Fritz Pleitgen, ehemaliger Intendant des WDR, Geschäftsführer Ruhr 2010 GmbH:

Obwohl ich im Rheinland geboren wurde und nach langem Auslandsaufenthalt dort wieder gelandet bin, werde ich von vielen hartnäckig Ostwestfalen zugerechnet. Mir werden sogar ostwestfälische Eigenschaften nachgesagt. Ich zähle sie hier nicht auf, um nicht in den Verdacht des Eigenlobs zu geraten, da mir die angedichteten Charakterzüge durchweg ehrenwert sind. Daraus ist zu schließen, dass es jenseits des Teutoburger Waldes um den Ruf der Ostwestfalen gut steht. Ich selbst habe keine Veranlassung, dem zu widersprechen.


Gut, ein bisschen schwer haben sie sich mit uns getan, als wir nach Ausbombung im Westen und anschließender Evakuierung in den Osten als abgerissene Flüchtlinge 1945 im vom Krieg kaum versehrten Bünde aufkreuzten. Die ersten Jahre danach waren nicht heiter, sondern von Hunger und Entbehrung geprägt. Doch dann ging es bergauf, sodass ich allen Grund habe, mich gerne an meine Jugendzeit in Ostwestfalen-Lippe zu erinnern, in der Fußball, lebhafte Schuljahre und ausgedehnte Radtouren in damals ferne Länder die Hauptrolle spielten. Den lippischen Teil habe ich als Fußballer des Landesligisten SV Ennigloh 09 intensiv kennengelernt, wobei wir stets mit einer herzhaften Behandlung durch das Publikum rechnen konnten. Trotzdem hat es Spaß gemacht.

Entscheidend für mein weiteres Leben aber war, dass ich als Sport- und Lokalreporter meine berufliche Grundlage in Bünde gelegt habe. Wer weiß, ob mir das anderswo auch so gelungen wäre! Ich erwähne jedenfalls bei allen meinen Kar-riere-Abschnitten ­ ob als Chefredakteur, Radio-Direktor, Intendant, Präsident der Europäischen Rundfunkunion, als Doktor oder Professor ehrenhalber ­, dass alles in OWL begonnen hat. Und jedes Mal ernte ich amüsierten Beifall, wenn ich darauf hinweise, dass man auch ohne Abitur ordentlich vorankommen kann, wenn man aus Bünde kommt. Zur Nachahmung empfehle ich mein Verfahren allerdings nicht. Als vierfacher Familienvater setze ich auf andere Vorbilder.

Apropos Jugendzeit: Mit dem einen oder anderen Freund habe ich noch Kontakt, wobei mir Reinhard Lange in Bünde und Eitelfritz Riefenstahl in Bielefeld die nächsten geblieben sind. Gelegentlich werde ich zu Vorträgen eingeladen. Jedes Mal wird daraus eine Reise in meine Vergangenheit. Das Grab meiner Eltern wird mich Zeit meines Lebens mit dem Ort meiner Kindheit in enger Verbindung halten. Wenn ich es besuche, schaue ich mich in der Gegend um. Vieles hat sich verändert, aber eine Reise ist Ostwestfalen-Lippe immer wieder wert.