Elon Musk

Elon Musk und Tesla sind in der öffentlichen Wahrnehmung eins. Das hat dem E-Autohersteller in der Vergangenheit viele Vorteile gebracht. Aber was tut man als Unternehmen, wenn der einzige Markenbotschafter abdriftet?





• Elon Musk hat viele Titel. Er ist der Inhaber gleich mehrerer bekannter Unternehmen, darunter Tesla, Space X und X (ehemals Twitter). „Forbes“ zufolge ist er der reichste Mensch der Welt mit einem geschätzten Vermögen von rund 240 Milliarden Dollar. Titel, die er eher unfreiwillig trägt, lauten: Narzisst, Egomane, Fantast.

Wenn ein Artikel über Tesla erscheint, taucht zwangsläufig Musks Name darin auf. Er ist das Gesicht der Marke. Er ist aber auch derjenige, der immer wieder Tür und Tor für Hass und Hetze öffnet, sei es durch das aktive Dulden entsprechender Beiträge auf X oder durch eigene Aussagen. Im September 2023 teilte Elon Musk etwa ein Video, in dem ein Nutzer die Seenotrettung kritisierte und zur Wahl der AfD aufrief. Auch Kursmanipulation per Tweet wurde ihm schon vorgeworfen.

Hält eine Marke das aus? Sollte Tesla sich von Musk emanzipieren? Und: Geht das überhaupt? Das herauszufinden ist gar nicht so einfach – denn einen Unternehmer wie Musk hat es so noch nicht gegeben.

Die Firma, das bin ich

Teslas Marketing ist schnell zusammengefasst. Es existiert nämlich nicht – außer in der Person von Elon Musk. Der größte Aktionär des Unternehmens hat knapp 170 Millionen Follower allein auf X, Tesla gerade einmal 21 Millionen. Der E-Autohersteller hat bislang keinerlei klassische Werbung betrieben. Es gibt keine Plakate, TV-Spots oder Anzeigen auf Social Media – ein kurzes Video auf X für den asiatischen Markt ausgenommen.

„Eigentlich ist es ein Traum für ein Unternehmen, wenn eine Person, in dem Fall der CEO, so ein starkes Testimonial ist“, sagt der Markenberater Gregor Busch. „Diese Form des Marketings kostet nämlich nichts und hat eine große Strahlkraft.“ Busch beobachtet das Phänomen Tesla schon lange. Aus seiner Sicht bewegt sich der Autohersteller mit seinem fragwürdig gewordenen Botschafter längst in einer Grauzone. „Einerseits gilt nach wie vor: Auch schlechte Publicity ist gute Publicity. Andererseits hat sich Musk mittlerweile so viel geleistet, dass es bald markenschädigend werden könnte.“

Charles McKay sieht das etwas anders. Er ist Professor am Institut für Mobilität und Verkehr an der Westfälischen Hochschule, lehrt Unternehmensführung sowie Marketing. Er sagt: „Solange sich Elon Musk seiner Rolle als Botschafter für Tesla bewusst ist, bleibt Tesla ein großer Player im Automobilsektor.“ Die Marke leide zwar etwas unter dessen Äußerungen, habe sich aber insgesamt etabliert: „Aus meiner Sicht ist Tesla heute mehr Automobilhersteller als ein Produkt Elons Musks.“

Profitiert Tesla vielleicht davon, dass sich die Berichterstattung zu Musk aktuell stärker auf den Kurznachrichtendienst X konzentriert? Seit der Übernahme im Oktober 2022 geht es mit der Plattform bergab. Die Werbeeinnahmen sind stark gesunken, die Nutzerzahlen auch. Es grassieren Hass und Hetze, und die EU hat ein formales Verfahren wegen der Verbreitung von Falschinformationen gegen X eröffnet.

„Aufgrund dieser Nachrichten bringen die meisten Musk und seine schlechten Eigenschaften und Äußerungen gerade mehr mit X als mit Tesla in Verbindung“, sagt Joana Roth. Sie ist Marketing-Doktorandin an der Universität Hohenheim und hat zuvor in der Werbung und der Automobilbranche gearbeitet. „Es wäre schlau, würde sich Tesla jetzt von X und damit ein Stück weit von Musk distanzieren.“

Das könnte mit gezielten Kampagnen gelingen, in denen der egomanische Chef keine Rolle spielt. Bisher übernahm Musk die Produktvorstellungen persönlich, ganz im Stile des Apple-Schöpfers Steve Jobs. Tesla, sagt Roth, sollte Werbevideos zu den Autos drehen und auch bei Events den Fokus auf die Produkte richten, das könnte zur Emanzipation von Musk beitragen. Dieser müsse als Showman abgelöst werden. Andererseits: Wenn man durch die Tweets scrollt, gewinnt man den Eindruck, dass seine Anhänger gerade dessen exzentrische Auftritte feiern.

Die Fans machen unverfängliche Gratiswerbung für die Firma. „Tesla ist fast schon ein Kult“, sagt Marketingprofessor McKay. In Deutschland treffen sich Tesla-Fahrer an den mittlerweile nicht mehr ganz exklusiven Ladestationen zum Plausch; und es gibt ein unabhängiges Portal, das Teslamag, auf dem mehrmals täglich Nachrichten erscheinen.

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Bildquelle: Youtube.com / Joe Rogan Experience  https://www.youtube.com/watch?v=ycPr5-27vSI

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