Gute Arbeit
Es herrscht Vollbeschäftigung. Doch kaum jemand glaubt, dass mit der Arbeit alles so bleibt, wie es ist. Zeit nachzusehen, was wir eigentlich so machen.
All we have to do now
is take these lies
and make them true
somehow.
— George Michael
1. Feierabend!
Wie man gute Arbeit macht?
Man muss dranbleiben. Halbe Sachen sind doof. Sie kosten eine Menge Energie und, was noch schlimmer ist, sie nähren die Einstellung, dass eh alles sinnlos ist. Deshalb kann es sein, dass dort, wo alles halb gemacht wird, weniger herauskommt als nichts. Machen wir uns also an die Arbeit mit dem Ziel dranzubleiben, bis wir fertig sind. Bis zum Feierabend also.
Dieses schöne Wort beschreibt nicht nur das erklärte Etappenziel vieler Menschen, sondern ist auch der Titel eines neuen Buches von Volker Kitz. Der Autor schreibt „Feierabend“ mit einem „!“. Ein Ausrufezeichen bekräftigt, dass jetzt wirklich Schluss ist. Ende. Dass etwas Neues beginnt. Feierabend! Das heißt: Macht keine halben Sachen.
Kitz’ Thema ist nicht etwa das, was nach dem Feierabend passiert, sondern davor, also das, worüber heute wieder viel geredet wird: die Arbeit. Wie sie zu dem wurde, was sie heute ist. Was sie sein könnte. Und was nicht. Der Autor ist – eine Wohltat heutzutage – nicht auf einer Mission: „Warum man für seinen Job nicht brennen muss“ lautet der Untertitel der gut 90 Seiten umfassenden Streitschrift. Das ist ein guter Rat. Leute, entspannt euch. Macht mal Feierabend. Macht mal Schluss. Macht nicht immer so ein Gedöns.
Nicht? Muss es dort, wo es um die Arbeit geht, nicht auch um große Gefühle gehen? Nein. Denn das macht die Arbeit oft zur halben Sache. Man kann das an kleinen Beobachtungen gut erkennen. Kitz zitiert etwa eine Studie der Freien Universität Berlin. Dort haben Forscher vor Kurzem gut 3000 deutsche Wörter auf ihre Wirkung untersucht. Was empfinden wir, wenn wir ein bestimmtes Wort hören?
Ein Wort wie Krieg finden die Leute natürlich schrecklich, eines wie Liebe oder Freiheit ganz toll. Wenig überraschend ist es auch, schreibt Kitz, dass Verben und Substantive dabei meist dieselbe Reaktion verursachen, dass nämlich „die Sache, das Phänomen, ähnliche Gefühle auslöst wie das Tun“. Das Wort Trennung wirkt beispielsweise ebenso negativ wie „trennen“, während die „Reise“ bei den Deutschen gleich beliebt ist wie „reisen“.
Das ist meistens so, fast immer, mit ganz wenigen Ausnahmen. „Arbeit“ und „arbeiten“ ist so ein Regelbruch. Das Wort „Arbeit“, so zitiert Volker Kitz die Forscher, mögen die Leute gern, vor allen Dingen, „wenn sie eine haben“. Doch arbeiten tun die meisten nicht gern. Kitz bringt das Ergebnis auf den Punkt: „Arbeit macht glücklich, arbeiten unglücklich.“
Nach Kitz hat dieses scheinbare Paradox einen einfachen Grund: „Nicht die Arbeit macht die Menschen unglücklich, sondern die Lügen, die wir uns darüber erzählen. Arbeit existiert in unseren Köpfen als Idee, als Ideal. Die Wirklichkeit, der Arbeitsalltag, hält der Vorstellung nicht stand. Sie enttäuscht uns, wir leiden.“
Die einzige Möglichkeit, diesem Leid zu entgehen, liege darin, „Arbeit nüchtern zu betrachten. Pragmatisch.“