brand eins-Container: Energie #11

Wenn die Energiewende gelingen soll, brauchen wir viel mehr Photovoltaik-Anlagen – auch jenseits von Hausdächern und Solarparks im Grünen. Ob auf Lkw-Dächern, über Autobahnen oder Äckern: An Flächen fehlt es nicht.





Fotografie: Dirk-Mahler

Nahaufnahme eines Pkw-Dachs mit Solarzellen

© Fraunhofer ISE

E-Lkw mit Photovoltaik-Dach

Fotografie: Jacob Forster

Pilot-Solaranlage an der Autobahn 81

• Wenn man so durch Energiewende-Deutschland fährt, im Zug, im Auto, auf dem Fahrrad, schießen einem Fragen durch den Kopf, zum Beispiel: Warum sind eigentlich an dieser Lärmschutzwand, auf jenem Discounter-Dach, über diesem trostlosen Baumarkt-Parkplatz keine Solarkollektoren installiert? Wir leben ja nicht in Kanada, sondern in einem dicht besiedelten Land. Warum also nicht dort Photovoltaik (PV) an- und einbauen, wo der Platz ohnehin verbaut, der Boden versiegelt, die Landschaft verschandelt ist, statt Solarparks im Grünen zu errichten?

So wie an der Raststätte Hegau-Ost an der A81 zwischen Stuttgart und dem Bodensee. Dort besuchte der Bundesverkehrsminister Volker Wissing im Sommer das „erste Solardach über deutscher Autobahn“, wie es in seiner Pressemitteilung heißt. Die klingt stark nach Polit-PR, beginnt mit dem Satz, Deutschland sei „Vorreiter“ bei diesem Thema und das Potenzial „enorm“, weshalb man „den Ausbau von Solaranlagen auf und an Autobahnen beschleunigen und vereinfachen“ werde; auch Lärmschutzwälle eigneten sich als Flächen für PV. Man liest und denkt: Jetzt geht’s los mit der Solar-Offensive über und an Deutschlands Asphaltpisten.

Tatsächlich befindet sich die nur 12 mal 14 Meter große Dachfläche aus PV-Modulen nicht über der Autobahn, sondern über der Durchfahrgasse der Raststätte. Und es handelt sich lediglich um eine Versuchsanlage, deren Betrieb ein Jahr lang von Wissenschaftlern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz begutachtet wird. Ernüchternd klingt zudem, was die Bundesanstalt für Straßenwesen über Solaranlagen an Autobahnen schreibt: Da seien zum einen die vergleichsweise hohen Baukosten, unter anderem wegen der Betonstützen für die aufgeständerten Module, die besonderen „Anpralllasten“ standhalten müssten. Dann der Hinweis auf erhöhte Unfall- und Staugefahr beim Bau und beim regelmäßigen Prüfen der PV-Dächer. Schließlich die interessante Information, dass Straßenüberdachungen, die länger als 80 Meter sind, als Tunnel gelten. Diese müssten, auch wenn die Durchfahrtszeit nur wenige Sekunden beträgt, Vorgaben für Brandschutz, Fluchtwege und Beleuchtung erfüllen, wodurch die ohnehin hohen Baukosten „nochmals deutlich“ steigen. Zudem würden „erhebliche“ Aufwendungen für den Betrieb anfallen.

All das klingt nicht so, als würden im „Vorreiter“-Land Deutschland nun „beschleunigt“ Solardächer über Autobahnen errichtet. Ehrlicher wäre wohl: Es geht gerade erst los, in kleinen Schritten – ein klassisches Deutschland-Tempo

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