Jonathan Sierck

Jonathan Sierck ist 17, als er systematisch an seinem Erfolg zu arbeiten beginnt. Dann gründet er mehrere Firmen – mit dem Ziel, sein Inneres zu erkunden. Porträt eines Unternehmers neuen Typs.





• Es passieren an diesem Tag im August Dinge, über die er sich aufregen könnte. Die Verspätung der Bahn, die seinen Terminplan durchkreuzt, oder der Regenguss, der einsetzt, als im pfälzischen Otterberg unter freiem Himmel sein Gespräch mit dem Kung-Fu-Meister Shi Heng Yi beginnen soll. Jonathan Sierck aber regt sich nicht auf.

„Ich konzentriere mich grundsätzlich nur auf das, was ich beeinflussen kann“, sagt der 30-Jährige. Das meint er ernst. Er beschäftigt sich schon lange mit Selbstführung. Sich über die Bahn oder Regen aufregen, bringe nicht weiter, sagt er. Das lohne sich nicht. Also mache er es nicht.

Wenig später sind zwei Kameras auf ihn und Shi Heng Yi gerichtet, der neben ihm sitzt. Das Gespräch wurde kurzerhand nach drinnen verlegt, in einen großen Raum des Otterberger Tempels mit goldenen Buddha-Figuren und Klangschalen. Ein für den Dreh engagierter Kameramann und eine Mitarbeiterin von Sierck treffen letzte Vorbereitungen, während er in Seelenruhe einen Wrap zu essen beginnt. Damit seine Konzentration nicht nachlasse, sagt er.

Sierck sieht aus wie ein Marathonläufer: dünn, durchtrainiert und mit entschlossenem Blick. Er trägt eine sportliche Stoffhose und Espadrilles. Er lebt in München, wo er im Fach Philosophie promoviert und drei Firmen führt.

Das Unternehmen, für das er heute unterwegs ist, heißt vonMorgen, es bietet Firmenkunden Formate für die Personalentwicklung und Begleitung bei Change-Prozessen an. Auf dem zugehörigen Youtube-Kanal veröffentlicht Sierck Gespräche mit Menschen, die er inspirierend findet. Wie Shi Heng Yi. Der Mann mit der ockerfarbenen Robe ist im Shaolin-Tempel für die körperliche und mentale Ausbildung der Novizen zuständig. Sierck teilt mit ihm das Verlangen nach einem erfüllten Leben. Deswegen ist er Unternehmer geworden.

Ein ungewöhnlicher. Denn er ist weder ein Tüftler, der seine Erfindung vermarkten, noch ein Familienunternehmer, der eine Tradition hochhalten will. Er ist auch kein Investor mit dem Drang nach Rendite. Und ebenso wenig ein Sozialunternehmer mit der Mission, die Welt zu retten. Bei Sierck dreht sich alles um ihn selbst. Er ist ein Ich-Unternehmer, der im wirtschaftlichen Wettbewerb die beste Möglichkeit sieht, sich persönlich zu entfalten.

Ständig sucht er nach Aufgaben, die ihn herausfordern. Er will schwierige Situationen bewältigen, sich beweisen. Er sagt: „Ich bin dankbar für jede Erfahrung, die mich hebelt.“

Hebeln sagt er oft, es ist sein Lieblingswort.

Das Unternehmen, von dem er sich da gerade am meisten verspricht, heißt Padel City. Sierck hat es 2022 mit zwei ehemaligen Fernsehmanagern und dem ehemaligen Fußball-Bundestrainer Hansi Flick gegründet. Padel ist eine Mischung aus Tennis und Squash. Die Sportart werde in den kommenden zwei Jahren in Deutschland populär werden, glaubt Sierck. Er ist gerade dabei, mit vier Millionen Euro von Investoren und 500.000 Euro Eigenkapital in der ganzen Republik Spielstätten zu bauen.

Steht also doch der wirtschaftliche Erfolg im Vordergrund? Sierck legt den Wrap beiseite, guckt ein paar Sekunden in die Luft und sagt dann: „Im uraristotelischen Sinne sehe ich meine Lebensaufgabe darin, mein Potenzial auszuschöpfen. Ich will ein immer größeres Rad drehen, denn je einflussreicher mein Unternehmen, desto komplexer die Anforderungen. Kapital besorgen, den Gesellschafterkreis leiten, auch mal topqualifizierte Leute entlassen, all das lerne ich gerade.“ In der Essenz sei es wie bei Siddhartha, dem Romanhelden von Hermann Hesse, der sich auf den Weg macht, um sich selbst zu ergründen.

Seine Mitarbeiterin unterbricht ihn: „Okay, Joni, wir können starten.“ Sierck nickt, und dann beginnt auch schon das Interview mit dem Shaolin-Meister. Es handelt von den Wegen zur Selbsterkenntnis. Danach muss er sofort los, denn am Abend wird im bayerischen Erding eine weitere Padel-Anlage eröffnet. „Wieder ein Schritt nach vorn“, sagt er zum Abschied.


Bildquelle: youtube.com

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