Innovation Park Artificial Intelligence

Heilbronn soll die Stadt werden, in der die deutsche Wirtschaft die künstliche Intelligenz umarmt. Ein Rundgang.




• Wenn es um die Zukunft geht, ist im Vorteil, wer Fantasie besitzt. Besonders wenn der Ort, an dem die Zukunft erdacht wird, in einem deutschen Gewerbegebiet liegt. Das trägt zwar den schönen Namen „Wohlgelegen“, sieht aber so aus, wie solche städtischen Randzonen eben aussehen: Betriebshöfe, Lagerhallen und Gebäudewürfel, deren Fassaden nicht verraten, ob dahinter Menschen arbeiten oder Autos parken. Hier hat der Innovation Park Artificial Intelligence (Ipai) in einem Bürohaus seinen Sitz. Auf nur zwei Etagen. Schon bald aber soll der Ipai ein Zentrum der künstlichen Intelligenz werden.

Die Idee dazu hatte das Bundesland Baden-Württemberg. Es initiierte 2020 einen Standortwettbewerb, für den sich Städte und Regionen bewerben konnten. 50 Millionen Euro stellte die Landesregierung in Aussicht, wenn die gleiche Summe von Projektpartnern aufgebracht würde. Während andere Bewerber das Geld noch zusammensuchten, gab es in Heilbronn einen Akteur, der bereit war, die Investition allein zu stemmen: die nach dem milliardenschweren Unternehmer benannte Dieter Schwarz Stiftung (siehe Randspalte Seite 92). Die Stadt bekam den Zuschlag.

Seitdem ist die Hoffnung groß, dass dort Wissenschaft und Wirtschaft eng zusammenarbeiten und Anwendungen künstlicher Intelligenz vorantreiben. Deutschland soll mit den USA und China mithalten können, die bereits massiv in die neue Technik investieren. Der KI-Park sei wichtig für die Unabhängigkeit Deutschlands und die Zukunft Europas, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz bei einem Besuch in Heilbronn im November 2023.

Aber sind diese Hoffnungen berechtigt? Braucht es lediglich einen Campus, und schon inspirieren die Ansässigen einander so sehr, dass dort weltweit konkurrenzfähige KI-Konzerne entstehen?

Dass es so einfach ist, glaubt nicht einmal Moritz Gräter, der 40-jährige Geschäftsführer des Ipai. Er kommt aus Tübingen, ein freundlicher Mann mit Bart und Brille. Für das Gespräch führt er an einen langen Holztisch im Eingangsbereich des Bürohauses. Daneben steht auf einem Sockel ein Modell, das zeigt, wie der KI-Park einmal aussehen soll: ein runder Campus mit viel Grün und knapp 40 Gebäuden auf einer 23 Hektar großen Fläche. In diesem Jahr soll der Bau beginnen.

Beim Blick auf das Modell fällt es leichter, sich vorzustellen, was hier entstehen soll. „Ein Ökosystem für Innovationen“, sagt Gräter, in dem kleine und große Unternehmen, Start-ups sowie Vertreter der öffentlichen Verwaltung mit Forschern KI-Produkte entwickeln sollen. „Es geht nicht so sehr um Grundlagenforschung, sondern darum, die KI schnell in die Anwendung zu bekommen.“ Der Ipai sei schon jetzt ein Ort, an dem Unternehmen ihre Reise mit der künstlichen Intelligenz starten könnten. „Hier bekommen sie alles: die richtigen Experten, die richtige Infrastruktur, die richtigen Kollaborationsmöglichkeiten und die richtige Sichtbarkeit.“

Wenn Gräter in Schwung kommt, ist von schwäbischer Zurückhaltung nicht mehr viel zu spüren. Bevor er den Posten in Heilbronn annahm, hatte er in Stuttgart Code_n aufgebaut, eine Agentur, die von 2011 an zunächst unter dem Dach des Softwareentwicklers GFT Technologies agierte und dann eigenständig wurde – mit dem Ziel, Start-ups und etablierte Unternehmen zusammenzubringen. Er ist ein Netzwerker und überzeugt davon, dass junge Unternehmen am besten gedeihen, wenn sie nicht wie in klassischen Co-Working-Spaces unter sich bleiben, sondern mit Entwicklern und Topmanagern großer Firmen zusammenkommen.

Ob dem Ipai das gelingen wird, ist noch offen. In Deutschland wurden schon vor Jahrzehnten etliche Technologieparks ins Leben gerufen, die aber meist nicht zu dem digitalen Aufbruch führten, den man sich erhofft hatte.


Auf dem Bildungscampus (oben) ist schon Leben, während das Zentrum für künstliche Intelligenz Ipai bislang weitgehend nur als Modell existiert (vorige Seiten)

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