten. Das Ergebnis ist bitter: Die nobelpreisgekrönte Molekül-Schere ist anscheinend stumpf. „Das Ribozym erwies sich als weniger potent, als man angenommen hatte“, sagt der langjährige Ribozyme-Mitarbeiter Bharat Chowrira heute.

Derartige Enttäuschungen sind nicht ungewöhnlich in der Medikamentenentwicklung – bestenfalls einer von hundert potenziellen Wirkstoffen schafft es auf den Markt. Nach außen demonstriert die Firma deshalb Zweckoptimismus. Die Pressemitteilungen berichten von „ermutigenden Fortschritten“, gestehen bestenfalls technische „Herausforderungen“ ein. Doch intern beginnen Diskussionen. Schließlich steht für Ribozyme Pharmaceuticals mehr auf dem Spiel als nur der Verlust von ein paar Wirkstoffkandidaten unter dutzenden. Es geht um die Basis-Technologie ihres gesamten Geschäftes. Das bedeutet konkret: Zehn Jahre Arbeit umsonst, 150 Mitarbeiter vor dem Nichts, Millionen von Dollar, die das Unternehmen bis dahin von Investoren eingesammelt hatte, schienen verloren zu sein. „An frisches Geld kamen wir nicht heran“, erinnert sich Chowrira. „Die Leute ließen sich für Ribozyme nicht mehr begeistern.“

DER NOTBREMSER

In dieser Phase stößt Howard Robin zum Unternehmen. Er ist kein Forscher und auch kein kühner Visionär. Lange Jahre hatte der Manager das Pharmaunternehmen Berlex Laboratories geführt und zum starken US-Standbein des Berliner Schering-Konzerns gemacht. Er hat Erfahrung im Entwickeln von Medikamenten, kennt sich in der Pharmabranche aus. Vor allem aber kommt Robin von außen. Er ist neutral. Sein Herz hängt nicht an einer bestimmten Technologie. Das ist ungewöhnlich für die Biotech-Branche. In aller Regel definieren sich die Firmen über eine gute Idee: Forscher entwickelt Innovation, findet Geldgeber, gründet Firma und investiert viele Forschungsjahre in die ursprüngliche Idee. Die Firmen-Technologie erreicht dann leicht den Status einer heiligen Kuh, die selbst bei enttäuschenden Ergebnissen niemand schlachten will.

Im Gegensatz dazu wollen Pharmaunternehmen vor allem ein Gewinn bringendes Medikament auf den Markt bringen – unabhängig von einer Technologie. Auch Howard Robin denkt so. „Eigentlich war ich gekommen, um Ribozyme zu Medikamenten zu entwickeln“, sagt er. Aber dann spricht er mit den Forschern des Unternehmens. Und was er da hört, klingt nicht gut. Dem erfahrenen Medikamententwickler wird schnell klar, dass die Ribozym-Technologie nur noch wenig Aussicht hat, jemals ein wirksames Therapeutikum hervorzubringen. Im Unternehmen entflammt schnell eine heftige Diskussion. Ein Teil der Belegschaft will die Ribozymtechnik noch nicht aufgeben. Doch Robin will sich nicht auf ein „langwieriges Optimieren“ einer schwächelnden Technologie einlassen. Als er Mitte 2001 zum Geschäftsführer von Ribozyme Pharmaceuticals ernannt wird, schickt er die Firma deshalb in einen Selbsterfahrungs-Workshop.

DIE DIAGNOSE

Die Mannschaft musste sich vielen Fragen stellen: Was ist das Potenzial des Unternehmens? Was können wir? Welche exklusiven Techniken haben wir über die Jahre entwickelt, die sich vermarkten lassen? „Wir mussten herausfinden, wer wir sind“, sagt Robin heute. Der Neuling ermutigt zur Ehrlichkeit, Offenheit und zur Entwicklung einer gemeinsamen Vision. Und stellt dabei nur eine Bedingung: Nichts dürfe heilig sein. „Das Motto war, nicht über die Vergangenheit zu grübeln und nicht an einer bestimmten Technologie zu kleben“, sagt Robin.

