Titel: Tatütata
Schwerpunkt: Gesundheit
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Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer:
Wo stehen wir?
Wer heute Filme aus den Neunzigerjahren sieht, fühlt sich in ein fernes Zeitalter versetzt. Vieles stand noch ganz am Anfang: Es gab noch keinen Touchscreen, aber die ersten Mobiltelefone, es gab noch kein WLAN, wohl aber Internet. Und mit Craig Venters erster Entschlüsselung eines menschlichen Genoms gab es die Hoffnung, endlich den übelsten Krankheiten beikommen zu können: Die Zukunft hatte begonnen. In vielen Bereichen des Lebens ist sie angekommen. Und in der Medizin? Wo stehen wir?
Mit dieser Frage haben wir uns auf einen Markt begeben, der jeden von uns betrifft. Gesundheit ist nicht nur das höchste Gut, sondern auch ein beachtlicher Wirtschaftsfaktor: 6,8 Millionen Menschen erwirtschaften eine Bruttowertschöpfung in Höhe von 324 Milliarden Euro. Sie heilen, pflegen, forschen und arbeiten am alten Menschheitstraum: wenn schon nicht ewig, dann doch zumindest so lange wie möglich gut zu leben.
Das ist ein Kampf an vielen Fronten, einige haben wir uns genauer angesehen. Den Kampf gegen Aids, allein schon, weil er zu den siegreichen Schlachten zählt. Aber auch in der Behandlung von Krebs hat es Fortschritte gegeben, wenn auch längst noch nicht den in den Neunzigerjahren prognostizierten Sieg. Obwohl Biotechnologen in aller Welt immer neue Strategien ersinnen, hat die Gentechnik bislang kein Allheilmittel hervorgebracht. Kann sie auch gar nicht, sagen Experten, die Krankheit sei zu vielfältig und jeder kleine Sieg teuer erkauft (S. 46, 72, 54, 62).
Überhaupt, die Kosten: Wenn eine Therapie schon mal eine halbe Million Euro im Jahr kosten kann, wird nicht nur Krankenkassen-Vertretern flau. Ob sie sich rechnet, ist eine unsentimentale und doch notwendige Frage. Ob sie so teuer sein muss, auch (S. 38, 128, 80).
Wo sinnvoll gespart werden kann, ist im Gesundheitssystem die alles beherrschende Frage. Eine der Antworten: Weniger ist mehr. Deutsche gehen überproportional oft zum Arzt, lassen sich öfter operieren und die teuersten Medikamente verschreiben. Dabei ist zum Beispiel beim Alltagsleiden Rückenschmerz längst erwiesen, dass der Patient ohne Arzt oft genauso gut oder besser zurechtkommen kann. Auf der anderen Seite ist kaum ein Land so resistent gegen mögliche Fortschritte, die die Digitalisierung bringen könnte: Die elektronische Patientenkarte liegt auf Eis, Telemedizin wird von Funktionären erbittert bekämpft, und selbst geprüfte und zugelassene medizinische Apps werden nur zögernd von Krankenkassen anerkannt. Auf dem Gesundheitsmarkt, so ein erstes Fazit unserer Exkursion, wird der Fortschritt immer wieder behindert, weil zu viele zu unterschiedliche Interessen beteiligt sind (S. 116, 132, 140).
Dass es dennoch vorangeht, ist Menschen zu verdanken, die sich nicht aufhalten lassen. Die kann man zum Beispiel in Tuttlingen finden, einer kleinen schwäbischen Stadt, die es zum Zentrum für Medizintechnik gebracht hat. Man findet sie aber auch in vielen Laboren und Praxen: Menschen mit einer Mission. Sie hat es immer schon gegeben, neu ist jedoch: Sie nutzen immer häufiger die Möglichkeiten weltweiter Kommunikation. Der Kampf gegen Ebola ist dafür ein eindrucksvolles Beispiel – er wäre nicht gewonnen worden ohne Überzeugungstäter, die zusammenarbeiten können (S. 92, 114, 106).
Das ist ein Fortschritt, der weit tragen kann.