Hier geht’s um die Wurst
Wie wirbt man für ein Produkt, das immer mehr Gegner hat? Ein Einblick in die Kommunikation der deutschen Fleischwirtschaft.
• Der Mann, den Deutschlands Fleischindustrie ruft, wenn es um die Wurst geht, residiert in einem Schloss südlich von München. Es liegt versteckt in einer Biegung des Flüsschens Würm, das im Starnberger See entspringt. Man überquert eine Holzbrücke, schlendert durch einen Park und steht dann vor einer Freitreppe, die zur Tür führt. Ein schlanker Mann in zu kurzen Hosen und Kaschmirpullover öffnet, bevor man klingeln kann. Es ist Frank Schroedter, 53, Chef der Agentur Engel & Zimmermann, die sich mit ihren 55 Beschäftigten auf Krisenkommunikation für die Lebensmittelbranche spezialisiert hat.
1. Dem Zeitgeist trotzen
Hinter der Schlosstür geht es über einen roten Teppich und eine breite Holztreppe hinauf in den Besprechungssaal, hohe Decke, Stuck. „Ist alles nur gemietet“, sagt Schroedter. Von hier aus kämpft er für Hühnerzüchter, Schweineschlachter und Milchbauern, denen der Wind of Change immer eisiger ins Gesicht bläst. „Fleisch“, sagt Schroedter, „wird mehr und mehr infrage gestellt.“ Klimaschützer, Politiker, Vegetarier (jeder 10. Mensch in Deutschland), Veganer (jeder 60.) – Schroedters Kunden sind von Gegnern umzingelt, die nur auf Rinderwahn, Gammelfleisch und fiese Bilder aus verwahrlosten Ställen warten. Beim Deutschen Fleisch Kongress in Mainz im November 2023 gab es sogar ein Panel zum Thema „Fleisch-Bashing“.
Krise sei in der Branche mittlerweile schon Alltag, sagt Frank Schroedter. Gut für seine Agentur. Schlecht für seine Kunden.
Es gab Zeiten, da hatte Fleisch ein prima Image. Ab 1970 kümmerte sich darum die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft. Kurz: CMA. Damals warb sie mutig mit dem Slogan „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft“ und warnte noch Ende der Neunzigerjahre: „Isst du kein Fleisch, dann fehlt dir was.“ Bis zum Aus im Jahr 2009 lieferte die CMA weiterhin Image-Kampagnen für Fleisch. Seitdem passiert wenig, um dem Bedeutungsverlust tierischer Proteine entgegenzuwirken. Die Fleischwirtschaft versucht anscheinend, möglichst nicht aufzufallen. Füße stillhalten.
Allerdings macht die Gegenseite nicht mit. Regelmäßig dringen Tierschützer mit versteckter Kamera in Ställe und Schlachthöfe ein, um Hygienemängel und Tierquälerei zu dokumentieren. Die Bilder lassen vielen den Appetit vergehen – und bescheren Krisenkommunikatoren wie Schroedter Aufträge.