Unternehmen Familie

Georg Schneider VI. führt in sechster Generation die Private Weißbierbrauerei Georg Schneider & Sohn GmbH. Seit der Gründung im Jahr 1872 hat immer der älteste Sohn, der immer Georg hieß, das Unternehmen geführt.
Der Traditionsbetrieb im niederbayrischen Kelheim beschäftigt zurzeit rund 100 Mitarbeiter. Sie brauen jährlich 300.000 Hektoliter Weißbier, die in 28 Ländern auf fünf Kontinenten getrunken werden. Nach Erdinger ist Schneider Weisse der zweitgrößte Weißbier-Spezialist in Deutschland. Das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Auszeichnungen für sozial und ökologisch nachhaltiges Wirtschaften erhalten, darunter den Dekra Ethik Award 2006, sowie die Gütesiegel Top Job Arbeitgeber und Ethics in Business.
Georg Schneider VII. geht heute in die fünfte Klasse.





Bei uns hat das, was Konzerne heute Corporate Social Responsibility nennen, schon Mitte der achtziger Jahre begonnen. Wir hatten damals das Gefühl, dass es an der Zeit wäre, die Richtung unseres Familienunternehmens etwas klarer zu bestimmen. Im Familienrat haben wir uns zusammengesetzt und unsere bisherige und künftige Firmenphilosophie diskutiert. Dabei wurde schnell klar, dass die Werte eines Familienunternehmens nicht losgelöst von den Werten der Familie selbst betrachtet werden können. Also versuchten wir, zuerst unsere Familienwerte zu definieren. Dazu zählen Ehrlichkeit, Toleranz, Anerkennung des christlichen Weltbildes, die Verbundenheit mit unserer Heimat, eine gewisse Großzügigkeit und ein Verantwortungsgefühl gegenüber dem Anvertrauten. Letzteres ist uns sehr wichtig. Wir kommen alle nackt auf die Welt und gehen auch nackt von ihr. Ins Jenseits kann man nichts mitnehmen. Zu Lebzeiten sind wir Verwalter auf Zeit, sollen bewahren und fortführen. Dieses Bewusstsein gibt uns Schneiders einen gesunden Abstand zu allen turbokapitalistischen Auswüchsen.

Wir waren beispielsweise schon immer gegen das Abfüllen in Dosen. Aus ökologischen Gründen. Dabei bleiben wir auch, selbst wenn uns damit vielleicht neue Marktsegmente verschlossen bleiben. Nur weil alle anderen ins Wasser springen, muss man nicht hinterher. So viel Selbstbewusstsein haben wir. Wenn wir unseren Kästen Werbemittel beigeben, T-Shirts, Kappen oder Figuren, achten wir sehr darauf, dass die nicht in China oder sonst wo von Kindern gefertigt wurden. Kontrolle der Zulieferer gehört auch für uns Mittelständler zu unserer Verantwortung. Selbst wenn das Zeit, Mühe und Geld kostet.

Wir wollen keine Raffkes sein, darüber waren wir uns im Familienrat einig. Und wir haben uns eine Art Zehn-Punkte-Plan erarbeitet. , Jeder Einzelne ist das Unternehmen‘, stand an erster Stelle. Und damit meinen wir jeden einzelnen Mitarbeiter. Auf diesem Grundprinzip bauen wir unsere Personalentwicklung und unsere Personalführung auf. Wir führen jedes Jahr ein Mitarbeitergespräch, das wir bewusst ,Fördergespräch‘ nennen, denn da geht es vor allem um die Ziele und Entwicklungswünsche des Einzelnen. Wenn jemand sagt: ,Ich möchte einfach nur meinen Job gut machen und ansonsten eher meine Ruhe haben‘, ist das absolut legitim. Für diejenigen, die beruflich weiterkommen wollen, bieten wir eine Palette an Fortbildungsmöglichkeiten. Die haben wir in der Schneider-Weisse-Akademie gebündelt, was für eine Firma unserer Größe sicher nicht selbstverständlich ist. Wir leisten uns diesen Luxus, weil wir davon überzeugt sind, dass sich Investitionen in Aus- und Fortbildung langfristig lohnen, auch wenn wir kurzfristig den Benefit nicht exakt berechnen können.

