brand eins-Container: Energie # 09

Die Wahrheit liegt im Keller

Zugige Fenster, Stromfresser, ineffiziente Heizanlagen: Mehr als ein Drittel der in Deutschland verbrauchten Energie verpufft in Gebäuden. Bis 2030 sollen die Emissionen halbiert werden – und die notorisch klammen Kommunen sollen dabei Vorreiter sein. Wie das funktionieren kann, zeigt Gifhorn.





„Hier ist in wenigen Monaten umgebaut worden, was sonst viele Jahre gebraucht hätte.“


Die Heizungsanlage im Keller des Humboldt-Gymnasiums


Ein Schaltschrank im Humboldt-Gymnasium

• Neues Denken setzt sich nicht dadurch durch, dass dessen Gegner überzeugt werden, sondern dass sie allmählich aussterben – so soll einst der Physiker und Nobelpreisträger Max Planck das Problem des zähen Wandels umrissen haben. Im niedersächsischen Landkreis Gifhorn ging es schneller: Die Einführung eines findigen und für die Verwaltung enorm kostensparenden Energiesparverfahrens dauerte dort nur ein paar Jahre.

Wie die Gebäude in Deutschland zukünftig geheizt werden sollen und wer für den überfälligen Umbau zahlen soll, ist eines der größten Streitthemen dieser Tage. Gifhorn könnte ein Modell für die ganze Republik sein.

Energiespar-Contracting (ESC), so heißt das dort angewendete Verfahren zur beschleunigten und effizienten Gebäudemodernisierung. Es geht dabei um große Komplexe wie Krankenhäuser, Schulen und Verwaltungstrakte – in Deutschland sind davon rund 186 000 Gebäude in öffentlicher Hand betroffen. Und so funktioniert das: Die Kommune verteilt nicht einzelne Aufgaben an verschiedene Dienstleister, sondern schreibt die energetische Sanierung als Ganzes europaweit aus. Das spart Zeit und Geld (siehe Kasten rechts).

Das Unternehmen, das den Zuschlag bekommt, muss die Energiekosten der Kommune in einem vereinbarten Zeitraum auf einen zuvor festgelegten Betrag senken – sonst zahlt es drauf.

Geht die Wette auf, werden die Investitionen einer Kommune in die Gebäudesanierung – der Einbau neuer Heizungen oder Anlagen – durch die niedrigeren Energiekosten amortisiert. Klimaschutz zum Nulltarif.

In anderen Ländern wie den USA ist das Energiespar-Contracting schon lange üblich (siehe Kasten links). Was könnte das neue Verfahren für Städte, Gemeinden und ihre Bewohner in ganz Deutschland bedeuten?

In Gifhorn beginnt das Projekt 2021. Das 500 Jahre alte Schloss gehört zu den zehn Gebäuden, die in der Klima- und Haushaltsbilanz des Landkreises einen besonders großen Posten einnehmen. Rund 850 000 Euro kostete deren Betrieb jährlich. Bis jetzt.

Das Schloss und seine Nebengebäude sind Sitz der Kreisverwaltung: Wer zur Bußgeldstelle, zum Veterinäramt oder zum Büro des Landrates will, kommt hierher.

Der Keller am Schlossplatz 1 ist inzwischen mit neuester Heizungstechnik ausgestattet: ein Blockheizkraftwerk, Heizkessel, Heizungspufferspeicher, die Wärme speichern und wieder abgeben, wenn nötig. Elektronisch geregelte Hocheffizienzpumpen, die sich dem Wasser- und Heizungsbedarf anpassen, sowie neue Energiezähler. Rund 333 000 Euro hat die Umrüstung des Verwaltungsgebäudes gekostet. Sie ist Teil der großen Energie-Reform im Kreis Gifhorn.

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