Jens Beckert

Jens Beckert, Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, untersucht Zukunftsentwürfe wie die von der Null-Grenzkosten- Ökonomie mit den gleichen Instrumenten wie literarische Fiktion.





brand eins: Herr Beckert, für Sie sind einflussreiche Wirtschaftsakteure vor allem gute Geschichtenerzähler. Was halten Sie von der Geschichte, dass wir bald in einer Null-Grenzkosten-Ökonomie leben und der Kapitalismus etwa im Jahr 2050 an seiner eigenen Produktivität zugrunde geht?

Jens Beckert: Nicht uninteressant. Erzählungen vom Ende des Kapitalismus haben ja zurzeit Konjunktur. Damit hat die Geschichte einen Faktor erfüllt, der Zukunftsentwürfe wirkmächtig machen kann: Sie lässt sich in einen bekannten Erzählrahmen einbetten. Ein zweiter Faktor, der für die Geschichte spricht: Sie hat einen guten rhetorischen Spannungsbogen, einen überzeugenden Plot.

Volle Punktzahl also.

Nicht ganz. Wenn wir herausfinden wollen, ob eine Geschichte nicht nur eine gute Geschichte ist, sondern auch performativ wirken kann – ob sie also unsere Realität beeinflusst –, müssen wir noch auf weitere Faktoren schauen. Man kann sich erstens fragen, ob die Akteure in dieser Geschichte glaubwürdig positioniert sind und ihr Handeln nachvollziehbar erscheint. Diese Geschichte verkennt womöglich die Handlungsmuster und Motive der Akteure, die im bisherigen System Profite erzeugen und verteidigen. Eine weitere wichtige Frage lautet: Gibt es einen charismatischen und einflussreichen Erzähler dieser Geschichte?

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