Mitarbeiter verzweifelt gesucht

China boomt. Doch wie lange noch? Zwei neue McKinsey-Studien warnen vor der drohenden Wachstumsbremse Nummer eins: dem fehlenden Führungsnachwuchs.
Schon heute liefern sich westliche und lokale Firmen vor Ort einen Kampf um die Talente.




1,72 Meter groß, dunkle Augen, schwarze Haare: So sieht also ein Mann aus, der Chancen hat. Mit Fleece-Sweater und beigen Chinos sitzt er am Holztisch des Starbucks-Cafés in Aachen und spricht leise gegen die Lounge-Musik an, fließend Englisch, zwei Stunden lang. Über Maschinenbau und Management, Autos und Arbeit, Chinesen und Deutsche.

Yang Wang heißt er, ist 25 Jahre alt und gehört zu den Talenten, um die sich derzeit so gut wie alle Unternehmen in China reißen. Geboren in der chinesischen Millionenstadt Wuhan, dreisprachig (Chinesisch, Englisch, Deutsch), Bachelor in Produktionstechnik an der Eliteuniversität Tsinghua in Peking, Teilnehmer des internationalen Master-Studiengangs Industrial Engineering an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH), Praktikum bei der Siemens Transportation Systems in Krefeld, der Firma, die den Transrapid für China entwickelt. Nach dem Examen will Wang ein, zwei Jahre in Deutschland arbeiten und dann zurück nach China – zu BMW oder Volkswagen am liebsten.

Sein Wunsch wird sich wohl erfüllen. Absolventen wie Wang sind selten zu finden, also können sie ihren Lieblingsarbeitgeber wählen. Die chinesische Wirtschaft boomt und kann den Bedarf an qualifiziertem Personal bei weitem nicht decken. Zwar drängen jedes Jahr Millionen chinesischer Hochschulabsolventen auf den Arbeitsmarkt, allein in 2004 verließen 2,54 Millionen ausgebildete Studenten die Universitäten. Für einen Job in multinationalen Unternehmen ist allerdings nicht einmal ein Zehntel der Kandidaten geeignet. Gemessen an der Gesamtbevölkerung im erwerbsfähigen Alter (936 Millionen) sind das knapp 0,3 Prozent. Gut ausgebildete Ingenieure, die das prosperierende Land dringend braucht, sind besonders schwer zu finden: Zwar bilden sie mit 34 Prozent die größte Gruppe an den Universitäten (gefolgt von 20 Prozent Betriebswirten, 16 Prozent Sprachstudenten, 9 Prozent Naturwissenschaftlern und 7 Prozent Medizinern). Für einen Job in westlichen Unternehmen kommen jedoch nur etwa 160.000 Absolventen infrage, ein vergleichsweise kleines Land wie Großbritannien kann unter ebenso vielen Kandidaten auswählen.

Diese Zahlen und was sie für westliche Unternehmen mit ihren ehrgeizigen Wachstumsstrategien in China bedeuten, hat McKinsey & Company vor Ort untersucht. Das McKinsey Global Institute (MGI) hat 83 Personalchefs aus 16 Ländern befragt („Addressing China’s Looming Talent Shortage“), 18 deutsche Personalmanager aus unterschiedlichen Branchen ergänzen das Bild („Talent Management in China“). Es sieht nicht gut aus: Der Mangel an Talenten gefährdet das chinesische Wirtschaftswachstum.

Mobilität – nur von Arbeitgeber zu Arbeitgeber

Die universitäre Ausbildung ist nicht das Problem. Fachlich können Studenten an chinesischen Hochschulen durchaus mit denen anderer Nationen mithalten. Aus westlicher Sicht mangelt es dem Nachwuchs jedoch an Englischkenntnissen, jedweder Art von Berufserfahrung, praktischen Fähigkeiten und kulturellen Kompetenzen im Umgang mit fremden Unternehmenskulturen. Zudem beklagen die Personalchefs ein ausgeprägtes Hierarchiedenken, mangelnde Loyalität, unzureichende Erfahrungen in Team- und Projektarbeit, gefälschte Bewerbungsunterlagen und die fehlende Bereitschaft, sich zu bewegen.

