B&O

Er löst viele Probleme. Er ist effizient und spart Geld. Er hat im Hintergrund ein Callcenter und ist das flexibelste Element des B&O-Service. Kurzum: Er ist einfach gut. Er hat nur ein Handicap: Es gibt ihn viel zu selten.




Maik Fochler organisiert seine Arbeit in Eimern. Rund 20 von ihnen drängeln sich auf der Ladefläche und füllen die Regale seines Transporters. Einer enthält Fugenmesser und Fugendichtmasse, ein weiterer elektrische Messgeräte und Schraubenzieher. Ein dritter hält diverses Klempnerwerkzeug bereit. Der Anstreich-Eimer ist vollgesteckt mit Pinseln und Rollen. Dazu kommen ein rundes Dutzend Farbeimer, die tatsächlich Farbe enthalten, und eine Rigipsplatte. Doch Maik Fochler, 36, junger Vater mit lässigem Ost-Berliner Akzent, ist kein Maler, kein Klempner, kein Elektriker, sondern Maurer. Und trotzdem ist in den meisten seiner Eimer kein Mörtel zu finden.

An diesem Sommertag parkt Fochler seinen Transporter gegen Mittag vor einem vierstöckigen, knallroten Wohnblock im nicht gerade reichen Stadtteil Berlin-Pankow. Den Eimer mit Fugenmesser und Fugendichter in verschiedenen Farben in der Hand, klingelt er bei einem netten, älteren Ehepaar, das ihn in ein blitzblankes Bad führt. Rund eine Stunde lang kratzt er auf Knien bröckelndes Silikon aus den Fugen und ersetzt es durch frisches.

Der nächste Auftrag führt ihn zu einem fünfstöckigen Reihenhaus in Berlin-Wedding und erfordert den Anstreich-Eimer. Übereifrige Klempner hatten wenige Wochen zuvor mit dem Bohrer die Wand zwischen Küche und Bad durchbrochen. Ein Versehen – und ein Fall für Fochler. Das Loch hat er schon vor acht Tagen zugemauert, heute will er die getrocknete Reparatur überpinseln. Ob er den Riss in der Wand im Wintergarten gesehen hat?, fragt das junge Paar. Er hat. Aber da kann er leider nicht helfen, die Wand braucht einen Spezialisten. Also tippt er das Problem in sein Panasonic Toughbook, einen Spezial-Laptop für Handwerker, stoß- und wasserfest. Der Auftrag wird automatisch an die Zentrale weitergeleitet und dort terminiert.

Job Nummer drei wartet im Reihenhaus direkt gegenüber. Im Bad einer jungen Familie ist ein Rohr verstopft. Das Rohr ist sehr lang. Neben dem Klempner-Eimer holt Fochler deshalb eine „Spirale“ aus seinem Transporter: eine lange, metallene Tentakel mit einer Kralle dran und einem eigenen Willen. Das schlangenartige Ding ist so unhandlich, dass es eine ganze Weile dauert, bis es endlich tief im Rohr sitzt – und wenig später eine Handvoll schrecklicher Dinge ans Tageslicht bringt.

Maik Fochler ist ein Allrounder. Ein Handwerker, der neben seinem offiziellen, über Jahre erlernten Beruf auch andere handwerkliche Leistungen erbringt, solange das Gesetz dafür keinen Fachmann verlangt. „Ich mache alles, wenn es nicht zu kompliziert ist“, sagt er. „Maurerarbeiten, wenn der Putz an der Fassade abbröckelt. Pflasterarbeiten am Gehweg. Schimmelbeseitigung. Trockenbauarbeit. Einfache Elektroarbeiten, Glühbirnen im Hausflur austauschen. Doch wenn ich an den Kasten muss, hole ich einen Fachmann.“

Fochlers Allrounder-Laufbahn ist typisch inoffiziell: Er hat in diversen Handwerksbetrieben Kollegen geholfen und im eigenen Haus alles gemacht, was er nur machen konnte. So traut er sich auch Arbeiten in fremden Gewerken zu, die er nicht offiziell gelernt hat. Im Grunde macht er das, was früher ein Hauswart erledigt hätte. Doch auf die verzichtet man heute gern, und so wird für jede Kleinigkeit ein Fachmann geholt. Der Allrounder wäre oft praktischer – aber Praktikabilität ist nicht vorgesehen im deutschen Innungsgesetz. „Was ist das?“, witzelt der Pressesprecher einer großen Handwerkskammer. „Ein Handwerker, der überall ein bisschen zu rund ist?“ Nein, ergänzt er etwas ernster, es gebe weder den Beruf noch die Ausbildung „Allrounder“. Und beides würde es auch niemals geben.