Am Ende des Projektes definieren die Ribozyme-Forscher ihre Stärke. Sie kennen sich in einem Forschungsgebiet detailliert aus – vielleicht sind sie sogar die weltweit besten Spezialisten darin. Jahrelang hatten sie sich mit jedem Detail der Ribonukleinsäure(RNA)-Chemie auseinander gesetzt. Denn aus RNA bestehen sowohl die molekularen Ribozym-Scheren, an denen sie so lange getüftelt hatten, als auch das Material, das diese Scheren zerschneiden sollten – so genannte Boten-RNA, die als Vorlage zum Bau von Eiweißen dient. Über die Jahre hatten sich die Forscher nicht nur in den einschlägigen Wissenschaften umgesehen. Sie wussten um jeden Entwicklungsschritt, den andere Teams gemacht hatten, sie kannten Studien und Projekte der meisten RNA-Experten weltweit, irgendwann und irgendwo hatten sie wohl mit jedem von ihnen schon einmal zusammengearbeitet. Das Resultat: ein Überblick über die Szene, ein Arsenal technischer Kniffe und ein tiefes Verständnis für RNA. Wie verhalten sich RNA-Moleküle in menschlichen Zellen, wie kann man RNA chemisch optimieren, wie preiswert produzieren? In Boulder hatte man Antworten auf diese Fragen. „Wir sind wahrscheinlich das feinste Team von RNA-Chemikern und -Biologen weltweit“, sagt Robin heute.

Und deshalb entgeht diesem Team auch nicht, dass sich in der Grundlagenforschung um die Jahrtausendwende eine Revolution anbahnt. Sie könnte für das Unternehmen die Rettung sein.

DIE CHANCE

1998 entdeckt ein Biologe in Baltimore bei Experimenten mit Fadenwürmern ein Phänomen, das er RNA-Interference (RNAi) nennt. Er verabreicht den Würmern spezielle RNA-Moleküle, so genannte doppelsträngige RNAMoleküle. Damit, so stellt er fest, lässt sich die Produktion jedes beliebigen Eiweißes stoppen. Auch solcher, die einen Wurm krank machen würden. Die Forscher bei Ribozyme Pharmaceuticals horchen auf. Offenbar ist diese Technik der firmeneigenen Ribozym-Technologie ähnlich – beide können das Entstehen schädlicher Eiweiße verhindern. Zwar versagen die doppelsträngigen RNA-Moleküle zunächst beim Test an menschlichen Zellen – die Zellen sterben, sobald sie den Molekülen ausgesetzt werden. Ende Mai 2001 berichten Forscher vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston jedoch, dass die doppelsträngigen RNA-Moleküle nur möglichst klein sein müssen, damit die menschlichen Zellen am Leben bleiben. Diese kurzen doppelsträngigen RNA-Moleküle, „short interfering RNAs“ (siRNAs), können schädliche Proteine tatsächlich gezielt ausschalten.

DIE ENTSCHEIDUNG

Die Nachrichten vom MIT verbreiten sich rasch. „2001 wurde RNA-Interferenz regelrecht populär in der wissenschaftlichen Literatur“, erinnert sich der ehemalige Ribozyme-Mitarbeiter Bharat Chowrira. Die Forscher bei Ribozyme begreifen die Vorteile der neuen Technik sofort. Ihnen wird klar: Wenn ein Ribozym eine stumpfe Schere ist, dann ist siRNA sozusagen ein Turbo-Häcksler. Und zwar einer, der sich gegen jede denkbare Erkrankung einsetzen lässt. Ein völlig neues therapeutisches Paradigma.

Natürlich verfolgen auch andere Biotech-Unternehmen, die mit ähnlichen Technologien rund um RNA-Moleküle arbeiten, die Geburt der RNAInterferenz. Sie betonen jedoch vor allem die Unwägbarkeiten der jungen Technik. Und setzen weiter auf das Bewährte, weil es die größere Sicherheit verspricht. Ribozyme Pharmaceuticals hat nicht mehr viel zu verlieren. Und erkennt, dass das Risiko, auf der eigenen Technologie zu beharren, riesig ist. „Ein Umsteigen“, sagt Chowrira, „erschien uns deshalb nur logisch.“

Im August 2001 beginnt man in Boulder ernsthaft an RNAi zu arbeiten. Die Forscher basteln siRNA-Moleküle und testen sie in Tierversuchen. Schon im November reichen sie die ersten Patente ein. Die siRNAs brillieren bei fast allen Experimenten, bei denen die Ribozyme Schwierigkeiten machen. Die erfahrenen RNA-Experten merken schnell, dass sie nicht nur von einem alten Gaul auf ein junges, frisches Pferd umsatteln. Sondern dass sie gewissermaßen vom Pferd zum Auto wechseln. In den ersten Tagen des Autos war das Pferd noch schneller. Aber wer die Technik verstand, konnte schon damals das Potenzial des neuen Fortbewegungsmittels erkennen.