Mobilität über die Landesgrenzen hinaus gilt für das Gros der Hochschulabsolventen als Tabu. Die meisten lassen sich nicht einmal in eine der zwölf Großstädte Chinas locken. Lediglich ein knappes Drittel der Studenten von Provinz-Unis, das hat die Studie ergeben, würde für einen Job in die Metropolen ziehen. Alexander Steinmetz, Leiter Human Resources Asien beim Technologiekonzern Schott, hat noch drastischere Erfahrungen gemacht. Vor einigen Wochen bot er einem chinesischen Mitarbeiter Anfang 30 im Werk der ostchinesischen Zwei-Millionen-Stadt Suzhoù die Leitung einer großen Abteilung an, in Suzhoù, allerdings in einem anderen Stadtteil. Der Mann hätte entweder umziehen oder eine dreiviertel Stunde Fahrzeit in Kauf nehmen müssen. Eine „Mordsbeförderung“ sei das gewesen, sagt Steinmetz, „eine hohe Führungsverantwortung bei exzellentem Gehalt“. Der Kandidat schlug das Angebot aus. Er wollte innerhalb der Stadt nicht umziehen und begründete seine Ablehnung so: „Ich bin in diesem Viertel geboren, meine Eltern sind in diesem Viertel geboren, und ich werde dieses Viertel nicht verlassen.“

Pech für Schott. Alltag in China: Westliche Unternehmen sind Abfuhren gewohnt. Auch Kündigungen sind in der Volksrepublik an der Tagesordnung, vor allem, wenn in der Nachbarschaft eine neue Firma eröffnet hat. Meist reicht schon ein minimal höheres Gehaltsangebot, und schon wechseln die Mitarbeiter den Arbeitgeber. Während die Fluktuationsrate weltweit bei durchschnittlich sechs Prozent im Jahr liegt, bringt es China auf 13 Prozent.

Noch schneller verabschieden sich Führungskräfte vor Ort: Senior Manager in multinationalen Unternehmen sorgen mit ihrer Wechselwilligkeit für eine Fluktuation von 30 bis 40 Prozent. Konzerne verlieren also pro Jahr im Schnitt ein Drittel ihres Managements – ein Horror für jeden Personalchef. Genau wie der Wust aus Zeugnissen, Empfehlungen und Papieren, von denen ein Großteil unvollständig oder gefälscht ist. In den vergangenen Jahren haben fingierte Bewerbungsunterlagen Ausmaße angenommen, die sogar die chinesische Regierung handeln ließen. Neuerdings gewährt sie den Recruitern vor Ort Zugriff zu einer Online-Datenbank, in der sich die Echtheit von Zeugnissen prüfen lässt.

Skepsis ist allerdings auch bei nicht geschönten Unterlagen angebracht, die Berufserfahrung von jungen Chinesen ist mit der von Bewerbern aus anderen Kulturen nur schwer zu vergleichen. „Führungserfahrung findet man, wenn überhaupt, erst bei Vertretern der älteren Jahrgänge“, musste Schott-Personalchef Steinmetz lernen. „Am Anfang der Karriere lautet die Marschrichtung: Linie halten und den Anweisungen folgen.“ Zielvereinbarungen und Eigenverantwortung mögen in deutschen und amerikanischen Unternehmen zu den Klassikern unter den Führungsinstrumenten zählen. In China gelten Anweisung und Kontrolle. „Chinesen erwarten, dass ihnen ihr Chef jeden kleinen Schritt einzeln aufträgt.“

Steinmetz versucht dennoch händeringend, seine zurzeit 20 offenen Stellen mit Einheimischen zu besetzen. Die 400-köpfige Schott-Belegschaft soll weiter wachsen, und Steinmetz braucht die lokalen Kräfte wegen der sprachlichen und kulturellen Integration in der Region. Aber er findet sie nicht. Ein Schicksal, das er mit vielen Kollegen teilt.