Bei Fochlers Arbeitgeber B&O sieht man das ein wenig anders. Der Erfolg des Dienstleisters für die Wohnungswirtschaft basiert auch auf der Flexibilität und dem Geschick von Menschen wie ihm. Das Unternehmen mit Sitz in Bad Aibling führt für große Wohnungsbaugesellschaften jedes Jahr Tausende von Instandsetzungsarbeiten und Sanierungen durch. Daneben übernimmt es sämtliche Handwerkerarbeiten in rund 500 000 Wohnungen an 28 Standorten in Deutschland und ist damit der größte Komplettdienstleister des Landes. Kann gut sein, dass es auch der größte Handwerksbetrieb hierzulande ist. Immerhin führen rund 800 Handwerker jedes erdenklichen Gewerkes bis zu 800 000 Reparaturen jährlich aus. B&O kümmert sich um alles: Ruft der Mieter an, geht B&O ans Telefon, kommt der Handwerker, ist er bei B&O angestellt.

Eine Rechnung pro Jahr macht die Buchhaltung einfach

Davon profitiert zunächst mal der Mieter, der sich nicht mit dem herumschlagen muss, was wir alle von normalen Hausverwaltungen kennen: Man ruft an, die Sekretärin hebt ab, und man erklärt, dass der Küchenabfluss verstopft ist. Die Sekretärin sucht in der Kartei nach dem Klempner, ruft an, verpasst ihn, hinterlässt eine Nachricht, wird später zurückgerufen, erteilt einen Auftrag. Der Klempner ruft den Mieter an, verpasst ihn, hinterlässt eine Nachricht, wird später zurückgerufen, um einen Termin zu vereinbaren. Eine Woche später, man hat sich an den verstopften Abfluss fast schon gewöhnt, kommt der Mann. Und wenn man ihm zum Abschied sagt: „Ach übrigens, seit einer Woche funktioniert das Licht im Flur nicht“, dann antwortet er: „Da müssen Sie die Hausverwaltung anrufen.“

Für jede Kleinstreparatur wird so eine Menge Zeit und Energie verschwendet: vom Mieter, von den Handwerkern, von der Verwaltung. Müssen im selben Haus am selben Tag eine Lampe repariert, ein Rohr gereinigt und ein Wasserfleck entfernt werden, treten sich Elektriker, Klempner und Maler auf die Füße. Jeder von ihnen verursacht Papierkram, lange Diskussionen und Anfahrtskosten, die außerdem gern auf die halbe oder volle Stunde gerundet werden. Hinzu kommen der bürokratische Aufwand und am Ende zahllose Rechnungen, die von der Buchhaltung alle einzeln bearbeitet und beglichen werden müssen. Schon das allein beschäftigt viele Menschen: In der Wohnungswirtschaft fällt pro Mieteinheit und Jahr im Schnitt eine Reparatur an. Bei 10 000 Wohnungen im Bestand bekommt eine Wohnungsbaugesellschaft im Jahr also etwa 10 000 einzelne Rechnungen.

B&O stellt seinen Kunden pro Jahr eine einzige Pauschalrechnung, zahlbar in monatlichen Raten. Das schafft Planungssicherheit für die Auftraggeber, stellt den Dienstleister allerdings vor eine gewaltige Herausforderung: Er muss mit dieser Summe auskommen. Stürmt es in einem Jahr besonders schlimm, sodass der Strom in Tausenden Wohnungen ausfällt, frieren in einem extrem kalten Winter viele Rohre ein oder erhöhen sich die Preise für Farbe und Fugendichter, kann B&O die höheren Kosten nicht in Rechnung stellen. Das ist ein Problem. Und es muss durch immer bessere Abläufe jeden Tag neu gelöst werden.