Dem Wert der Ehrlichkeit versuchen wir durch besondere Transparenz gegenüber den Mitarbeitern gerecht zu werden. Wir sagen ihnen, wenn es gut läuft, aber eben auch, wenn es mal nicht so gut funktioniert. Alle Geschäftszahlen hängen wir am schwarzen Brett aus und geben uns große Mühe, sie so zu präsentieren, dass es auch jeder verstehen kann. Als GmbH wären wir dazu nicht verpflichtet, aber es gehört eben zu unserem Grundverständnis von fairem und offenem Umgang.

Wichtig ist uns auch, Mitarbeitern mit Kindern die Möglichkeit zu geben, Arbeit und Familie gut unter einen Hut zu bringen. Dazu braucht es gar nicht immer irgendwelche ausgeklügelten Arbeitszeitmodelle. Vertrauen hilft oft viel weiter. Unsere Exportleiterin ist zum Beispiel mit einem unserer Messemitarbeiter verheiratet. Wenn er auf Reisen ist, geht sie früher nach Hause oder arbeitet ganz vom eigenen Arbeitszimmer aus. Ist sie auf Dienstreise, läuft es halt umgekehrt. Da muss ich nicht kontrollieren und brauche auch keine Stechuhr. Die machen das so, dass es passt. Im Prinzip gilt das für alle Eltern. Ist eine Oma mal krank, können die Mütter ihre Kinder auch mit zu uns ins Büro bringen. Was sollten wir dagegen haben? Das bringt doch nur Leben in die Bude, wenn hier mal ein paar Dreijährige durch die Gänge flitzen. Außerdem geben wir allen Eltern einen Zuschuss zu Kinderbetreuungskosten.

Auch sonst versuchen wir, unsere Mitarbeiter über das übliche Maß hinaus zu unterstützen. Wir haben hier in Niederbayern nicht nur das Glück, in einer der schönsten Regionen der Welt zu wohnen. Hier ist alles auch noch halbwegs erschwinglich. Ein einfacher Brauer oder Melzer kann sich mit viel Eigenarbeit ein eigenes Haus bauen. Wir geben dazu zinsgünstige Kredite. Will einer die Abendschule besuchen oder ein Fernstudium absolvieren, geben wir ebenfalls finanzielle Unterstützung oder stellen auch mal frei. Das alles sind zum einen keine Ausgaben, die unsere wirtschaftliche Existenz gefährden. Zum anderen bin ich fest davon überzeugt, dass wir sehr viel von unseren Mitarbeitern zurückbekommen. Wir haben nicht nur ein wunderbares Betriebsklima, sondern auch sehr engagierte Mitarbeiter. Das gemeinsame Ergebnis steht im Mittelpunkt, und das kann man dann auch an handfesten Zahlen ablesen. Unsere Produktivität beim Herstellungsprozess ist höher als im Branchendurchschnitt. Zudem haben wir mit jährlich drei Tagen pro Kopf einen sehr geringen Krankenstand. Laut AOK sind es in unserer Region im Schnitt acht Tage im Jahr.

Die Verbundenheit mit unserer Region ist uns generell sehr wichtig. Das ist keine Floskel. Konzernbrauereien kaufen üblicherweise über den Preis ein. Wenn möglich, beziehen wir alle unsere Rohstoffe von hier, auch wenn das ein wenig mehr kostet. Dafür wissen wir genau, welche Qualität wir bekommen. Arabische Öl-Scheichs und russische Gas-Magnaten trinken kein Weißbier, niederbayrische Waldbauern sehr wohl. Deshalb wollen wir unsere Heizungsanlage jetzt auf Hackschnitzel umstellen, die mit heimischem Holzabfall befeuert wird. Wenn unser Pfarrer ein neues Pfarrhaus braucht, geben wir einen Zuschuss. Wir unterstützen die örtlichen Sportvereine genauso wie ein Obdachlosen-Zeitungsprojekt in Regensburg. Wenn das ein bisschen

PR bringt, haben wir auch nichts dagegen. Dieses Jahr haben wir auch eine Organisation für Krebsbegleitung unterstützt. Das hat einen traurigen Hintergrund: Zwei unserer Mitarbeiter sind an Krebs erkrankt. Vielleicht hört sich das nach Klischee an, aber wir fühlen uns hier wirklich wie eine große Familie. Als die beiden ins Krankenhaus mussten, hat der gesamte Betrieb für sie eine Wallfahrt nach Altötting unternommen. Mit fast 100 Leuten waren wir da. Die beiden Kollegen sollten wissen, dass wir uns mit ihnen auch über die Arbeit hinaus verbunden fühlen.


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.