Covid-Tests

Die Marken der Covid-Impfstoffe kennt fast jeder – die Marken der Covid-Tests kaum jemand. Warum das so ist und warum es andersherum besser wäre.





• Auf der Website Impfdashboard.de zeigt eine tickende Uhr, wie viele Menschen sich in Deutschland gerade gegen Covid-19 impfen lassen. Sie beginnt zu laufen, sobald man die Seite aufruft. Alle 5 Sekunden aktualisiert sich die Zahl der Geimpften, im Schnitt sind es sieben Personen pro Sekunde. Es ist ein irrwitzi- ges Tempo, das die Menschheit beim Thema Covid-Impfen vorlegt. Binnen eines knappen Jahres wurden Impfstoffe entwickelt, getestet und zugelassen, innerhalb eines weiteren Jahres mehr Impfdosen verabreicht, als auf der Erde Menschen leben – rund 9,6 Milliarden waren es Mitte Januar 2022.

Noch vor dem Hochziehen des Impfbollwerks wurde ein Virusradar installiert: Antigen-Tests zum schnellen Nachweis der Ansteckungsgefahr, PCR-Tests für die genaue Bestimmung der Virenmenge und Gentests zur Typisierung der Virusvarianten. Allein die Zahl der verbrauchten Schnelltests dürfte in die Zigmilliarden gehen. Doch während die Namen der Impfstoffhersteller wie Biontech und Moderna hierzulande fest im Wortschatz verankert sind, kann sich kaum jemand die der Testfirmen merken – halt irgendwas mit Tech, Med oder Bio.

„Das Thema Impfungen emotionalisiert und polarisiert“, begründet Peter Pirck, geschäftsführender Gesellschafter bei der Markenberatung Brandmeyer aus Hamburg die Geläufigkeit der Herstellernamen. Sich impfen zu lassen sei „ein extrem intimer Akt“. Impfstoffe gehen uns im wahrsten Sinne unter die Haut. Sie werden in uns hineingespritzt, und dann passiert dort etwas. Aber was? Die meisten Menschen vertrauen auf die Erklärung der Wissenschaft, dass die Impfstoffe unser Immunsystem trainieren und uns vor den Viren schützen – jene Art von Vertrauen, das man in die Seilbahn hat, in der man über dem Abgrund hängt.

Nicht nur die Impfung gegen Covid tut sich schwer damit, alle Zweifler zu überzeugen. Schon die erste Impfung – vor mehr als 200 Jahren gegen die Pocken – löste teils hysterischen Widerstand aus. Auch hält sich in impfkritischen Kreisen hartnäckig das Gerücht, dass die Masern-Mumps-Röteln-Impfung Autismus auslösen könne. Diese erstmals 1998 veröffentlichte These wurde später durch mehrere Studien widerlegt. Das Medizin-Fachblatt »The Lancet« zog die Veröffentlichung im Jahr 2010 zurück und distanzierte sich vom Autor.

Sogar eine Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs wird in jedem zweiten Fall abgelehnt. Nach der Einführung dieser HPV-Impfung vor 15 Jahren rügte eine Gruppe aus der Wissenschaft die Ständige Impfkommission am Robert-Koch- Institut, kurz Stiko, für ihre vermeintlich verfrühte Empfehlung. Auch attestierten manche Medien der Stiko allzu enge Kontakte zur Industrie. Eine tiefe Verunsicherung war die Folge. Zu Unrecht: Viele weitere Studien haben den großen Nutzen der HPV-Impfung untermauert.

Zu dem generellen Unbehagen, sich etwas injizieren zu lassen, kommt das spezielle Unbehagen über die mRNA- und DNA-Impfstoffe. Klaus Heckemann von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen hofft jetzt auf das als fünften Impfstoff in der Europäischen Union zugelassene Vakzin des US-Herstellers Novavax. Da dieser Impfstoff kein Erbgut, sondern Viren-Proteine enthält, könne das Präparat für zwei Drittel der bislang bewusst ungeimpften Menschen akzeptabel sein, schätzt Heckemann.

Emotional war auch der hollywood-reife Wettlauf der Firmen um die beste Schutzwirkung und schnellste Zulassung. Für Peter Pirck ist die Impfstoffentwicklung mit ihrer immensen medialen Aufmerksamkeit die größte Marketingkampagne aller Zeiten, zumindest indirekt, da die Firmen keine eigene Werbung machen mussten. Das mache die Kampagne nur noch glaubwürdiger, so Pirck.

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