Auch das ist nicht zum Nachteil der Mieter. Denn gerade weil B&O die Kosten niedrig halten muss, kann sich das Unternehmen unfähige Arbeitskräfte oder schlampige Reparaturen nicht leisten. „Unsere Handwerker sind sauber, gut und schnell“, sagt Rabih Kanaan, Geschäftsführer von B&O Service Berlin GmbH in Pankow. Kanaan ist ein freundlicher, gut gelaunter Deutsch-Libanese mit einem gepflegten bayerischen Akzent, der aber auch berlinern kann, wenn es hart auf hart kommt, wie er sagt.

Und hart kommt es ziemlich oft. „Der Hauptpunkt ist die Logistik“, erklärt der 35-Jährige. „Wir müssen schnell beim Kunden sein, den kürzesten Weg nehmen, nicht dreimal hinfahren.“ Der Heilige Gral dieser Logistik: die Arbeitswege so weit zu optimieren, dass der Handwerker einen zusätzlichen Auftrag am Tag unterbringen kann. Im Moment schafft jeder Allrounder täglich fünf bis acht Einsätze. Wenn es mithilfe von besserer Software, noch besserer Planung, der Optimierung der Arbeitsabläufe und einem Bonussystem gelingt, dass jeder Handwerker auch nur einen weiteren Auftrag am Tag annimmt, hat B&O seinen Heiligen Gral gefunden. Denkbar ist das überhaupt nur, weil es so patente und vielseitige Experten wie Maik Fochler in der Belegschaft gibt, die zudem komplett fest angestellt ist: Während der freie Handwerker gern mal eine volle Stunde abrechnet, auch wenn er nur 40 Minuten beim Mieter war, hat der B&O-Handwerker durch das großzügige Aufrunden keinen Vorteil und kann stattdessen – beispielsweise weil ihm dafür ein Bonus winkt – die verfügbaren 20 Minuten in die nächste Anfahrt investieren.

Allerdings lässt sich auch die ausgeklügelste Logistik nicht endlos optimieren. Irgendwann stellt jeder Handwerker fest, dass er das nötige Material nicht im Transporter hat und zum Fachhändler fahren muss. Oder der Mieter hat, weil sein Deutsch nicht reichte, das Problem falsch erklärt, und die Zentrale hat den falschen Mann losgeschickt. Oder es steht eine Frau mit Kopftuch hinter der Tür, deren Mann nicht zu Hause ist – dann darf der Handwerker die Wohnung nicht betreten und muss einen neuen Termin ausmachen. Vor allem aber kosten die Anfahrtswege viel Zeit. „Berlin ist schwierig“, seufzt Kanaan. „Es gibt Zeiten, da kommt man einfach nicht durch die Stadt.“

Maik Fochler hat das alles auch schon erlebt. Trotzdem wirkt er zufrieden. Er ist schnell und effizient, scheint seine Arbeit zu mögen, und er schnackt gern mit den Mietern, die im Türrahmen stehen und ihm zuschauen. Während die Kollegen auf dem Bau oder in einem Sanierungsprojekt den ganzen Tag oder gar Wochen mit einem einzigen Auftrag beschäftigt sind, umgeben von Kollegen und unter der Aufsicht des Chefs, ist er tagsüber sein eigener Herr, und seine Aufgaben sind kleinteilig. Fast immer geht es um Arbeiten, die man in einer Stunde erledigen kann: Durchlauferhitzer defekt, Armaturen austauschen, Wasserfleck an der Wand überpinseln. Manche Aufträge sind so klein, dass es fast peinlich ist: Glühbirne im Flur austauschen. Sicherung wechseln. Mit seinen Kollegen oder mit seinem Chef hat er nur wenig Kontakt. Dafür muss er in der Lage sein, mit den Mietern umzugehen.

Rabih Kanaan (links) und Jürgen Callies sorgen dafür, dass alle Mieterwünsche zügig erfüllt werden.

Ein funktionierendes System fördert die Gelassenheit

Da war zum Beispiel der nuschelnde Herr, der beim Abschied den Auftrag nicht mehr unterschreiben konnte, weil er betrunken umkippte und sich von Fochler ins Bett helfen ließ. Oder die Dame, die ihn mit wüsten Beschimpfungen empfing, sodass er die Tür wieder zumachte, kurz wartete und dann ein zweites Mal klingelte. „Als sie dann aufmachte, war sie wie ausgewechselt“, sagt er. „Die Freundlichkeit in Person.“ Entspannt kommt man eben weiter. Fochler kann sich diese Gelassenheit auch leisten, weil er ein gut funktionierendes System hinter sich weiß.

