Wussten Sie, dass ...?

... in Lahr schon Vierjährige Mathematik lernen?





Punkt, Komma, Strich ... Der Erziehungswissenschaftler Gerhard Friedrich malt ein einäugiges Strichmännchen-Gesicht auf ein Blatt Papier und sagt: „Ich hab’ gestern in den Spiegel geschaut und so ausgesehen.“ Die Kinder lachen: „Stimmt gar nicht, du hast zwei Augen.“ Ein einfacher Trick, der die vier- bis fünfjährigen Teilnehmer des Projektes Komm mit ins Zahlenland für Zahlen sensibilisieren soll. Die Kinder aus zwei Kindergärten im baden-württembergischen Lahr sollen spielerisch den Umgang mit Mathematik lernen. Und zwar zehn Stunden lang – so viele, wie das kleine Einmaleins Zahlen hat.

Dazu gehört zum Beispiel, dass die Kleinen einmal in der Woche im so genannten „Zahlenland-Zimmer“ über Bodenfliesen hüpfen, die mit Ziffern beklebt sind. Danach lernen sie eine neue Zahl kennen, von eins bis zehn. Dazu hören sie Lieder mit erst einer, dann zwei und später drei Noten – das letzte Lied erklingt mit zehn Tönen. „Wenn aus Zahlen Ereignisse werden“, erklärt der Initiator Friedrich, „prägen sie sich leichter ein.“ Für die Evaluation des Projektes absolvierten die teilnehmenden Kinder vor und nach dem Programm einen Schuleignungstest. Die Befunde zeigten: Nach dem Zahlentraining lagen Vierjährige beim abstrakten Denken sowie bei allgemeinen Leistungen gleichauf mit untrainierten Kontrollkindern kurz vor der Einschulung. Damit waren sie ihrer Zeit also zwei Jahre voraus.

... neue Bildungsideen für Vorschulkinder jetzt auch Preise gewinnen können?

Der Schokokuss unter der Glasglocke wird größer und größer, die Kinder ringsum staunen. „Weiter!“, rufen die Kleinen einem Jungen zu, der mit einer Vakuumpumpe die Luft aus dem Behältnis pumpt. Durch den sinkenden Luftdruck bläht sich die Süßigkeit auf – bis sie platzt.

Mit der Glasglocke, der Pumpe und dem Schokokuss können Kinder spielerisch die Kraft des Vakuums erkunden. Die Apparatur, die momentan bei wechselnden Ausstellungen zu sehen ist, ist eines von voraussichtlich hundert Exponaten des Exploratoriums Potsdam – einem Museum zum Ausprobieren und Anfassen, das sich speziell an Vorschulkinder richtet.

In der Einrichtung, die Ende 2006 ihre Pforten öffnen soll, können die Kleinen spielerisch Wissensbereiche wie Physik, Biologie, Informatik oder Geologie erkunden. „Wir wollen in erster Linie Neugier und Interesse an den Naturwissenschaften wecken“, sagt Axel Werner, promovierter Physiker und Kurator des Exploratoriums. Werners Mitmach-Museum ist einer von 330 Teilnehmern am bundesweiten Wettbewerb Alle Talente fördern von McKinsey & Company, der besonders vorbildliche Konzepte zur Förderung von Vorschulkindern auszeichnet. Eine Jury von unabhängigen Experten aus Wissenschaft und Praxis bewertet, wie effizient die eingereichten Bildungskonzepte die Chancengleichheit fördern, ob sie sich auf andere Projekte übertragen lassen, mit welchem finanziellen Aufwand sie umsetzbar sind und ob sie langfristig die Situation vor Ort verbessern.

Die Sieger des Wettbewerbs werden beim Bildungskongress der Initiative McKinsey bildet. am 26. und 27. Oktober 2005 in Berlin ausgezeichnet. Die drei besten Projekte werden mit einer Prämie in Höhe von 5000 Euro belohnt, die Verantwortlichen der 20 besten Teilnahme-Projekte gewinnen ein Fortbildungs-Wochenende mit Workshops und Vorträgen von externen Experten und Unternehmensberatern. Dabei lernen sie zum Beispiel, wie sie erfolgreich Spenden eintreiben oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben können. Die erfolgreichen Konzepte, so das Kalkül, sollen als Vorbilder bundesweit Eltern und Erzieher dazu motivieren, neue Wege zu gehen. So würden sich die innovativen Ideen über das ganze Land ausbreiten.

www.mckinsey-bildet.de

... es in Süddeutschland Stipendien für Migrantenkinder gibt?

