Titel: Die besten Wirtschaftskanzleien 2024
Schwerpunkt: Wirtschaftskanzleien 2024
Drei Beispiele aus dieser Ausgabe:
Haltung, bitte! – Wie deutlich dürfen Juristen sich politisch äußern? Neun sehr deutliche Meinungen
Recht unterhaltsam – Von wegen grau! Sieben Juristen, die ihre Leidenschaft für Youtube, Japan und Menschenrechte leben.
Wem die Stunde schlägt – Abrechenbare Stunden ade? Wie sollen Kanzleien Leistungen abrechnen, wenn Kollege KI immer mehr Aufgaben übernimmt?
Bestenliste 2024: Die besten Wirtschaftskanzleien in Deutschland
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Erscheinungsdatum: 18. Mai 2024
Umfang: 114 Seiten
Viel zu tun
/ Seit ChatGPT und seine diversen Kollegen in den Kanzleien Einzug gehalten haben, lassen sich Teile der juristischen Wertschöpfung schneller und damit sehr viel effizienter erbringen. Weniger Stunden bedeuten aber auch weniger Umsatz, schließlich ist bis heute die Billable Hour, die abrechenbare Stunde, das Maß aller Dinge. Ist also das Ende des alten Vergütungssystems in Sicht? Wie können Leistungen abgerechnet werden, wenn Stundensätze wegfallen? Und wie lässt sich die Arbeit von Juristen bemessen, wenn künstliche Intelligenz (KI) einen ordentlichen Teil der Leistung erbringt? David Selbach hat sich in der Praxis umgehört – und den Status quo für unser Heft skizziert (Seite 22).
Um die Billable Hours könnte es übrigens schon bald auch ohne KI geschehen sein, warnt Professor Matthias Kilian, Direktor des Instituts für Anwaltsrecht an der Universität Köln. Die bisherige Praxis verstoße gegen EU-Recht, meint der Vergütungsexperte (Seite 30).
Ist KI eine Person? Das haben wir den Technologie-Anwalt Jens Matthes von A&O Shearman gefragt. Seine Antwort war eindeutig: „Dass eine KI schon bald bei uns anklopft und sagt, ich habe jetzt Bewusstsein und möchte Rechte und Pflichten, halte ich für Science-Fiction-Gedöns.“ ChatGPT sah das im Gespräch mit unserer Autorin Meike Kirsch ganz ähnlich (Seite 16).
Auch diese Frage trieb die Redaktion aus gegebenem Anlass um: Dürfen, ja müssen sich Kanzleien zu politischen Themen und gesellschaftlichen Krisen äußern? Sollen Juristen Standpunkte beziehen – zu Russland? Zur AfD? Zur Gaza-Krise? Sie haben den Eid abgelegt, die verfassungsmäßige Ordnung zu verteidigen. Das verpflichtet – aber wozu? Mia Pankoke, Kathi Preppner und Jennifer Spatz sammelten sehr unterschiedliche Stimmen der Zunft (Seite 6).
Wohin sich die Branche entwickelt, war Kern des Gesprächs, das Christoph Koch mit Kristin Stark von Fairfax Associates in Kalifornien führte (Seite 72). Die Strategieexpertin berät Wirtschaftskanzleien zu Zukunftsfragen, skizziert eine Branche im Wachstumsfieber – und beobachtet auf dem amerikanischen Markt schwindende Loyalität (jeder vierte Associate wechselt das Unternehmen) und steigende Gehälter: „Derzeit sind wir bei 225.000 Dollar pro Jahr in Städten wie New York oder Chicago. Aber selbst in den etwas kleineren Märkten sind die durchschnittlichen Einstiegsgehälter von etwa 180.000 auf 190.000 geklettert. Das ist viel Geld – aber wenn eine Kanzlei weniger bezahlt, bekommt sie nur, wen sonst niemand haben möchte. Oder generell weniger neue Associates, als sie braucht.“
Die Einkünfte haben allerdings einen hohen Preis, wie Dorit Kowitz herausgefunden hat (Seite 82). Die Autorin hat sich mit der Schattenseite des Topjobs befasst und mit Expertinnen und Betroffenen über das gesprochen, was nur selten nach außen dringt, den Berufsstand aber eben auch prägt: seelische und körperliche Schäden. In den USA müssen nach der großen Studie „Lawyer Well-Being“ rund 36 Prozent der Juristen als Problemtrinker eingestuft werden, 28 Prozent haben mit Depressionen zu kämpfen, zahllose andere mit Angstzuständen, Selbstmordgedanken, Arbeitssucht und Schlafmangel. Für Deutschland gibt es keine vergleichbaren Daten, kleine Studien lassen jedoch eine ähnliche Problemlage befürchten.
Es gibt also viel zu tun – innerhalb und außerhalb der Wirtschaftskanzleien. Und das wird so bleiben, wie der Philosoph Christian Schüle in seinem Stück analysiert: Je mehr die wirtschaftliche Verflechtung weltweit wächst, desto unentbehrlicher wird die Arbeit der Spezialisten, schreibt er (Seite 32). Jedes Gesetz aus Berlin, jede neue Richtlinie aus Brüssel verlangt eine Reaktion. Das bedeutet viel Arbeit, beschert der Branche ein enormes Wachstum. Und ist für uns noch ein Grund mehr, mit unseren Bestenlisten für Transparenz zu sorgen. //