Die Berliner Niederlassung von B&O ist nicht schwer zu finden, und doch hat man das Gefühl, sich verlaufen zu haben, bis man direkt vor ihrer Tür steht. Von der S-Bahn-Haltestelle Blankenburg läuft man lange durch eine Wohngegend, über einen Bach, vorbei an einem idyllischen See und endlosen Schrebergärten, bis man endlich, versteckt in einer Nebenstraße, einen kleinen Industriepark aus rotem Backstein entdeckt. Es ist nicht gerade das, was man erwartet. In einer Handwerkerfirma erwartet man ... na ja, Handwerker eben. Gerätschaften aller Art. Mindestens eine Lagerhalle voller Besen und Leitern. Stattdessen ist das Kernstück der Niederlassung ein Callcenter.

Ein heller Saal mit 30 Schreibtischen in zehn Reihen, von denen im Sommer tagsüber etwa die Hälfte besetzt sind. Die mit Stellwänden voneinander abgetrennten Arbeitsplätze sind mit jeweils zwei Computerbildschirmen plus Telefonanlage bestückt. Die Mitarbeiter, die nicht telefonieren, gleiten auf ihren rollenden Bürostühlen herum und plaudern leise in den breiten Gängen.

Claudia Tetzel, 45, ist seit fast zwei Jahren „Call Agent“. Bei ihr klingelt es alle paar Minuten. Sie hebt ab. Eine männliche Stimme, gar nicht erregt oder frustriert wie so oft, sondern eher verwundert, beschreibt ein rätselhaftes Problem: Es kommt kein Strom aus den Steckdosen. Frau Tetzel tastet sich heran. „Haben Sie die Sicherung überprüft?“ Sie hat eine beruhigende Stimme. Die Sicherungen funktionieren, meint der Mieter. Er weiß das, weil er sie eigenhändig ausund wieder eingeschaltet hat, als er eine Glühbirne wechseln wollte. „Und seitdem gibt es keinen Strom im Haus?“ Doch, doch, das schon. Alle Lampen funktionieren. Nur eben die Steckdosen nicht. Frau Tetzel scheint zufrieden. Auch wenn sie das beschriebene Phänomen nicht versteht, tippt sie es ins System und bestellt einen Elektriker. Sie hat keine Ahnung, was in der Wohnung passiert ist. „Aber das ist wie beim Arzt“, sagt sie. „Der ist auch auf die Beschreibung des Patienten angewiesen. Er kann nur fragen, wo es wehtut.“

Notfall bedeutet von Kunde zu Kunde etwas anderes

Jürgen Callies hat mit den Jahren schon so ziemlich jede denkbare Problembeschreibung gehört. Der 46-Jährige leitet die Berliner Niederlassung und ist für das Callcenter verantwortlich, das im B&O-Jargon Servicezentrale heißt. Callies ist schlank und zurückhaltend, eher sachlich. Und so erklärt er auch, wie sein Aufgabenbereich funktioniert. Man muss sich das B&O-System wie eine Sanduhr vorstellen – das Callcenter ist die Mitte: Oben fließen Tausende von Reparaturwünschen ein, die von einigen Dutzend Call Agents angenommen und in ein Computersystem eingespeist werden. Die Aufträge werden gesammelt, sortiert und wieder ausgespuckt, an all die Experten und Allrounder im System, die den breiten Unterbau bilden. Wenn dann am nächsten Morgen Hunderte von Handwerkern zur Arbeit kommen, sehen sie auf ihren Zeitplänen ihre Termine und machen sich auf den Weg zu Tausenden von Wohnungen.

Jede Wohnungsbaugesellschaft hat einen etwas anderen Vertrag, je nachdem, welchen Service sie von B&O erwartet. Zum Beispiel definieren die Kunden „Notfall“ ganz unterschiedlich. Bei einigen gilt schon als Notfall, wenn in der Küche das warme Wasser ausfällt, also muss der Handwerker sofort hin, egal, ob Tag oder Nacht. Bei anderen Kunden muss der Mieter im Zweifel einen Tag lang sein warmes Wasser aus dem Bad holen. Deshalb sind jedem Kunden bestimmte Call Agents zugewiesen, die die Bedingungen kennen und auch im Saal zusammensitzen.

