Da geht noch was

Haben Sie sich auch schon über das Eigenleben eines Einkaufswagens geärgert? Weil das Ding blockiert und partout nicht die Richtung nimmt, die Ihnen vorschwebt? Dann sind Sie in bester Gesellschaft: Der Trolley im Supermarkt gehört zu den Ärgernissen schlechthin. In fünf von acht europäischen Ländern haben ihn die Verbraucher auf Platz eins ihrer Frustrationen im Alltag gesetzt, gefolgt von abstürzenden Computern, Mülleimern mit Schwingdeckel, mangelhaftem Handyempfang oder unprogrammierbaren Videorekordern. Das Ärger-Ranking ist das Ergebnis einer Umfrage, die der Hausgerätehersteller Dyson über eigens eingerichtete „MyFrustrations“-Websites gestartet hatte. Ihn interessierten die Anlässe für täglichen Kundenfrust, um daraus Anregungen für Verbesserungen zu ziehen.




Rund 15.000 Verbraucher haben votiert – und ein schönes Beispiel dafür geliefert, wie Innovation beginnen kann. Am Anfang steht die Idee. Sie kann von überall kommen, vom zufriedenen oder vom frustrierten Kunden, vom Wettbewerber oder aus der fremden Industrie, aus dem In- oder Ausland, aus Praxis oder Theorie. Üblicherweise stammt sie aus der Forschungsabteilung im eigenen Haus. Oder auch nicht. Genau das ist das Problem. Wenn es um Innovationen geht (oder besser: um ihr Ausbleiben), stehen sich die meisten Unternehmen selbst im Weg. Es beginnt bei der Definition. Als innovativ gilt hier zu Lande in der Regel das bahnbrechend Neue, die revolutionäre Produktidee, ganz egal, ob sie jemand brauchen kann oder nicht. Dabei wären der optimierte Produktionsprozess, das bestehende Produkt, das besser und einfacher wird, oder der intelligente Service auch eine Idee – manchmal sogar die originellere.

Das missliche Grundverständnis zieht eine Kette von Überzeugungen und Verhaltensweisen nach sich, die auf den Erfolgen der Vergangenheit basieren und die, weil sie keiner mehr auf ihren Sinn überprüft, das Neue nicht fördern, sondern blockieren. Es sind jene ungeschriebenen Gesetze, die bestimmen, wie ein Unternehmen denkt, forscht, entwickelt, vermarktet und verkauft. Glaubenssätze, die McKinsey & Company Orthodoxien nennt. Dass Innovationen die Domäne der eigenen Forscher und Entwickler sind, gehört genauso dazu wie die Fantasie der perfekten Planung oder der Irrtum, die neueste Technologie sei die Krönung der Innovationsdiziplin (Seite 8).

Wie also entsteht Innovation? Wie kommt das Neue in die Welt?, haben wir uns gefragt – und nur eine schlüssige Antwort darauf gefunden: Management kann die Innovationsleistung eines Unternehmens nachhaltig verbessern, aber den einen, den richtigen Weg von der Idee zum Produkt gibt es nicht. Wer seine Kunden überraschen und begeistern will, braucht Neugier und Erfahrung, Instinkt und Expertise, einen wachen Blick nach draußen und drinnen, die Bereitschaft, sich selbst und seine Erfolge infrage zu stellen. Und eine Unternehmenskultur, die all das erst möglich werden lässt.

Innovation ist das Ergebnis von Wissen mal Kreativität mal Ausdauer. Das klingt vage? Es klingt danach, was es ist: viel Arbeit und ein nur begrenzt planbarer Prozess. Das Neue ist nun mal nicht auf Knopfdruck zu haben, intelligente Ideen lassen sich weder mit Geld noch mit guten Worten befördern. Wer die Innovationskraft seines Unternehmens dauerhaft stärken will, muss lernen, mit Unsicherheit umzugehen und an vielen kleinen Rädchen gleichzeitig zu drehen.

Für alle, die nicht wissen, wo sie anfangen sollen, hat der Management-Autor Reinhard K. Sprenger einen gewohnt bissigen, aber guten Rat (Seite 68). In den allermeisten Fällen, meint er, sei schon das Unternehmen mächtig innovativ, das nicht systematisch alles verhindert, was Neues schafft.

 


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.