Im Fokus der Forscher

Die Wirkungen von Kaffee sind vielfältig – kein Wunder bei mehr als 1000 Inhaltsstoffen. Und so beschäftigt sich die Wissenschaft auch schon seit mehr als 100 Jahren mit dem Getränk. Ein Institut in der Schweiz bietet eine Plattform mit den aktuellen Untersuchungen. 

Kaffee in zahlen 2015


Das internationale Institute for Scientific Information on Coffee (ISIC) widmet sich seit 1990 der Untersuchung, Sammlung und Auswertung wissenschaftlicher Studien über Kaffee und seine Auswirkung auf die Gesundheit. Das Produkt ist bestens erforscht: Jedes Jahr erscheinen weltweit mehrere Hundert Untersuchungen. Das ISIC sammelt, analysiert und veröffentlicht sie in Kurzform auf seiner Website coffeeandhealth.org – die Wissenschaftler des Instituts setzen die Ergebnisse aus den verschiedenen Ländern auch miteinander in Beziehung und schreiben eigene Berichte.

Hierzulande ist das Deutsche Grüne Kreuz die älteste ­Organisation für Gesundheitsaufklärung. Auch auf seiner Homepage kaffee-wirkungen.de sind viele Erkenntnisse zu Kaffee, Koffein und den jeweiligen Einflüssen auf den menschlichen Körper zusammengetragen. Aus gutem Grund: Rund um die braune Bohne ranken sich viele ­Mythen und Märchen – auch und gerade mit Blick auf Kaffeekonsum und Gesundheit. Tatsächlich ist das Getränk, in Maßen genossen, in vielerlei Hinsicht gesundheitsfördernd. Nicht wenige wissenschaftliche Studien weisen Kaffee sogar risikominimierende Eigenschaften bei schweren Erkrankungen und Zivilisationskrankheiten nach.

Zum Beispiel bei Diabetes Typ 2. Die Stoffwechselstörung zählt hierzulande zu den häufigsten Volkskrankheiten: Allein rund sechs Millionen Deutsche sind betroffen – und die Zahl steigt kontinuierlich. Nicht unwichtig zu wissen, dass Kaffee für die Betroffenen offenbar eine schützende Wirkung besitzen kann. Schon vor einigen Jahren hat eine Expertengruppe eine systematische Auswertung aller bis dahin erschienenen Studien zum Thema Diabetes Typ 2 und Kaffee- (koffeinhaltig und entkoffeiniert) sowie Teekonsum veröffentlicht. Die Metastudie aus dem Jahr 2009 umfasste insgesamt 970.139 Teilnehmer. Und ihr Ergebnis war eindeutig: Mit steigendem Kaffeekonsum sank das Risiko für die Entstehung von Diabetes Typ 2. Konkret lag es bei Probanden, die täglich drei bis vier Tassen Kaffee oder Tee tranken, um etwa ein Viertel niedriger als bei den Testpersonen, die ­keinen Kaffee tranken.
Diesen Zusammenhang bestätigte auch eine Studie aus den USA mit 123.733 Testpersonen: Schon eine Tasse Kaffee mehr pro Tag senkte das Risiko für Diabetes Typ 2 auf einen Wert von 0,87 bei einem Referenzwert von 1,00 („Alter­nate Healthy Eating Index score“, Diabetologica).
Welcher Wirkstoff diese Schutzfunktion auf welche Weise ausübt, weiß die Wissenschaft zurzeit allerdings noch nicht ausreichend. Koffein wird es in diesem Fall nicht sein, die positive Wirkung ist auch beim Genuss von entkoffeiniertem Kaffee oder Tee zu beobachten. Vermutet wird, dass unter anderen die im Kaffee enthaltenen Antioxidantien eine wichtige Rolle spielen (Huxley R. et a. (2009) Coffee, Decaffeinated Coffee, and Tea Consumption in Relation to Incident Type 2 Diabetes mellitus, Archives of Internal Medicine).

Auch bei einer anderen typischen Alterskrankheit kann Kaffee offenbar einen positiven Nutzen stiften: So weisen beispielsweise mehrere Studien darauf hin, dass langjähriger, moderater Kaffeekonsum (drei bis fünf Tassen täglich) das Risiko, im Alter an Alzheimer oder anderen Demenzformen zu erkranken, reduzieren kann. Anzeichen für einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Kaffee und dem verringerten Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, gab es schon länger. Jetzt haben chinesische Wissenschaftler die Vermutung erhärtet. Sie analysierten in 2014 große Kohortenstudien mit mehr als 200.000 Teilnehmern und stellten fest: Kaffeetrinker tragen ein geringeres Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, als Männer, die nie oder nur selten Kaffee konsumieren. Ihr Risikowert liegt bei 0,88 bei einer Referenz von 1,00 (Cao, S. et al.: Coffee consumption and risk of prostate cancer: a meta-analysis of prospective cohort studies; Carcinogenesis. 2/2014).
Eine etwas ältere Studie (2011) aus den USA mit 47 911 Männern zum selben Thema kommt zu dem Ergebnis, dass der Risikowert von Kaffeetrinkern in Relation zu Nicht-Kaffeetrinkern bei einem Konsum von mehr als sechs Tassen pro Tag auf 0,83 (Referenzwert 1,00) sinkt (Quelle: Journal oft the National Cancer Institute). Es gibt inzwischen auch Indizien für positive Effekte des Kaffeekonsums auf andere Krebsarten, die jedoch weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen bedürfen.