„Bildung hebt ein Volk ...“ – so hat es der Erfinder und Unternehmensgründer Robert Bosch vor vielen Jahrzehnten postuliert. Die Stiftung, die seinen Namen trägt, übersetzt die etwas staubig klingende Formulierung ins Zeitalter der Globalisierung, indem sie speziell Kinder von Migranten fördert. Denn nur fünf von 100 Ausländerkindern schaffen es bis zum Abitur – bei Kindern deutscher Eltern sind es 30 von 100.

Vernachlässigtes Potenzial, findet die Robert Bosch Stiftung, die mit der Stuttgarter Markelstiftung schon seit 1985 Stipendien an wissensdurstige Kinder von Zuwanderern vergibt. Seit 2003 firmiert das Förderprogramm, das mittlerweile auch von der Landesstiftung Baden-Württemberg getragen wird, unter dem Label Talent im Land.

Mit dem Schuljahr 2005/2006 nimmt Talent im Land auch in Bayern als Projekt der Robert Bosch Stiftung und der Stiftung Bildungspakt Bayern seine Arbeit auf. In beiden Bundesländern erhalten künftig je 50 Kinder aus Zuwandererfamilien Stipendien, die in der Regel im Alter von 14 Jahren beginnen und mit dem Schulabschluss enden. Ausgewählt werden Schüler, die sich durch besondere Leistungen in und außerhalb der Schule hervortun, die ehrgeizig und zielstrebig sind und ein Hochschulstudium im Auge haben. Sie bekommen im Schnitt 200 Euro für Sprachkurse, Bücher oder musisch-kulturelle Interessen. Für zusätzlichen Unterricht, Klassenfahrten oder die Anschaffung eines Computers kann es bei Bedarf Extrazuschüsse geben. Außerdem erhalten die Stipendiaten bei einer eigenen Stiftungsstelle Rat in allen Bildungs- und Lebensfragen und werden regelmäßig zu Seminaren eingeladen.

Von 313 Schülern in Baden-Württemberg, die seit 1985 die Förderung abgeschlossen haben, schafften 206 das Abitur oder ein Fachabitur und 32 die mittlere Reife. Die Stipendiaten kommen aus 17 Ländern, am stärksten vertreten sind Russland, Kasachstan und die Türkei. Rund zwei Drittel der geförderten Schüler sind Mädchen.

www.talentimland.de

... es Ziegenherden nicht nur an Luxusschulen gibt?

Paul-Gerhard Jud kennt die Vorurteile: Wer zum ersten Mal von der Französischen Schule in Tübingen hört, denkt an eine experimentelle Luxusschule. Schließlich gibt es hier Klassenräte zur „Demokratisierung“. Einen Theaterpädagogen. Und eine Ziegenherde. So etwas bieten doch nur Schulen, die keine Sorgen haben, oder?

Falsch. „In unserem Schulbezirk haben wir 50 bis 60 Prozent Benachteiligte“, sagt Jud, Leiter der Schule, „also Aussiedler oder Migranten.“ Dazu kommen Kinder aus der Mittel- oder Oberschicht. Genau deshalb geht die Schule einen ungewöhnlichen Weg: Alle Kinder von Klasse 1 bis 3 lernen gemeinsam in einem Jahrgang. „Das Lernen erfolgt nicht nur über den Kopf, sondern auch über soziale Erfahrung“, erklärt Jud das Konzept. So übernehmen die Drittklässler beispielsweise Verantwortung für Erstklässler – sie lernen durch Lehren. Die jahrgangsübergreifenden Klassen nützten nicht nur den schwachen Schülern, sagt der Leiter, auch die besseren würden besser. Deshalb will Jud das Konzept künftig auch bis zur Klasse 10 ausweiten. Ebenso wie die Schüler der verschiedenen Jahrgänge arbeiten auch die Lehrer eng zusammen – die Pädagogen bereiten ihren Unterricht im Team vor, besprechen regelmäßig die Entwicklungsschritte ihrer Zöglinge. Zudem sollten sie am Computer fit sein, um Grundschülern bei deren Powerpoint-Präsentation helfen zu können. Die Kinder präsentieren damit nämlich regelmäßig vor ihren Mitschülern ihre aus Büchern und dem Internet zusammengetragenen Forschungsergebnisse.

www.franzoesische-schule.de

… in Neuss Unternehmen und öffentliche Hand eine der attraktivsten Schulen gegründet haben?

