Titel: „Spielt splitternackt, spielt in Jeans, spielt im Transenfummel.“
Schwerpunkt: Vorbilder
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Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer:
Orientierungspunkte
• In unübersichtlichen Zeiten sehnt sich der Mensch nach Halt. So mancher sucht sie in Ideologien oder in Filterblasen, wo alle einer Meinung sind – oder er orientiert sich an besonderen Menschen. Weil sie sich durch Rückschläge nicht entmutigen lassen, weil sie sich etwas trauen, etwas bewegen oder einfach nur zu ihrer Meinung stehen.
Wer so ein Vorbild ist? Entscheidet jeder für sich. Welche Menschen einen beeindrucken, ist eine höchst subjektive Angelegenheit und nichts, was sich durch Abstimmung entscheiden ließe. Die Menschen und Ideen, die wir in dieser Ausgabe vorstellen, sind deshalb als Vorschlag und Anregung zu verstehen – das Vorbild für alle ist eher etwas für eine Diktatur.
Autoritäre Regimes setzen gern auf den selbst konstruierten Helden, und manchmal übernimmt, wie in Russland, der Herrscher selbst den Job. Vielleicht fällt es deshalb demokratisch gesinnten Zeitgenossen eher schwer, ihre Vorbilder zu nennen. Vielleicht hat die Zurückhaltung aber auch etwas mit einem Missverständnis zu tun: Vorbilder sind nicht die Idealform von einem selbst – sie sollten im Gegenteil, sagt der Wirtschaftshistoriker Werner Plumpe, ganz anders sein (S. 130, 38).
So betrachtet, machen Konzerne alles richtig, wenn sie von Start-ups lernen wollen, die Praxis allerdings wirft einige Probleme auf. Stockholm dagegen hat es nach Ansicht einiger Beobachter geschafft: Die schwedische Hauptstadt gilt als europäische Silicon-Valley-Kopie – was glücklicherweise ein Irrtum ist. Und was macht Aachen besonders? Der Dom natürlich, der Karlspreis, die Hochschule. Und eine Unternehmerschaft, die sich entschlossen hat, ganz ohne Subventionen und staatliche Unterstützung ihrer altehrwürdigen Stadt zu zeigen, was Digitalisierung kann. Noch weiß niemand, ob das Vorhaben gelingt – aber vorbildlich ist auch, wer etwas riskiert (S. 94, 46, 70).
Wie Natalie Grams, die allerdings für so manchen eher Hexe als Idealfigur ist. Die Ärztin führte eine homöopathische Praxis, bis sie an die Heilkraft von Globuli nicht mehr glaubte. In einem Buch beschrieb sie den Konflikt, gab ihre Praxis auf und wird seitdem als Ketzerin verfolgt. Doch sie bleibt standhaft, kann nicht anders, ähnlich wie die Krimi-Schriftstellerin Birgit Lohmeyer. Die hatte mit ihrem Mann eigentlich die ländliche Idylle gesucht – und eine Nazi-Hochburg gefunden. Christian Sywottek hat sie erzählt, warum sie nicht weicht (S. 122, 126).
Was alle von uns vorgestellten Vorbilder eint? Sie sind nicht angetreten, eines zu werden. Sie haben Probleme erkannt und Lösungen gesucht, sich von Verbrechern nicht unterkriegen lassen oder weiter gesehen als der Rest. Und bisweilen taugt schon zum Vorbild, wer standhaft bleibt: Der Informatiker Klaus-Robert Müller ist ein Experte für maschinelles Lernen, der längst im Silicon Valley sitzen könnte; er hat gute Gründe für die Technische Universität Berlin (S. 142, 112, 106, 64, 84, 86, 88, 58).
Ihr persönliches Vorbild ist nicht dabei? Dann sagen Sie uns, wer Ihres ist und warum. Darüber nachzudenken ist in jedem Fall eine hübsche Übung, bei der sich schon mal einiges sortiert. Mir jedenfalls hat sie Spaß gemacht (S. 56).
Gabriele Fischer
Chefredakteurin