Schwerpunkt: Lust
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Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer:
Ja, ich will
• „Worauf hast du Lust?“, ist eine der Fragen, die man Kindern an verregneten Urlaubstagen gern stellt. Meist bekommt man darauf ähnlich unklare Antworten wie von Erwachsenen. Die einen wissen nicht, was sie wollen, die anderen denken bei Lust erst einmal an Sex. Tatsächlich ist die Frage nach der Lust komplizierter, als sie klingt: Sie verlangt die klare Entscheidung für etwas, ohne Relativierung und Hintertür.
Vielleicht ist sie deshalb ein wenig aus der Mode gekommen. Vielleicht ist sie aber auch ein Opfer der Inflation. Wolf Lotter jedenfalls erlebt die Lust als allgegenwärtig: „Die Guten haben immer Bock auf irgendwas.“ Wer hip sein will, muss begeistert sein – vom Job, vom Fußball, von der Familie und ja, auch vom Sex (S. 38).
Der ist längst im Lifestyle angekommen. Wer heute Sexspielzeug herstellt, lockt seine Kunden nicht mehr in düstere Rotlicht-Läden – der lädt zu Dildopartys, vertreibt Stimulatoren mit Swarovski-Steinchen und hat vor allem die weibliche Kundschaft im Blick. Und auch die Pornoindustrie ist wandlungsfähiger, als man so denkt: Ob Fotografie, Videokassette oder Virtual-Reality-Brille – die ersten lukrativen Einsatzmöglichkeiten entstanden hier (S. 102, 108).
Wer anderen Freude machen will, darf eben nicht stehen bleiben. Das wissen Werber so gut wie alle, die mit Unterhaltung ihr Geld verdienen. Der einstige Cinemaxx-Vorstand Christoph Ahmadi hat sich deshalb mit neuen Partnern auf ein ganz anderes Feld verlegt: Statt still sitzen sollen seine Kunden heute springen, in ihren inzwischen drei Trampolinparks. Und auch für den Techno-Musiker Fritz Kalkbrenner ist der Spaß der anderen eine Herausforderung: „Der Künstler sollte nicht vergessen, dass der Konzertbesuch für seine Gäste mit einigem Aufwand verbunden ist. Die sollen etwas Singuläres erleben“ (S. 74, 92, 96).
Das hält nur durch, wer Freude an dem hat, was er tut. Was aber, so fragen sich viele, könnte das sein? Die Suche nach dem richtigen Weg kann auf die Bühne führen, in die Küche oder nach Namibia. Oder, zumindest kurzfristig, ins Abseits. Moritz und Thomas Neubronner wussten schon als Kinder, was sie wollen, nur war das leider nicht erlaubt: Sie wollten nicht lernen, was andere sie lehrten, verweigerten die Schule. Und sind heute dennoch nicht dumm. Wie Lust auf Bildung gefördert werden kann – dazu haben die beiden, aber auch unser Kolumnist Stephan Jansen einige Ideen (S. 54, 82, 118, 120).
Vielleicht könnte auch Jörg-Uwe Neumann zur Diskussion beitragen: Der Zahnarzt hat vor sieben Jahren auf Museumsleiter umgeschult. Als er kam, sollte die Rostocker Kunsthalle geschlossen werden, heute erfreut sie sich wachsender Beliebtheit, und auch die Besucherzahlen entwickeln sich gut. Verständlich, dass Neumann anfangs nicht die erste Wahl der Kunstkenner war, erstaunlich, wie der Autodidakt sie zu überzeugen verstand (S. 68).
Wer sich entschieden hat, kann etwas bewegen. Und der weiß auch die Antwort auf die Frage: Worauf hast du Lust? Als ersten Schritt empfiehlt der geübte Genießer Vincent Klink die Beschäftigung mit dem Tod: „Der ist Voraussetzung für Lust und Freude und erinnert einen daran, dass man nichts aufschieben darf“ (S. 86).
Das taugt als Leitlinie für den Urlaub – und für danach.
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