Auf Bildschirmen wird angezeigt, wie lange es nach dem ersten Klingeln im Durchschnitt dauert, bis der Call Agent das Gespräch annimmt. Viel Zeit zum Trödeln hat er nicht: „Wir sind den meisten Kunden vertraglich verpflichtet, 80 Prozent der Anrufe innerhalb der ersten 20 Sekunden anzunehmen“, sagt Callies. An einem Sommertag ist dieses Ziel vergleichsweise leicht zu erreichen. Im Winter wird es kompliziert. „Dann ist hier die Hölle los“, sagt Callies. „Wir haben bis zu 5000 Anrufe am Tag.“ Im Winter fallen Heizungen aus, Weihnachtsbäume brennen, Silvesterböller explodieren auf dem Dach. Dann braucht der Mieter ein Hotel oder eine Ersatzwohnung und jemanden, der sich ein wenig um ihn kümmert – oft mitten in der Nacht. Deshalb sind die zwei Callcenter (neben dem in Berlin gibt es noch eines in der Zentrale in Bad Aibling) dann mit bis zu 70 Personen voll besetzt, ein Notfall-Team von Handwerkern steht während der Nacht ebenfalls bereit.

Das ist die größte Herausforderung für die Personalpolitik: Wohin mit den Kollegen im Sommer, wenn man nur wenige Mitarbeiter braucht? Callies bittet die Belegschaft, wenn möglich im Sommer in Urlaub zu gehen, damit im Winter durchgearbeitet werden kann. Für die stressigen Winter-Wochenenddienste organisiert er zusätzlich zu den Festangestellten 400-Euro-Jobber. Das ist kein schlechter Job. Im Gegensatz zu all den unerfreulichen Pflichten, die man in anderen Callcentern mitunter hat, müssen die Call Agents von B&O die Probleme der Mieter nur so weit verstehen, dass sie den richtigen Handwerker hinschicken und einen Termin vereinbaren können. Freundlichkeit ist außerdem gefragt und ein guter Ton auch mit denen, die zur Stammkundschaft zählen. „Einige Mieter kennen wir beim Namen. Sie rufen regelmäßig an, auch wenn es nicht wirklich ein Problem gibt. Sie wollen nicht stören, sagen sie, aber dies oder jenes im Haus sei ihnen aufgefallen, ob sie das vielleicht melden sollen? Das sind meist alte Menschen, die allein leben.“

Callies ist stolz darauf, dass seine Kollegen es fast immer schaffen, den Kunden zufriedenzustellen. Manchmal klappt das nicht auf Anhieb, er erinnert sich beispielsweise noch gut an jenen Mieter, dessen Heizung unentwegt Klopfgeräusche von sich gab. „Wir haben gesucht und gesucht, immer wieder Handwerker dahinbestellt, es hat wirklich lange gedauert, bis wir das Problem fanden. In solchen Fällen schicken wir auch mal einen Blumenstrauß und entschuldigen uns für das Prozedere.“

Auch ein Callcenter kann ein angenehmer Arbeitsplatz sein.

Der Handwerker soll nicht auf sein Geld warten müssen

Auch das ist der besonderen Rolle des Unternehmens geschuldet. Anderswo mögen unzufriedene Mieter mit ihren Beschwerden zwischen Vermieter, Verwaltung und Handwerksunternehmen hin und her gereicht werden. Bei einem Komplettdienstleister undenkbar: Wer zuständig ist für Koordination, Reparatur und Kosten, der ist auch verantwortlich für die Kundenzufriedenheit. Die Wohnungsgesellschaft hat sämtliche Aufgaben schließlich delegiert – und sie erwartet zu Recht, dass sich die Jahrespauschale an den Dienstleister auch rechnet. Das tut sie in Teilen schon durch den geringeren Aufwand in der Verwaltung. Nicht minder bedeutsam für große Vermieter sind allerdings die Mieter, die sich gut betreut und aufgehoben fühlen. In der Wohnungswirtschaft liegt die Fluktuationsrate bei rund zehn Prozent. Und jeder Mieter-Wechsel ist teuer: Renovierung, Leerstand, Mietausfall, die Suche nach neuen Bewohnern – das summiert sich. Zufriedene Mieter wechseln die Wohnung nicht so leicht.

