Frankreich: Merkwürdige Tradition

Getrunken wird er überall, Art und Zubereitung allerdings sind mitunter gewöhnungsbedürftig – zumindest für den deutschen Geschmack. Wie und wo genießen die Menschen in anderen Ländern heute ihren Kaffee? Eine Reise um die Welt.





Es klingt ein wenig nach „Des Kaisers neue Kleider“. Da ist eine Stadt seit vielen Jahrzehnten berühmt für ihre Cafés, in denen Einheimische wie Touristen stundenlang zu sitzen und bei einer Tasse Kaffee ihre wunderbare Umgebung zu beobachten pflegen. Bis irgendwann jemand wagt, das Unaussprechliche auszusprechen: Der Pariser Kaffee ist alles andere als ein Genuss, zu scharf geröstet, schlecht zubereitet, er schmeckt … ganz ehrlich? ... einfach mies.

Spätestens seit dem Aufkommen der internationalen Coffeeshop-Ketten haben sich die Pariser Kaffeetrinker in zwei Lager gespalten: jene (meist Touristen oder Expats), die sich im Internet Adressen von guten Kaffeehäusern weiterreichen, von Häusern, die Wert auf die Ausbildung ihrer Baristi sowie die Qualität ihrer Kaffeemaschinen legen und sorgfältig geröstete Arabica-Bohnen anbieten. Und die anderen (meist echte Pariser), die seit ihrer Jugend nichts anderes gewohnt sind als eben jene scharf gerösteten Robusta-Kaffees, aufgepeppt mit Haltbarmilch. Die Tradition dieses merkwürdigen Geschmacks ist übrigens geschichtlich zu erklären. In den ehemaligen französischen Kolonien in Westafrika wird hauptsächlich Robusta angebaut, entsprechend wurde dessen Import von der Regierung gefördert. 

Zwar gehört der schnelle, scharfe „Expresso“ an der Bar noch zum Straßen- bild, doch immer mehr Restaurants und Cafés verlassen sich nicht mehr darauf, dass der Gast, vor allem der ausländische, von der Schönheit der Boulevards ausreichend abgelenkt wird, um die mäßige Kaffee-Qualität nicht zu bemerken. Sie weisen schon an der Tür auf die Kaffeemarke hin, die man hier serviert. So wie oft stolz auf der Speisekarte vermerkt wird, von welchem Schlachter der Küchenchef sein Fleisch bezieht.

Einen Latte macchiato bestellt man nach wie vor vergeblich, und auch bei einem Cappuccino kann es sein, dass der Kellner eine Augenbraue hochzieht und den Gast verständnislos anblickt. Spielereien wie diese holt man sich in den Coffeeshops. In einem Pariser Café heißt der Milchkaffee „café crème“ und kommt nicht im Halbliterglas daher, sondern in der überschaubaren Tasse. 

Die große Frage ist, ob sich der Trend zum Qualitätskaffee in einer entschleunigten Mentalität der Pariser niederschlagen wird. Im Vergleich zur Robusta-Bohne enthält Arabica nur halb so viel Koffein. 


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.