brand eins 06/2014 (App)

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Titel: Das Maß aller Dinge

Schwerpunkt: Geld

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Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Gabriele Fischer in ihrem Editorial:

Der Maßstab

Osman Ali Khan war Ende der Dreißigerjahre der reichste Mann der Welt. Sein Vermögen wurde auf damals unfassbare zwei Milliarden Dollar geschätzt – damit hätte er es 2014 gerade mal auf Platz 870 der globalen Milliardärsliste geschafft. Zumindest für einen kleinen Teil der Menschheit scheint Geld aus geheimen Quellen zu sprudeln, während es andernorts an allen Ecken und Enden fehlt. Kein Wunder, dass es über jenen Schmierstoff, der die Wirtschaft am Laufen hält, mehr Verschwörungstheorien und Fehlinformationen gibt als über die CIA.

Patricia Döhle und Ingo Malcher, beide seit Jahren aus unterschiedlicher Perspektive mit dem Thema befasst, wollten es beim sanften Grusel nicht bewenden lassen. Sie planten einen Schwerpunkt Geld, der das in dunkle Sphären entschwundene Tauschmittel wieder zurückholen soll – zu uns, in den Alltag. Denn ja: Das Maß aller Dinge ist aus den Fugen geraten. Und nein: Dunkle Mächte sind nicht schuld daran.

Eher schon wir, die Kunden, die sich mangels Information immer wieder über den Tisch ziehen lassen. Und da ist es nur ein schwacher Trost, dass es den Käufern teurer Kunst kaum besser geht (S. 133, 134, 108). Ganz offenbar hat die Vernunft, wenn es um Geld geht, einen schweren Stand. Deshalb verrechnen sich Einkäufer, die nur an der Preisschraube drehen (S. 102). Deshalb hat die Stiftung immer noch Konjunktur (S. 116). Und deshalb kämpfen all jene auf verlorenem Posten, die Investmentbankern ihre Millionen-Boni streichen wollen (S. 48).

Regiert die Gier? Das ist zu einfach, wie Holger Fröhlich bei seinem Besuch in der ältesten Kommune Deutschlands erfuhr. Dort ist die Gier ausgesperrt, das Geld seiner Funktion als Vergleichsmaßstab beraubt. Dennoch ist es im Zusammenleben ständig präsent (S. 120). Und auch die Versuche, einfach eine neue Währung einzuführen, die all die Nachteile der alten beseitigen soll, sind anerkennenswert – aber keine Lösung des Problems (S. 76).
Wir müssen uns schon mit dem herumschlagen, was wir haben: einem Geld- und Währungssystem mit Verbesserungsbedarf. In welche Richtung allerdings neu justiert werden soll, ist eine Frage mit hohem Streitpotenzial, wie zwei mögliche Antworten zeigen. Die eine stammt von der Europäischen Zentralbank, die für die einen Retter, für die anderen Totengräber des Euro ist (S. 68). Die andere von Branko Milanovic´, der seit Jahrzehnten die Einkommensentwicklung der Welt untersucht und die Reichen davor warnt, noch reicher zu werden, wenn sie ihr Geld behalten wollen (S. 40).

Immer mehr zu haben ist eben auch beim Geld nicht die vernünftigste Lösung, immer besser zu werden aber bedarf des Mutes und der Fantasie. An beidem fehlt es Akseli Virtanen nicht. Mit Robin Hood Minor Asset Management will er die Wall Street mit ihren eigenen Waffen schlagen und gleichzeitig Geld sammeln für die Verbesserung der Welt. Ein bisschen verrückt, zugegeben, aber auch eine schöne Idee (S. 62). Brunello Cucinelli ist schon einige Etappen weiter. Vor zwei Jahren ist der für seine Werteorientierung bekannte Mode-Unternehmer mit einem Teil seiner Firma an die Börse gegangen. Wie er die Kultur seiner Firma trotz des hohen Renditedrucks erhält, ist großes Kino. Und ein Beispiel dafür, dass Werte und Geld keine Gegensätze sind (S. 128).
Denn Geld ist nur das Mittel. Wir definieren den Zweck.

Gabriele Fischer
Chefredakteurin 

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