Immer mehr Jobs – und keine Kandidaten

Von 1998 bis 2002, so die McKinsey-Recherchen, stieg die Zahl der Beschäftigten in China zweistellig. Vor allem qualifizierte Mitarbeiter sind gefragt: Allein die großen ausländischen Konzerne stellten in diesem Zeitraum pro Jahr zwölf Prozent mehr Mitarbeiter in Leitungsfunktionen ein, bei Joint Ventures betrug der Stellenzuwachs sogar 23 Prozent jährlich. Und das Heer der Arbeitgeber aus dem Ausland wird größer: In den Jahren 2000 bis 2004 stieg die Zahl der Unternehmen mit ausländischem Investment pro Jahr um fünf Prozent – auf insgesamt 240.000.

Sie alle werden chinesische Mitarbeiter brauchen. Bis 2008 errechnete McKinsey allein für Konzerne aus dem Ausland einen Bedarf von 750.000 Studienabgängern. Insgesamt werden dem chinesischen Arbeitsmarkt aber nur 1,1 Millionen geeignete Absolventen zur Verfügung stehen. Noch dramatischer gestaltet sich die Suche nach gestandenen Managern. In den kommenden zehn bis 15 Jahren werden landesweit gut 75.000 Führungskräfte gesucht – zurzeit weist die McKinsey-Statistik für die chinesische Wirtschaft gerade 3000 bis 5000 erfahrene Kräfte aus. Und um sie und den qualifizierten Nachwuchs reißen sich längst nicht mehr nur die gut 1500 deutschen und tausende andere ausländische Unternehmen: Auch die chinesischen Firmen sind begehrte Arbeitgeber geworden.

„Lange Zeit waren ausländische Unternehmen eine ‚class of its own‘. Das hat sich geändert“, sagt Professor Markus Taube, Inhaber des Lehrstuhls für Ostasienwirtschaft/China an der Universität Duisburg-Essen. Die chinesischen Firmen sind selbstbewusst geworden. Und ihre lokalen Marken genießen ein hohes Ansehen in der eigenen Bevölkerung. Die Zeiten, in denen uns das Land nur mit billigem Spielzeug und Weihnachtsschmuck Konkurrenz machte, sind vorbei. Heute können sich die Marken made in China in vielen Branchen mit Weststandards messen lassen, in der Automobilzulieferindustrie beispielsweise, in der Elektronik oder bei weißer Ware. Die typische „Chineseness“ sei gefragter denn je, weiß Taube, der neben seiner Wissenschaftstätigkeit auch deutsche Firmen im Fernen Osten berät. Darauf müssten sich ausländische Unternehmen einstellen – sowohl im Business als auch im Recruiting.

Der Kampf um Talente hat deutlich an Schärfe gewonnen. Die weltweit agierende Personalberatung Egon Zehnder International (EZI) hat ihren Umsatz in China in den vergangenen sechs Jahren verzehnfacht. Das Geschäft boomt, Davy Lau, Managing Partner East Asia, bescheinigt dem Headhunting-Markt vor Ort eine „Goldgräberstimmung“. Seit Mitte der neunziger Jahre sind alle großen Player vertreten. Und alle wollen ein Stück vom Kuchen. „Everyone is trying to do everything“, sagt Lau. Und die Chinesen holen auf. Inzwischen macht EZI bereits ein Fünftel seines Ostasien-Geschäfts mit chinesischen Unternehmen – Tendenz steigend. Kein Wunder, dass sich das Gros der Personalberater weder auf Branchen noch auf bestimmte Positionen spezialisiert. Gesucht wird alles und überall.

Die Konsequenz liegt auf der Hand: Wo die Nachfrage das Angebot so deutlich übertrifft, steigt der Preis. Mit Blick auf die Gehälter qualifizierter Mitarbeiter trifft die Bezeichnung Billiglohnland China jedenfalls nicht mehr zu. Laut McKinsey verdienen sie im Schnitt bereits drei Viertel dessen, was in Deutschland oder in den USA gezahlt wird. Lau beziffert für etliche Toppositionen bereits ein Gehaltsniveau sehr nahe an dem der teuren Expatriates. Konzerne, die erfahrene chinesische Manager einstellen, sparen nur die Extrakosten für die Umsiedlung ihrer Kandidaten“, sagt er.

