brand eins 04/2009

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Titel: Wir lieben die Vielfalt!

Schwerpunkt: Führung / Unterschied

Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer in ihrem Editorial: Die Nonkonformisten

• Zwölf Frauen, gleiche Haltung, gleiches Outfit. Alle gleich? Natürlich nicht. Jede für sich hat ihre Identität, ihre Geschichte, einige kommen aus anderen Ländern, bringen andere Erfahrungen mit. Vielfalt also. Und doch bleibt ein seltsames Gefühl von Konformität zurück. Das ist, in Kurzform, das Problem mit der Diversity. Als Management-Schlagwort hat sie längst ihre besten Zeiten hinter sich, als Herausforderung ist sie aktueller als je zuvor. Denn gerade in Zeiten, in denen Ideen gesucht werden und nach neuen Wegen nahezu panisch gefahndet wird, hilft es durchaus, mal zu hören, was der andere sagt. Nur wo sind sie, die anderen Stimmen? Wo sind die Früchte all jener Diversity-Programme, die sich so ziemlich jedes größere Unternehmen in der Vergangenheit verordnet hat? Jetzt, da man sie brauchen könnte, sind die Nonkonformisten nicht da. Warum? Vielleicht, gibt der Philosoph Bernhard Waldenfels zu bedenken, hat man bisher nur versucht, dem Störfaktor das Störende zu nehmen? Das Fremde, sagt er, "bedeutet keine weitere Anforderung, die man einfach noch anderen hinzufügen kann." (S. 82) Genau so aber, so weist brand eins-Autor Wolf Lotter nach, wurde die Anforderung nach mehr Vielfalt in den meisten Unternehmen erfüllt: "Nur dort, wo man muss, herrscht emsige Betriebsamkeit. Denn solche Regeln kann man wenigstens bearbeiten, einordnen – während die konsequente Umsetzung von Diversity alles infrage stellt." (S. 54) Da wäre zum Beispiel das Antidiskriminierungsgesetz, von der Politik halbherzig gewünscht, von der Wirtschaft aus vollem Herzen abgelehnt – ein schönes Beispiel dafür, wie verordnete Vielfalt an der Realität zerschellt (S. 78). Oder die Sache mit den Frauen: Sie werden gebraucht, gewünscht, gefördert – offiziell. Doch als der Autor Mathias Irle wissen wollte, warum eine Frau im Durchschnitt trotzdem noch immer 25 Prozent weniger verdient als ein Mann, stieß er nicht nur auf seltsam widersprüchliche Zahlen. Er fand auch heraus, dass in Unternehmen erstaunlich selten Geschlechterdiskriminierung herrscht, allerdings: Belohnt und gefördert wird Konformität (S. 70). Wer Vielfalt will, muss sich einlassen, offen sein. Und respektieren, dass der andere anders ist, weil er nicht ist wie man selbst. Dann könnte er beispielsweise schon vor der eigenen Haustür mit dem Üben beginnen (S. 104). Oder bemerken, dass berufstätigen Müttern nicht nur die flexible Tagesmutter fehlt, sondern vor allem die Akzeptanz ihrer Arbeitgeber, dass Kinder in Regelwerke schwer einzubinden sind (S. 90). Das ist nicht leicht. Und doch ganz sinnvoll, wenn man morgen noch am Markt bestehen will. Denn Individualität zu achten empfiehlt sich nicht nur als Führungskraft – Individualität bestimmt auch zunehmend das Geschäft. Ob Senioren (S. 112), Ausländer (S. 124) oder Bauherren (S. 128): Sie alle suchen, was ihre ureigenen Bedürfnisse erfüllt. Und selbst die Internet-Gemeinde, behauptet zumindest der Ciao-Mitgründer Maximilian Cartellieri, lerne so langsam, dass es nicht um die Klugheit der Masse geht, sondern um das einzelne Talent (S. 120). So betrachtet, zeigt auch das Titelbild ein anderes Motiv. Nicht zwölf Frauen sind dort abgebildet, auch nicht zwölf Menschen im Business-Kostüm. Es zeigt: zwölf Individuen.

Gabriele Fischer Chefredakteurin

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