Schon am Eingang merken Besucher, dass die Internationale Schule am Rhein (ISR) in Neuss eine besondere Schule ist. Dort kontrolliert nämlich ein Wachmann , wer rein oder raus geht. Die gut bewachte Institution wurde 2002 vom Rhein-Kreis Neuss, der Stadt Neuss, der I H K Mittlerer Niederrhein sowie von internationalen und regionalen Unternehmen gegründet. Sie wollten den Standort für ausländische Firmen attraktiver machen – und gründeten eine Schule für die Kinder der Mitarbeiter dieser Unternehmen. Mittlerweile stammt jedoch mehr als die Hälfte der Schüler aus deutschsprachigen Familien in der Region. Kein Wunder: An der Privatschule gibt es kleine Klassen, englischsprachigen Unterricht, individuelle Förderung und Ganztagsbetrieb. Dafür nehmen Eltern und Schüler Schulwege von bis zu 70 Kilometern und ein Schulgeld zwischen 9000 und 14.000 Euro pro Kind und Jahr in Kauf. Und die ISR wächst. Im ersten Schuljahr 2002 kamen 85 Schüler, ab dem nächsten werden es 250 sein. Betreiber der Schule ist das US-amerikanische Unternehmen Sabis. Weltweit werden rund 25.000 Kinder an 27 Sabis-Schulen unterrichtet. Lehrpläne und Lehrmethoden sind an allen Schulen gleich, die Unterrichtssprache ist Englisch. Das ist vor allem für Kinder aus Familien attraktiv, in denen die Eltern beruflich mobil sein müssen.

www.internationale-schule.de

... sich in Ratingen Klein und Groß gefunden haben?

Vier Stunden Unterricht hat die neunjährige Dillan an der Anne-Frank-Grundschule in Ratingen schon hinter sich. Eigentlich müsste sie jetzt müde sein. Aber während ihre Freundinnen nach Hause gehen, freut sie sich auf die Lesestunde mit „ihrer Frau Frankenheim“. Die 60-jährige Sylvia Frankenheim nimmt sich zweimal in der Woche Zeit, hört zu, liest vor und verbessert geduldig Dillans Schreibfehler. Und sie ist eine von 80 Ratinger Mentorinnen, die sich ehrenamtlich um Grund- und Hauptschüler aus bildungsfernen Familien kümmern.

Das Ziel: Die Kinder sollen mit Lust und Selbstvertrauen den Umgang mit der deutschen Sprache lernen. Im normalen Unterricht ist das selten möglich. In Klassen mit etwa 30 Schülern gehen die Schwachen oft unter. Die Mentorinnen sehen sich nicht als Nachhilfelehrerinnen, sie richten sich nicht nach Lehrplänen. Und es gibt keinen Leistungsdruck. Das Geheimnis ihres Erfolgs ist die Zuwendung, ihr Trumpf ist das persönliche Gespräch.

Das Projekt wurde 2004 von der LEG Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklung GmbH in Ratingen ins Leben gerufen. Die Koordinatorin Ina Bisani ist zufrieden: „Die Kinder fühlen sich durch die Mentorinnen ernst genommen. Das merken die Lehrer auch im Schulunterricht – die meisten Kinder sind durch diese besondere Betreuung aufmerksamer und motivierter geworden.“ Vorbild für die Idee ist ein Mentorenprojekt in Hannover. Bundesweit sind ähnliche Initiativen entstanden, beispielsweise in Erfurt oder Oldenburg.

www.leg-nrw.de

... Schüler in Bad Saulgau nonstop tüfteln dürfen?

Sie scheinen ein Abo aufs Siegertreppchen zu haben: Seit 1995 nehmen Schüler des Physiklehrers Rudolf Lehn aus dem oberschwäbischen Bad Saulgau regelmäßig am International Young Physicists Tournament teil. Und von Anfang an waren sie immer unter den ersten drei Mannschaften zu finden. „Sie glauben gar nicht, welche Kräfte so ein Wettbewerb bei den Schülern zusätzlich freisetzt“, schwärmt Lehrer Lehn.

Vor fünf Jahren sorgte er deshalb dafür, dass seine Schüler ein festes Trainingslager für ihre Wettkämpfe erhalten: Lehn gründete das Schülerforschungszentrum (SFZ) in Bad Saulgau – eine Freizeiteinrichtung, in der Schüler aus der Region 24 Stunden täglich, sieben Tage die Woche naturwissenschaftlich forschen und experimentieren können. Neben Physik stehen dort inzwischen auch Molekularbiologie, Chemie, Robotik und Geologie auf dem Programm.

Die Schüler werden betreut von Fachlehrern aus der Gegend, die hier ihre Spezialkenntnisse besser einsetzen können als im Rahmen des schulischen Lehrplans. Ein System der Gegenseitigkeit von Wissen und Neugier, unterstützt von Sponsoren, Hochschullehrern und dem Land Baden-Württemberg. „Es ist unmöglich, an einer Schule derart nachhaltig zu wirken“, erzählt der Gründer Lehn. „Wir wollen aber gar keine bessere Schule sein, wir wollen Schulen unterstützen.“ Momentan setzt das SFZ vermehrt auf die Ausbildung von Grundschülern. Die Sieger der kommenden Physik-Wettbewerbe fangen also inzwischen früh mit dem Lernen an.

www.sfz-bw.de

Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.