„Biotech-Unternehmen müssen sich immer wieder fragen, ob sie bei ihrer alten Technik bleiben oder auf das Neue setzen wollen“, weiß Jörg Pötzsch, Geschäftsführer des Berliner RNA-Interferenz-Unternehmens RNAx GmbH und früher Mitarbeiter der Atugen Biotechnology AG, der deutschen Tochter von Ribozyme. So sei es unter Umständen sicherer, an einer Technologie weiterzuarbeiten, deren Tücken man bereits ausgelotet hat. Bei einer neuen Technologie lasse sich oft schwer sagen, ob die anfängliche Begeisterung auch eine realistische Basis habe. „Die Biotech-Branche erinnert manchmal an ein schlechtes Fußballspiel“, sagt Pötzsch. „Jeder will da sein, wo der Ball ist.“

DER ÜBERGANG

Ribozyme Pharmaceuticals hat zwar als einer der Ersten Ballkontakt. Doch das Spiel läuft nicht rund, der Wechsel auf die neue Technologie erweist sich als schwierig. „Ribozyme Pharmaceuticals war ein Unternehmen mit 150 Mitarbeitern und einer sehr hohen Verlustrate“, sagt der damalige Geschäftsführer Howard Robin heute. „Wir wussten zwar, dass siRNA irgendwann interessant und wichtig werden würde, bis dahin aber mussten wir uns verändern, um zu überleben.“ Robin entlässt fast die Hälfte der Mitarbeiter, um die Kosten zu reduzieren. Gleichzeitig muss er die Experten halten, die im Stande sind, die neue Technologie zu entwickeln. Immer wieder muss er Mut machen, diskutieren und erklären – nicht alle im Unternehmen glauben daran, dass siRNAs zu Medikamenten werden können. Es sei ein schmerzvoller Prozess gewesen, sagt Robin. Einer, der auch vor der Führungsebene nicht Halt gemacht habe. Aber der einzige, der möglich schien und mit neuen Gesichtern im Vorstand außerdem eine Neuorientierung des gesamten Unternehmens demonstrierte.

Robin hat zum damaligen Zeitpunkt nämlich nicht nur intern Probleme. Die Euphorie um die RNA-Interferenz, die sich in Wissenschaftskreisen ausbreitet, ist bei potenziellen Geldgebern noch nicht angekommen. „Wir waren die erste Firma, die siRNAs zu Medikamenten entwickeln wollte“, sagt Robin. Deshalb muss er seine Ansprechpartner, die meist keine Ahnung von der Technologie haben, erst mühsam von deren Möglichkeiten überzeugen. Doch er hat keine Zeit mehr. Dem Unternehmen geht das Geld aus. Von den ursprünglich rund 200 Millionen Dollar des Börsengangs sind vielleicht noch zehn Prozent übrig. Zu wenig für einen Neustart mit einer ganz anderen Technologie, sogar zu wenig für Optimierungsversuche der alten Ribozym-Technik. Der Börsenkurs sinkt, die Aktie fällt auf unter zwei Dollar – zu den Hochzeiten des Unternehmens war das Papier bei einem Kurs von weit über 100 Dollar notiert. Ende 2002 wird Ribozyme Pharmaceuticals auf den SmallCap Market der Nasdaq transferiert. Es wird eng.

DIE RETTUNG

Und wieder kommt dem Unternehmen der Zufall zu Hilfe – diesmal durch einen Artikel in der Fachzeitschrift Science. Das Magazin kürt die RNAInterferenz zum „wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres 2002“. „Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits erste Testergebnisse zur Wirkung von siRNAs an Versuchstieren und eine Reihe von Patenten“, sagt Robin stolz. Die Massenmedien greifen das Thema auf, Fortune nennt RNA-Interferenz den „Milliarden-Dollar-Durchbruch der Biotechnologie“. Die Entdeckung der RNA-Interferenz wird verglichen mit der Entwicklung der ersten gentechnischen Methoden, die einigen Anbietern heute Milliardengewinne bescheren. Und Mark Fishman, Forschungschef des Pharmariesen Novartis, bezeichnet die RNAi als ein „mächtiges Instrument“. Die neue Technologie könnte Pharmakonzernen auf einen Schlag einen Berg neuer Medikamente bescheren. RNAi-Wirkstoffe lassen sich in anderthalb bis zwei Jahren entwickeln – die Entwicklung herkömmlicher Wirkstoffe dauert doppelt so lange.

