Was kostet gestohlenes Geld?

Im Darknet lässt sich allerlei Illegales kaufen. Wie kommen dort die Preise zustande?





• Unternehmen wie die rumänische Beratungsfirma Privacy Affairs oder die britischen Verbraucherschutzforscher von Comparitech ermitteln regelmäßig die Durchschnittspreise für gehackte Zugangsdaten und illegale Dienstleistungen in Darknet-Foren. Während die Preise im Mittel sinken, gibt es doch große Unterschiede je nach Warengruppe. Zeit für einen Preisvergleich im klandestinen Warenhaus der Unterwelt.

Die Preise für den kompletten Datensatz einer Kreditkarte sind während der Pandemie erst kräftig gestiegen, jüngst aber wieder etwas gesunken. Das Set besteht in der Regel aus Vorname, Nachname, Anschrift, Geburtsdatum, Kreditkartennummer, Ablaufdatum, Sicherheitscode und manchmal auch Sozialversicherungs- und Telefonnummer des Hacking-Opfers. Der Preisanstieg lag wider Erwarten nicht an gelangweilten Teenagern, die das Darknet leer kauften, um sich den Lockdown schönzushoppen, sondern im Gegenteil am größeren Angebot.

Ausgangsbeschränkungen führten zu mehr Onlineshopping und damit auch zu mehr Kreditkarteneinsätzen, was wiederum Hacker dazu trieb, mehr Daten abzugreifen, wobei sie sich weiter professionalisierten, was in der Folge zu einer deutlich besseren Datenqualität geführt hat. Je besser die Qualität, desto wahrscheinlicher, dass die Karte noch nicht gesperrt ist. Und dafür zahlen die Kundinnen und Kunden im Darknet gern etwas mehr.

Angaben jeweils in US-Dollar und aus den Jahren 2022 / 2021 / 2020

Kreditkartendetails mit Verfügungsrahmen

… bis 1000 Dollar: 80 (150, 12)

… bis 5000 Dollar: 120 (250, 20)

Der Preis für die reine Kartennummer plus Sicherheitscode sinkt seit Jahren, da immer mehr Websites weitere persönliche Angaben verlangen. Zwei Drittel aller gestohlenen Kreditkartendaten im Umlauf stammen aus den USA, der Wiege des Plastikgeldes und des dazugehörigen Zahlungsverhaltens. Auch dieses Überangebot zeigt sich im Preis.

Kreditkartennummer und Sicherheitscode

… aus den USA: 17 (20)

… aus Großbritannien: 20 (20)

… aus Spanien: 25 (40)

… aus Australien: 23 (30)

Im Vergleich zu den reinen Daten bedeuten kopierte Kreditkarten mehr Aufwand bei Herstellung und Versand, daher sind sie etwas teurer. Doch da das Abheben eine mühsame und zunehmend gefährliche Arbeit ist, sinken die Preise. Auch in der Unterwelt ist die American Express die Rolex unter den Karten, da hier der Kreditrahmen höher und die Kundschaft oft solventer ist. Außerdem sind diese Karten seltener. Gerissene Betrügerinnen lassen sich vom höheren Kaufpreis dieser Kartenklons aber nicht täuschen, denn aufgrund der besseren Ausbeute lohnt der höhere Anschaffungspreis: Im Schnitt zahlt man pro erbeutetem Dollar von einer Amex nur 5,13 Cent, während es bei einer Mastercard 6,47 Cent sind.

Kopierte Visa /Mastercard mit PIN: 20 (25)

Kopierte American Express mit PIN: 25 (35)

Die Vorstellung, Fremde wählten sich in unser Onlinebanking ein, ist den meisten ein größerer Graus als der Verlust der Kreditkartendaten. Kriminelle ziehen indes häufig die Karte vor. Denn zum einen müssen sie die Beute noch irgendwie sicher vom Girokonto kriegen, andererseits sind klassische Bankkonten oft noch besser geschützt.