Die chinesischen Arbeitskräfte sind dennoch heiß begehrt. Bei der McKinsey-Umfrage standen für deutsche Unternehmen sowohl Chinesen, die im Land leben, als auch jene, die derzeit noch im Ausland sind, ganz oben auf dem Wunschzettel der Recruiter. Expatriates folgten erst an dritter Stelle. Unternehmen, die schon länger im Fernen Osten aktiv sind, tauschen ihre Belegschaft sukzessive aus. Laut MGI-Studie planen 40 Prozent der internationalen Firmen den kontinuierlichen Rückzug ihrer ausländischen Senior Manager.

Für Joachim Kayser, Zentralbereichsleiter Konzernführungskräfte der Deutschen Post World Net in Bonn, spielt die Nationalität seiner Führungskräfte in China keine Rolle. Selbst wenn er wollte, könnte er im internen Computersystem nicht nach dem Herkunftsland der Mitarbeiter filtern. „Passport doesn’t matter“, sagt er, das Anforderungsprofil an chinesische Manager unterscheide sich nicht vom „rest of world“. Ums Händchen fürs Business gehe es, um Führungserfahrung. Und natürlich um interkulturelle Kompetenz. „Die kann ein Mitarbeiter durch lokale Berufserfahrung erlangt haben, vielleicht aber auch, wenn er mit einer Chinesin verheiratet ist.“

Bildung – Indien weist den Weg

Seit 1980 bewegt sich DHL, heute eine Tochter der Deutschen Post World Net, auf dem chinesischen Markt. Der Konzern beschäftigt knapp 9000 Mitarbeiter vor Ort. Nicht genug für Kayser: „Fünfstellig wollen wir werden, und zwar sehr schnell.“ Genauer: bis Ende des Jahres.

Wie er das schaffen will, verrät Kayser nicht, das MGI aber weiß: Es wird schwer werden. Wenn die chinesische Wirtschaft wachsen will wie geplant, müsste die Quote geeigneter Absolventen deutlich steigen. Allein der Anteil junger Ingenieure müsste von heute zehn auf 25 Prozent wachsen, hat McKinsey errechnet. Der Konkurrent Indien hat dieses Niveau durch eine gezielte Bildungspolitik in den vergangenen Jahren erreicht, China steht der Ausbau der Universitäten erst noch bevor. Laut MGI gilt es für die chinesische Regierung vor allem, mehr Top-Universitäten zu gründen und die Lehre zu verbessern. Derzeit wachsen die Studentenzahlen so schnell, dass die Investitionen in Bildung nicht mithalten können. Im Zeitraum 2000 bis 2002 sind die Ausgaben pro Student um fünf Prozent gesunken.

Auch die Lehrpläne in Schulen und Universitäten sind aus MGI-Sicht dringend zu überarbeiten. Anwendungsbezogenem Wissen müsse künftig deutlich mehr Platz eingeräumt werden. Und der Englischunterricht muss sich bessern. Elitestudent Wang kann das nur bestätigen. Er selbst büffelte die Fremdsprache zwar zehn Jahre lang in der Schule, gelehrt wurde aber hauptsächlich Grammatik. Weil sich das in absehbarer Zeit kaum ändern wird, versuchen die Arbeitgeber vor Ort selbst Abhilfe zu schaffen. Unternehmen wie Microsoft organisieren längst Kurse mit amerikanischen Muttersprachlern. Dort lernen die Mitarbeiter nicht nur, sich auf Englisch auszudrücken, sondern auch Briefe und E-Mails zu schreiben.

Sport bessert die Laune – und das Image als Arbeitgeber

Die breite Qualifizierung der Belegschaft ist in jedem ausländischen Unternehmen ein Thema, genau wie die Arbeit am eigenen Image. Employer Branding nennen das die Personalmanager. Soll heißen: Solange die Auswahl an Top-Nachwuchskräften beschränkt ist, gilt es, das Ansehen als Arbeitgeber zu polieren.

