Führung

Wer braucht eigentlich noch einen Chef? Wäre es oben ohne nicht viel besser auf dieser Welt? Die Führung steckt in der Sinnkrise. Ein guter Grund, darüber nachzudenken, was sie tut – und tun sollte.





1. Kann ich mal den Chef sprechen?

Völkerkunde ist nicht leicht.
Das liegt an ihrem wichtigsten Akteur: dem Menschen. Das Bild, das der sich von anderen Ländern und Kulturen macht, besteht aus etwas Erfahrung, ein wenig Geschichte und einer Menge Vorurteile. Alles zusammen ergibt unterm Strich das, was man „typisch“ nennt, eine Art kultureller Charakterzug also. Es gibt Länder, die sind schwer führbar, andere wiederum werden komisch, wenn ihnen niemand sagt, wo es langgeht. Manche Völker lieben ihre Regierung, andere hassen sie. Aber es gibt auch welche, die nicht einmal merken, dass sie gar keine Regierung haben.

Am 13. Juni 2010 stellte sich die damalige belgische Regierung unter Ministerpräsident Yves Leterme der Neuwahl. Bis sein Nachfolger Elio Di Rupo ein tragfähiges Kabinett zusammen hatte, vergingen 541 Tage – „ein Rekord in der modernen Weltgeschichte“, wie Wikipedia vermerkt. Während um Einfluss und Posten gefeilscht wurde, ging in Belgien alles seinen Gang: Schulen und Krankenhäuser funktionierten, Ämter und Behörden ebenso, Verkehr und Entsorgung und der ganze Alltag gingen weiter. Merkwürdig, liebe Herrscherinnen und Herrscher: Seit jeher versprecht ihr uns für den Fall, dass die Regierungsgewalt nicht mehr in der Hand einer kleinen Gruppe Anführer ist, Gewalt, Chaos und Untergang, das biblische Tohuwabohu eben. Aber am belgischen Beispiel zeigt sich, dass ausgerechnet die hochkomplexe Welt des 21. Jahrhunderts nicht zusammenbricht, wenn der Chef mal Pause macht. Das System funktioniert führungslos ganz gut – trotzdem oder gerade deswegen?

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Scheißjob
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