Log-in-Daten fürs Onlinebanking

… ab 100 Dollar Saldo: 35 (40)

… ab 2000 Dollar Saldo: 65 (120)

Die Preise für Paypal-Konten ohne Guthaben sind seit Jahren stabil, gefüllte Accounts kosten hingegen nur noch ein Sechstel im Vergleich zum Vorjahr. Das mag am Überangebot liegen.

Log-in-Daten für einen Paypal-Account

… ohne Guthaben: 15 (14)

… mit mindestens 1000 Dollar: 20 (120)

Wer den Komfort einer direkten Überweisung aus einem gehackten Paypal-Account bevorzugt, muss etwas mehr bezahlen. Aber auch dieser Dienst kostet fast 90 Prozent weniger als 2021. Doch warum hackt jemand einen Paypal-Account und verkauft dann das Guthaben für einen Bruchteil des eigentlichen Wertes? Nun, Hacken ist das eine, Geldwäsche etwas anderes. Vielen ist es lieber, für eine recht ungefährliche Überweisung einige Dollar zu kassieren und den Restgewinn samt Verfolgungsdruck anderen zu überlassen.

Transfer aus einem gehackten Paypal-Account

… bis 3000 Dollar 45 (340)

… bis 1000 Dollar 15 (50)

Auch im Darknet lassen sich gesellschaftliche Trends ablesen. Neben dem sozialen Dinosaurier Facebook verlieren auch Zugänge zu Nutzerkonten bei Gmail und Twitter schwer an Wert. Nur Instagram hält sich einigermaßen.

Log-in-Daten für einen

… Twitter-Account: 25 (35, 49)

… Instagram-Account: 40 (45, 55)

… Facebook-Account: 45 (65, 75)

… Gmail-Account: 65 (80, 155)

Das gleiche Bild zeigt sich beim Erwerb falscher Follower, Likes und Retweets. Am stabilsten hält sich auch hier Instagram. Dass Soundcloud nicht tiefer fällt, liegt wohl weniger an der Innovationskraft des Unternehmens, sondern daran, dass es sich kaum lohnt, Waren für weniger als einen Dollar anzubieten.

Preis für 1000

… Plays auf Soundcloud 1 (1, 1)

… Follower bei Spotify 1 (2, 3)

… Follower bei Pinterest 3 (4, 5)

… Follower bei Twitch 4 (5, 6)

… Follower bei Instagram 4 (5, 7)

… Likes für einen Instagram-Post 5 (5, 6)

… Retweets auf Twitter 20 (25, 25)

Wer sich nie das Passwort einer guten Freundin „ausgeliehen“ hat, kann sich die Jahresmitgliedschaft für Netflix auch im Darknet kaufen. Gratis dazu gibt es das Risiko, schon am ersten Tag der Nutzung entdeckt und gesperrt zu werden. Der Preis fürs gehackte Abo ist seit 2021 um mehr als 40 Prozent gefallen. Sollte der Konzern seine Drohung wahr machen und die Mehrfachnutzung einzelner Accounts bald einschränken, könnte das den Darknet-Handel wieder beleben.

Netflix-Abo für ein Jahr 25 (44)

Wofür sich Menschen gestohlene Uber-Profile kaufen, will man sich gar nicht so genau ausmalen. Klar ist nur, der Bedarf ist da. Und das Angebot auch. Die Preise haben sich seit vergangenem Jahr, in dem aus Infektionsschutz-Gründen ohnehin weniger Fahrten stattgefunden haben, in etwa verdoppelt. Gute Reise. ---

Log-in-Daten für einen Uber-Account

… eines Nutzers 15 (8)

… eines Fahrers 35 (14)

Dieser Artikel ist aus der neuen brand eins:

Alles hat seinen Preis – aber wann ist er fair, wie wird er gemacht und wer beeinflusst ihn? Es geht um Preise für gestohlene Kreditkartendaten im Darknet, für Schweineschnitzel im Supermarkt, für teure Hafermilch, an der trotzdem kaum verdient wird. Und es geht ums große Ganze: Müssen wir Angst vor einer Stagflation haben, der Mischung aus Stagnation und Inflation?