Oatly

Mit harter Kritik im Netz sind Firmen schnell überfordert. Der schwedische Hafermilch-Hersteller Oatly dagegen versucht, die Wucht von Shitstorms in Rückenwind zu verwandeln.





• Oatly? Das ist doch ein gieriges Kapitalistenschwein!

Sie sollten sich schämen, für Geld Kompromisse einzugehen.

So lauten in etwa die Vorwürfe, die tagtäglich in den sozialen Medien gepostet werden. Man kann sie auch gesammelt nachlesen, auf der Website Fckoatly.com. Das Erstaunliche: Hinter der Seite steht nicht etwa ein garstiger Oatly-Hasser, sondern das Unternehmen selbst.

Dass die Emotionen derart hochkochen, liegt sicherlich auch daran, dass der Hafermilch-Hersteller aktivistisch auftritt: Je mehr Menschen auf Milch verzichten und stattdessen vegane Ersatzprodukte nutzen, desto besser für das Klima – so lautet die Botschaft. Wer sich als Weltretter hinstellt, provoziert damit jedoch, dass man ihn selbst besonders kritisch beäugt. Besteht die eigene Kundschaft dann noch aus umweltbewussten, teils vegan oder vegetarisch lebenden, kapitalismuskritischen Menschen, macht man sich erst recht angreifbar. Sobald eingeschworene Oatly-Fans das Gefühl haben, dass die Firma gegen ihre eigenen Prinzipien verstößt, schlagen sie Alarm, schimpfen und rufen zum Boykott auf.

Den einen oder anderen Shitstorm hat das Unternehmen schon erlebt. Die Website Fckoatly.com ist nun der Versuch, die Wellen der Empörung zu kanalisieren, um die Hoheit über die Kommunikation zu behalten.

Zwei Fälle zeigen das besonders deutlich:

Im Juli 2020 verkündete Oatly, dass man Anteile der Firma an Blackstone verkauft habe. Die Fans des Haferdrink-Herstellers reagierten entsetzt: Die Firma, der sie vertraut hatten, machte gemeinsame Sache mit einer US-amerikanischen Investmentfirma, deren Mitgründer Trump-Anhänger ist und die zu diesem Zeitpunkt in Firmen investierte, die unter Verdacht stehen, den Regenwald zu zerstören.

Oatly veröffentlichte kurz darauf eine Pressemitteilung und wenige Monate später ein langes Statement. Darin argumentiert man mit der eigenen Geschichte: Als kleiner Hersteller in der schwedischen Provinz habe man sich irgendwann der Frage stellen müssen, ob die Hafermilch in Supermärkten erhältlich sein solle. Man habe sich dafür entschieden, obwohl diese Geschäfte mit Milchprodukten und Fleisch viel Geld verdienen.

Die hinzugefügte Begründung: In den Regalen würden viele Menschen den Milchersatz entdecken – nicht nur diejenigen, die im Bio-Supermarkt einkaufen. Und je mehr Leute ihre Ernährung darauf umstellten, desto besser fürs Klima.

Mit dem Investor verhalte es sich ganz ähnlich: „Blackstone ist gewissermaßen der größte Supermarkt des Private-Equity-Sektors“, heißt es in dem Statement. Wenn man auf diese Weise zeigen könne, dass sich Investitionen in nachhaltige Unternehmen lohnen, würden auch andere Geldgeber nachziehen – und so könne man viel bewirken. Oatly blieb bei diesem Kurs. Seit 2021 ist die Aktiengesellschaft an der US-amerikanischen Börse Nasdaq notiert.

2018 gab es große Empörung, weil öffentlich wurde, dass Oatly Haferreste, die bei der Produktion anfallen, an Schweinefarmen verkaufte. Es kam zu einem Schlagabtausch: Die Leute beschwerten sich im Social Web, dass das Unternehmen dadurch indirekt an der Fleischproduktion verdiene. Oatly konterte, es sei nicht nachhaltig, die Reste wegzuwerfen. Die grünen Communitys entgegneten, dann solle man sie eben Höfen geben, die Tiere nicht schlachten. Oatly darauf: Man spreche hier von mehr als 100.000 Tonnen, so viele Gnadenhöfe gebe es gar nicht. Alternativen für die Verwertung zu finden sei nicht einfach. An Standorten in den USA gelinge es immerhin, einen kleinen Teil der Haferreste in Energie umzuwandeln.

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