Die Begeisterung ebnet Ribozyme den Weg. Plötzlich ist es ein Muss, in RNAi zu investieren. Geldgeber sind fieberhaft auf der Suche nach überzeugenden Geschäftsmodellen, um auf den Zug aufzuspringen. Robin findet leicht Gehör für seine Ideen. Und die lange Arbeit an den wirkungsschwachen Ribozymen ist endlich kein Manko mehr. Im Gegenteil, die RNA-Spezialisten des Unternehmens haben einen uneinholbaren Wissensvorsprung gegenüber jedem noch so gut aufgestellten Start-up. Anfang Februar 2003 investieren mehrere Risikokapitalgesellschaften 48 Millionen Dollar in das börsennotierte Unternehmen. Zwei Monate später gibt sich Ribozyme einen neuen Namen. Der alte Chef wird auch der neue – bei Sirna Therapeutics, Inc. Und der ehemalige Ribozyme-Mitarbeiter Bharat Chowrira steigt als Vice President of Legal Affairs bei dem neuen Unternehmen ein.

DIE PATENTE

Sirna arbeitet mit einer fremden Technologie. Das hat Nachteile. Die Patente für die Kerntechnologie – die Anwendung von siRNA beim Menschen – gehören nicht dem Unternehmen. Die University of Massachusetts Medical School in Worcester bei Boston, der die Rechte gehören, vergibt die erste Lizenz an Sirnas ärgste Konkurrenz, das Biotech-Unternehmen Alnylam Pharmaceuticals, Inc. Erst die zweite geht an Sirna. Die Sirna-Spezialisten konzentrieren sich auf all die nötigen Optimierungen der Kerntechnologie. Und sie können dabei auf ihre Erfahrungen und zahlreichen Begleitinnovationen aus Ribozyme-Zeiten zurückgreifen.

So hätten sie schon damals gewusst, wie man RNA-Moleküle chemisch stabilisiert, erklärt Forschungschef Barry Polisky heute. Der menschliche Körper baut sie dann nicht ab, bevor sie ihre Wirkung entfalten. Die Sirna-Forscher kennen geeignete Trägersubstanzen, die das Molekül zum gewünschten Zielgewebe im Körper bringen. Und sie haben herausgefunden, wie man die Wirkstoffe effektiv in den erforderlichen Mengen herstellt.

„Im Unterschied zu unserer Konkurrenz haben wir ein Patentportfolio entwickelt, das alles abdeckt, was siRNA als Medikament erst einsetzbar macht“, sagt der Sirna-CEO Howard Robin. 45 Patente halte das Unternehmen schon, mehr als 200 weitere seien angemeldet. „Unser Portfolio ist so vielfältig, dass es schwer ist, ohne uns irgendetwas mit siRNAs zu tun.“ Der langjährige Wissensvorsprung hat das in kürzester Zeit möglich gemacht.

DIE AUSSICHT

Robin weiß, dass er und seine Mitarbeiter Glück gehabt haben. Mehrfach. Aber sie hatten auch den Mut, das Alte hinter sich zu lassen und sich nach Neuem umzusehen. Obwohl tief in der eigenen RNA-Technologie verwurzelt, haben sie sich für alles interessiert, was außerhalb des Unternehmens passierte. Und konnten deshalb früher als alle anderen die Entwicklung erkennen, die das Unternehmen jetzt in die Zukunft führt.

Heute ist Sirna – mit Hauptsitz in San Francisco und Forschungsabteilungen in Boulder – weltweit eines von zwei Unternehmen, die erste Tests der neuen siRNA-Moleküle am Menschen durchführen. Anders als die meisten RNAi-Start-ups hatte das Unternehmen schon Erfahrungen gesammelt, wie eine klinische Studie vorzubereiten und durchzuführen ist. Howard Robin musste also nur in die Schublade greifen und in den alten klinischen Studienprogrammen die Ribozym-Schere gegen den passenden siRNA-Häcksler austauschen.

Seit November vergangenen Jahres behandelt Sirna mit seinen Molekülen 22 Patienten. Sie leiden an einer Augenkrankheit, die sich „Altersbedingte Makuladegeneration“ nennt und als die häufigste Erblindungsursache in Industrieländern gilt. Die ersten Ergebnisse sind ermutigend. Anders als bei handelsüblichen Medikamenten vertragen alle Patienten das Präparat, berichtet Sirnas medizinischer Leiter Roberto Guerciolini. Im März 2006 starte die Phase II der Studie. Erst dann könne man beurteilen, ob RNA-Interferenz als Therapie taugt.

Sirna hat nur 18 Monate gebraucht, um von der alten Technologie zu ersten Tests am Menschen mit der neuen zu kommen. Ob die Forscher damit Erfolg haben werden, ist noch nicht sicher. Wissen, Neugier, Erfahrung, Flexibilität und Überlebenswille allerdings sprechen dafür.


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.