Matthias Speth kennt sich inzwischen bestens damit aus. Der Vice President Human Resources Degussa China arbeitet seit drei Jahren vor Ort – zunächst mit zwei, inzwischen mit 17 Personal-Kollegen. Eine Mitarbeiterin kümmert sich ausschließlich um die Image-Verbesserung des Konzerns. „In China gilt man etwas bei seiner Familie, wenn man bei einem Markenartikler arbeitet“, sagt Speth. Der Spezialchemiekonzern hat da einen schweren Stand. „Wir müssen uns schon sehr ins Zeug legen, um mit Jobangeboten von Motorola oder Procter & Gamble mithalten zu können.“ Degussa stellt seit 1988 in China Kunststoffe, Schäume und andere Chemikalien her. 2005 erwirtschaftete der Konzern mit 2600 Mitarbeitern an 23 Standorten in der Region gut 320 Millionen Euro. Bis 2008 soll sich der Umsatz fast verdreifachen – auf 900 Millionen Euro.

Damit das gelingt, lässt sich Degussa einiges einfallen. Das „Vacation Program“ ermöglicht den Kindern von Konzernmitarbeitern aus verschiedenen Ländern einen Auslandsurlaub bei Kollegen. 2005 waren 13 chinesische Mitarbeiterkinder bei einer fremden Familie zu Gast. Das „High School Program“ sorgt für einen einjährigen Schüleraustausch im Ausland. Ideen, die sich rechnen – für Mitarbeiter und Unternehmen: „Die Ausbildung ihrer Kinder steht bei Chinesen hoch im Kurs“, weiß Speth. „Sie wollen beste Voraussetzungen schaffen, damit ihr Nachwuchs auf dem globalen Arbeitsmarkt optimale Chancen hat.“ Degussa profitiert vom potenziellen Nachwuchs und dem steigenden Ansehen als Unternehmen.

Auch der Degussa Club erwies sich als lohnende Investition ins Arbeitgeber-Image. Seit vergangenem Jahr organisieren rund 30 Freiwillige Betriebsausflüge, Sportveranstaltungen und den Family Day, bei dem alle Mitarbeiter mit ihren Familien zum Grillen eingeladen sind. „Identifikation mit dem Unternehmen“ wollte Speth mit dem Club schaffen und traf ins Schwarze. Seine Befürchtung, es könnten sich nicht genug Freiwillige melden, erwies sich als unbegründet. „Die Leute haben uns die Bude eingerannt.“ Und die Mitarbeiterbindung ist nachweislich gewachsen. Degussa-Beschäftigte in China kündigen heute lange nicht so schnell wie in anderen Firmen. Mit rund sechs Prozent liegt die Fluktuation mehr als 50 Prozent unter dem Landesschnitt. Speth will sie noch weiter nach unten drücken.

Doch selbst wenn es gelingt, Chinesen an die Firma zu binden: Ohne Kollegen aus dem Westen wird es auch in Zukunft nicht gehen, da sind sich alle Experten einig. Zurzeit arbeiten etwa 150.000 Ausländer in China, mehr als doppelt so viele wie noch vor drei Jahren. Ostasien-Kenner Taube geht davon aus, dass die Zahl weiter steigen wird. Aus der Not heraus. „Aber auch, weil die Multis ihre Leute aus der Zentrale für Kontrollaufgaben und als stabilisierendes Element in der Belegschaft brauchen.“

Deutsche, die ihren China-Einsatz zum Erfolg machen wollen, sollten sich allerdings auf einiges gefasst machen. Sie werden einen Kulturschock erleben, auch im eigenen Unternehmen. Von ihnen wird eine gänzlich andere Arbeitsweise erwartet, zudem werden sie gefordert sein, mit den Kollegen Fußball zu spielen, Familienstreitigkeiten zu schlichten oder bei den Schulproblemen ihrer Kinder zu helfen. „Eine Mischung aus Lehrer und Übervater“ sei gefragt, sagt Professor Taube, „ganz im Sinne des konfuzianischen Wertesystems, in dem das Vater-Sohn-Verhältnis eine besondere Rolle spielt“. Denn auch wenn die Loyalität zu einem Unternehmen in Asien eher unbekannt sei – das persönliche Vertrauensverhältnis zu einer Person zähle umso mehr. Das ist dem westlichen Manager fremd. Und bedeutet eine Chance: „Wenn es gelingt, das Vertrauen der Mitarbeiter aufzubauen, werden sie sich für die Ewigkeit gebunden fühlen.“

Wenn es gelingt, das Vertrauen der Mitarbeiter aufzubauen, werden sie sich für die Ewigkeit gebunden fühlen.

Professor Markus Taub


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.