Das schlechte Image, das Kaffee lange anhaftete, weil er als schädlich für das Herz galt, wurde in den vergangenen Jahren durch eine ganze Flut wissenschaftlicher Untersuchungen zerstreut. Deren durch die Bank knappes Resümee: Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird durch den Konsum von Kaffee nicht erhöht.
Im Jahr 2011 untersuchten amerikanische Wissenschaftler in einer großen Populationsstudie mit 130 054 Teilnehmern das relative Risiko, an Herzrhythmusstörungen zu erkranken. Ihr Fazit: Bei einem Konsum von vier oder mehr Tassen pro Tag sank der Risikowert auf 0,8 (Referenzwert: 1,0 und Konsum von weniger als einer Tasse Kaffee pro Tag; Quelle: The Permanente Journal).

Auch zum Einfluss von Kaffeekonsum auf das relative Schlaganfallrisiko gibt es inzwischen zahlreiche Erkennt­nisse. Eine Metadatenanalyse von elf Studien mit insgesamt 479 689 Personen aus dem Jahr 2011 belegt auch hier einen grundsätzlich positiven Effekt: Danach reduziert sein Schlaganfallrisiko am deutlichsten, wer täglich drei bis vier Tassen Kaffee konsumiert (Risikowert von 0,83 gegenüber einem Referenzwert von 1,00 ohne Kaffeekonsum). Bei einem Konsum von acht Tassen täglich ist der Risikowert nicht mehr ganz so gut – mit 0,93 liegt er allerdings noch immer unter dem Referenzwert (Quelle: American Journal of Epidemiology).

Kaffee mit seinen mehr als 1000 Inhaltsstoffen scheint auch die Leber zu schützen, wie Untersuchungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten nahelegen. So haben beispielsweise Testpersonen, die in den 24 Stunden vor dem Test mindestens drei Tassen Kaffee trinken, ein geringeres Risiko für hohe Leberwerte als die Teilnehmer der Vergleichsgruppe, die keinen Kaffee trinken (Xiao Q et al.: ­Inverse associations of total and decaffeinated coffee with liver enzyme levels in NHANES 1999–2010).
Selbst chronische Lebererkrankungen (Fibrosen) reagieren offenbar positiv auf braune Bohnen: Bei regelmäßigem Kaffeekonsum verlangsamt sich der Verlauf der Krankheit (Modi, A. A. et al. Hepatology, 51, 201–209, 2010; Costentin, C. E. et al. J Hepatology, 54, 1123–9, 2011).

Kaffee macht übrigens nicht abhängig, auch wenn manch einer überzeugt ist, morgens nur mit einer Tasse Kaffee in den Tag starten zu können. Tatsächlich gewöhnt sich der Körper an eine regelmäßige Zufuhr von Koffein, er ent­wickelt eine Toleranz – eine Abhängigkeit oder Sucht ist das aber nicht. Ein Abhängigkeitssyndrom ist genau definiert, es müssen mindestens drei von sechs Kriterien erfüllt sein (etwa ­unüberwindbares Verlangen, die Substanz einzunehmen, immer größere benötigte Mengen). Erst dann spricht die Wissenschaft von einem Suchtmittel. Dies ist bei Koffein nicht der Fall. Trotzdem kann Entzugserscheinungen bekommen, wer auf eine hohe gewohnte Dosis Koffein verzichtet – zum Beispiel leichte Kopfschmerzen.

Während einer Schwangerschaft gelten besondere Ansprüche an eine gesunde Ernährung. Weil Koffein über die Plazenta in den kindlichen Blutkreislauf gelangt, ist der Genuss von Kaffee bei Schwangeren besonders häufig Gegenstand von wissenschaftlichen Studien. Und tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass ein hoher Koffeinkonsum in der Schwangerschaft zu einem leicht geringeren Geburtsgewicht führen kann. Die Studien aus den vergangenen zehn Jahren sehen aber bei einem moderaten Kaffeegenuss keine Anzeichen für ein erhöhtes Risiko für Komplikationen.
Werdende Mütter müssen also nicht auf Kaffee verzichten, sollten eine tägliche Koffeindosis von 200 Milligramm aber nicht überschreiten, das entspricht etwa zwei Tassen pro Tag. Bei den empfohlenen Grenzwerten muss allerdings bedacht werden, dass Koffein auch in Tee, Kakao oder in einigen Softdrinks enthalten ist. Frauen, die ganz sicher gehen oder mehr als die empfohlene Menge an Kaffee trinken wollen, können auf entkoffeinierten Kaffee ausweichen (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.).

Wer sich intensiver mit den Studien auseinandersetzen möchte, findet weiterführende Informationen auf der ISIC-Seite coffeeandhealth.org und in Teilen auf der deutschsprachigen Seite kaffee-wirkungen.de. Dort stehen auch Broschüren zum Download bereit.


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.