Was wäre, wenn …

… das Metaversum existierte?

Ein Szenario.



Www 01 2022


• Als Mark Zuckerberg Ende Oktober 2021 verkündete, den Mutterkonzern von Facebook, Instagram und WhatsApp in Meta umzubenennen, präsentierte er seine Pläne für ein sogenanntes Metaversum. Der Begriff existiert schon länger; gemeint ist ein neues Internet, in dem reale und virtuelle Welt miteinander verschmelzen.

Einige vermuteten, der Firmenchef wollte damit vor allem von den für Facebook unerfreulichen Enthüllungen durch die Whistleblowerin Frances Haugen ablenken. Sie wirft dem Netzwerk unter anderem vor, die Gesellschaft zu spalten und die Demokratie zu schwächen. Was allerdings viele überraschte: Zuckerberg kündigte an, allein in Europa 10 000 neue Stellen für das Projekt Metaversum schaffen zu wollen. Was wäre also, wenn die virtuelle Welt mehr wäre als ein PR-Versprechen? Wenn das Metaversum wirklich existierte?

Die Begriff geht auf den Roman „Snow Crash“ von Neal Stephenson aus dem Jahr 1992 zurück. Dort ist das Metaversum eine virtuelle Welt, in die sich die Menschen flüchten, um ihrer trostlosen Realität zu entkommen. Auch in „Ready Player One“, einem anderen Science-Fiction-Roman, gibt es einen solchen Zufluchtsort.


 

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In den Werbefilmen, die Mark Zuckerberg anlässlich der Umbenennung zeigte, ging es naturgemäß optimistischer zu: In seinem Metaversum besitzen Menschen schöne Wohnungen und Häuser mit perfekter Panorama-Aussicht. Wenn sie mögen, können sie digitale Pokerrunden oder berufliche Meetings aber auch in einer Urwaldumgebung oder in einer Raum-station abhalten.

Einen Moment des Urknalls, ab dem ein solches Metaversum plötzlich existiert, wird es vermutlich nicht geben. So sieht es zumindest Matthew Ball. Der Risikokapital-Investor ist einer der führenden Experten für das Thema und schreibt gerade ein Buch darüber. Er glaubt, dass sich das Metaversum ähnlich entwickeln werde wie das mobile Internet: Dieses habe das ursprüngliche Web nach und nach durch bessere Übertragungsraten und Geräte sowie neue Inhalte und Nutzungsformen ergänzt. Auch das Metaversum werde sich erst allmählich über unsere jetzige Form des Internets legen.

In einer Essay-Sammlung hat Ball eine Reihe von Merkmalen aufgelistet, die das Metaversum von bisherigen virtuellen Welten wie „Second Life“ oder „Fortnite“ unterscheiden würde:

_Das Metaversum wäre beständig – das heißt, es müsste nicht wie die Spielwelten regelmäßig neu starten.

_Es wäre eine Welt, die für jeden in Echtzeit existierte und in der sich eine unbegrenzte Zahl von Menschen gleichzeitig aufhalten und miteinander kommunizieren könnte. Auch wenn Spiele wie Fortnite mit Live-Konzerten vor einem Millionenpublikum den Eindruck erwecken, dies sei bereits möglich: Dort können zwar sehr viele Menschen gleichzeitig eine Veranstaltung verfolgen, Interaktionen sind aber nur in kleineren Gruppen möglich.

_Außerdem hätte das Metaversum eine Wirtschaft, in der alle Nutzerinnen und Nutzer virtuelle Räume, Outfits oder Kunst erschaffen, besitzen und handeln können. Bislang werden digitale Güter nur von einem kleinen Kreis an Digitalkonzernen erstellt. Das würde sich laut Ball ändern. Er prognostiziert, dass „viele heutige Marktführer verdrängt und zahlreiche neue Unternehmen, Geschäftsmodelle und Märkte entstehen werden“.

_Eine andere zentrale Eigenschaft des Metaversums wäre die sogenannte Interoperabilität. „Heute funktioniert die digitale Welt wie ein Einkaufszentrum, in dem jedes Geschäft seine eigene Währung verwendet, andere Ausweise verlangt und in dem unterschiedliche Kleiderordnungen gelten“, sagt Ball. Im Metaversum hingegen könnte man seine digitalen Güter in allen Anwendungen nutzen – also zum Beispiel die virtuelle Kleidung in Spielen, aber auch bei beruflichen Meetings tragen.

Damit all das möglich ist und die neue 3D-Realität nicht ständig ruckelt und verpixelt ist, müssen sich einige technische Gegebenheiten verbessern: In erster Linie müsste das Internet schneller werden. Nur so könnte man etwa Mimik detailliert darstellen und hätte das Gefühl, einem echten Menschen gegenüberzustehen. Daneben müssten beispielsweise Headsets leichter und bequemer werden, damit man sie über einen langen Zeitraum tragen kann.

Matthew Ball ist der Meinung, dass das Metaversum die globale Wirtschaft und Arbeitswelt revolutionieren werde. Als Bei- spiel nennt er das Outsourcing nach In- dien. Bislang seien indische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für westliche Firmen vor allem in der Fertigung oder im einfachen Kundendienst tätig. Im Metaversum gäbe es keine geografischen Grenzen mehr. Damit wäre es für sie sehr viel einfacher als heute möglich, etwa mit hoch qualifizierten Arbeitskräften in Manhattan zusammenzuarbeiten.

Ein weiterer Vorteil liegt für Ball darin, dass die Menschen ihre Identität an diesem Ort freier definieren könnten: „Viele sehen die virtuelle Welt als Chance, sich mehr nach ihrem Selbstbild auszurichten als nach der Wahrnehmung anderer. Es wäre eine Befreiung von Merkmalen wie Herkunft, Geschlecht oder Behinderung.“ 

Während die einen es kaum erwarten können, das Metaversum zu bevölkern – oder Milliarden in dessen Aufbau zu investieren – halten sich andere lieber an die Realität. „In unserer Open-World-Experience ist alles real“, heißt es augenzwinkernd in einem Video des isländischen Tourismusverbandes. Ihr „Icelandverse“ biete im Gegensatz zum Metaversum eine „erweiterte echte Realität ohne albern aussehende Headsets“. --

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