brand eins 04/2010

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Titel: Wie weiter?

Schwerpunkt: Lebensplanung

Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer in ihrem Editorial: Die Alternative

• Was waren das für gemütliche Zeiten. Als man noch wusste, dass man mit dem richtigen Studium ausgesorgt hatte. Als die Formulierung "Der Vertrag endet automatisch mit dem Erreichen des 65. Lebensjahrs" nicht wie ein Witz klang, sondern wie ein Versprechen. Als es noch die Chance gab, alles richtig zu machen. Und heute? Weiß nicht einmal mehr die Berufsberatung, was morgen gebraucht wird. Sind Karrieren nicht mehr planbar. Und Brüche so normal wie früher die goldene Uhr zum 25-Jährigen. Kein Wunder, dass der Burn-out zum Bestseller-Thema geworden ist. Dass sich so viele überfordert fühlen. Und die Frage "Wie weiter?" nicht mehr nach Herausforderung klingt, sondern nach Kapitulation. Das Dumme ist nur: Es ändert nichts an der Lage, nur an der Stimmung. Und die könnte deutlich besser sein. Denn wo nichts mehr planbar ist, wird vieles möglich. Wo keiner mehr die richtige Weiche stellen kann, fährt er nicht lebenslang auf dem gleichen Gleis. Und wer sich einmal falsch entschieden hat, kann seine Entscheidung revidieren. So er denn eine Ahnung hat, wohin er will. Sportler zum Beispiel wollen erst einmal aufs Treppchen. Und dann? Die Leere danach muss furchtbar sein, der Moment, in dem nicht mehr das nächste Rennen im Terminkalender steht, sondern – nichts. Der Schwimmer Michael Groß hat den Sprung geschafft. Vielleicht, weil er sich immer bewusst gemacht hat, dass nach den Siegen noch Leben übrig ist (S. 84). Das kann auch helfen, wenn die erste Etappe nicht so klar vorgezeichnet ist. Denn Gründe, sich auf den Bruch vorzubereiten, gibt es genug. Die einen wollen irgendwann den Preis nicht mehr bezahlen, den der Konzern für leidliche Sicherheit und Aufstiegsmöglichkeiten verlangt (S. 96). Andere haben sich von den Eltern aufs falsche Gleis schieben lassen, vielleicht auch vom eigenen Ehrgeiz oder den Entscheidungen des Chefs. Oder sie sind jung genug, sowieso nicht mehr an die stabile Karriere zu glauben. Für viele, die heute ins Berufsleben einsteigen, ist "Weiter!" ein Schlachtruf, kein resignatives "Wie weiter?" mehr (S. 64, 108). Das fällt naturgemäß leichter, wenn man etwas zu bieten hat, das der Markt dringend braucht. Ganz vorn auf der Personalwunschliste zumindest technikorientierter Unternehmen steht eine Spezies, die schwer einzufangen ist: Der Nerd, im klassischen Klischee der kalten Pizza mehr zugetan als der täglichen Dusche, hat sich in der modernen Arbeitswelt längst unentbehrlich gemacht – nur dass er es mit dem Normal-Arbeitsverhältnis nicht so hat (S. 128). Mit Geld allein, das ist schon klar, ist diese Klientel nicht zu locken. Was aber will sie dann, fragte sich die Telekom und suchte die Antwort bei einem Camp (S.72). Die Verantwortlichen hätten auch mal bei Crytek vorbeischauen können, einer Firma, die Computerspiele entwickelt, nebenbei neue Formen des Arbeitens erprobt und längst gelernt hat, dass sie die Organisation um die Menschen herum bauen muss, nicht umgekehrt (S. 116). Und die anderen, die für die Schönheit des Algorithmus unempfänglich und eher normalbegabt sind? Auch für sie geht es weiter, egal, ob nach vorn, rechts oder links. Maler zum Beispiel könnten lernen, dass der Kunde nicht nur Störfaktor ist (S. 90). Werber, dass Kreativität und Managementfähigkeit kein Widerspruch sein müssen (S. 102). Und jeder Einzelne, dass es ein Fortschritt ist, wenn wir uns immer wieder fragen können: Wie weiter (S. 50)? Was wäre die Alternative?

Gabriele Fischer Chefredakteurin

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