Genau wie zufriedene Mitarbeiter auch ihrem Arbeitgeber treu bleiben. B&O kann sich, was das angeht, eigentlich nicht beklagen. Ausruhen kann sich das Unternehmen auf seinem guten Image in der Branche aber nicht. „Wir wachsen stark“, sagt Rabih Kanaan. Aber der Handwerkernachwuchs in Deutschland ist knapp. Um die Personallücke zu schließen, rekrutiert das Unternehmen inzwischen schon Facharbeiter im europäischen Ausland, zum Beispiel in Polen. Daneben versucht der Dienstleister attraktiv zu sein für Arbeitnehmer, die aus anderen Firmen ausscheiden. Bedeutsam für diese Klientel, weiß Kanaan, sind vor allem Respekt und Vertrauen. Die Höhe des Einkommens ist natürlich auch ein wichtiger Punkt, aber längst nicht so wichtig wie ein pünktliches Gehalt. „Das ist ein Problem in deutschen Betrieben – zu oft muss der Handwerker da auf sein Geld warten. Maik Fochler, der Allrounder, hat das ganz ähnlich formuliert. Auf die Frage, was er an seinem Arbeitgeber schätzt, sagt er unter anderem: „Ich kriege am Monatsende immer mein Geld.“

Der Allrounder ist händeringend gesucht – leider nicht von jedem

Umgekehrt ist einer wie er bei B&O besonders hoch angesehen. Ein Allrounder kann der Firma pro Auftrag rund 40 Prozent der Kosten sparen. Wenn beispielsweise im Bad eine Bodenfliese wackelt und dadurch Estrich und Gipswand zu Schaden gekommen sind, würden normalerweise nacheinander ein Estrichleger, ein Fliesenleger und ein Maler anrücken. Gesamtkosten: 110 Euro. Ein Allrounder kann den Gesamtschaden in einem Termin beheben. Arbeitszeit und Material bleiben genauso teuer, aber es fallen zwei Anfahrtszeiten weg. Gesamtkosten: 70 Euro.

Kein Wunder, dass B&O die Zahl der Multitalente erhöhen will. Unter der Handwerker-Belegschaft in Berlin sind derzeit nur etwa ein Fünftel Allrounder. Rabih Kanaan kann sich sogar vorstellen, eine eigene Ausbildung für Alleskönner anzubieten. Das wäre ein erster inoffizieller Schritt dahin, aus dem Allrounder einen anerkannten Beruf zu machen. Leicht wird das nicht, so viel ist sicher. Denn Handwerk hat nun mal eine lange Tradition: In keinem anderen Bereich stammen so viele Berufe aus dem Mittelalter wie im Handwerk. Auch deshalb werden Innovationen in diesem Segment eher skeptisch beäugt, und das gilt besonders für neue Berufe, erst recht für etwas, das sich selbst Mischberuf nennt. „Hierzulande herrscht immer noch Zunftdenken“, hat Kanaan gelernt. Der Geschäftsführer des Berliner Servicecenters hält trotzdem an seiner Allrounder-Idee fest. Warum sollte es nicht möglich sein, in Deutschland einen neuen Beruf einzuführen?, fragt er.

Tja, warum nicht? Aufgrund von ernüchternden Beispielen vielleicht? Die Tätigkeit eines Hauswarts ist in Deutschland ebenfalls uralt und durchaus respektiert, aber auch dafür gibt es keine Ausbildung, und der Beruf wird nicht offiziell als Handwerk anerkannt.

Das lässt für den staatlich anerkannten Allrounder wenig Gutes hoffen, so sehr man ihn sich auch wünschen würde. Gäbe es ihn, könnte man ihn als die Rückkehr des Hauswarts unter anderem Namen bezeichnen. Man könnte es auch die Rückkehr des gesunden Menschenverstands nennen. Die Innungen würden es kaum mögen. Die Mieter würden es lieben.


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.