Poser greifen zu XXL

• Viele Marketingleute hüpfen von Firma zu Firma. Marco Gehlken ist seiner treu geblieben. Seit 22 Jahren arbeitet er mit kurzer Unterbrechung bei Mapa im Städtchen Zeven zwischen Hamburg und Bremen; dort hat er es bis zum Marketingleiter Health Care gebracht. Der 42-Jährige ist ein lockerer Typ, was nicht schadet in einem Job, der sich um Sex dreht. Die Produkte der Marke Billy Boy stapeln sich in seinem Büro: von perlgenoppt bis hin zum Exemplar mit Vibrationsring. Alle Latexkondome sind made in Zeven.
Irgendwann stellt der Familienvater eine schwarze Getränkedose im Billy-Boy-Look auf den Tisch. Was nach Markenüberdehnung aussieht, sei Ergebnis eines glücklichen Zufalls, erzählt Gehlken. "Wir suchten für eine Messe nach einem Giveaway, kamen auf den Energy Drink – und die Nachfrage war so groß, dass wir damit auf den Markt gegangen sind." Mittlerweile wird das Getränk - wahlweise auch in Kombination mit Kondom – in rund 300 Geschäften, Tankstellen und Kiosken angeboten. Gehlken freut sich sichtlich über den Erfolg auf fremdem Terrain.
Sein Kerngeschäft ist nicht einfach: Der Markt – jährlich werden in Deutschland rund 215 Millionen Präservative abgesetzt – stagniert. Die drei Platzhirsche, zu denen neben Mapa (Billy Boy, Fromms, Blausiegel) die Familienfirma Ritex und der britische Konzern SSL (Durex) gehören, können sich hierzulande nur gegenseitig Anteile abjagen. Umso wichtiger ist eine starke Marke. Mit Fromms hat Mapa eine einst strahlende im Sortiment, doch die fiel aus der Zeit. Als Ende der achtziger Jahre mit der staatlichen Aids-Aufklärungskampagne inklusive TV-Werbespots ("Tina, wat kosten die Kondome?") Präservative massiv propagiert wurden, erfand Mapa kurzerhand eine neue. Billy Boy war anders: weder klinisch-steril noch pornografisch, sondern lustig: bunte Gummis in mit Penis-Figur verzierter schwarzer Packung.
Das war damals im Hause Mapa nicht unumstritten, manchem Vertriebsmitarbeiter graute es vor der Schachtel mit dem Phallus. Doch Billy Boy setzte sich durch, und Gehlken bemüht sich, die Marke frisch zu halten. So kreierten er und seine Kollegen – nachdem sie festgestellt hatten, dass reifere Menschen weniger Freude am frechen Billy Boy haben – eine "White" genannte Untermarke. Auf der weißen Packung fehlt der Penis-Cartoon, das Kondom ist leicht parfümiert und riecht kaum nach Latex. Damit sollen Frauen angesprochen werden, die etwa die Hälfte aller Präservative kaufen. Für Kunden mit besonderen Bedürfnissen gibt es zudem Billy Boy B2, unter anderem in XXL. Da griffen gern Männer zu, die die Übergröße aus physischen Gründen gar nicht bräuchten, merkt Gehlken an.
Für die Marke sieht er noch Wachstumspotenzial, vor allem im Ausland. Der amerikanische Konsumgüterkonzern Jarden, der Mapa 2010 übernommen hat, sieht das ebenso. So ist Billy Boy mittlerweile auch in den USA auf dem Markt. Und soll bald das Reich der Mitte erobern. Gehlken hat sich bereits über die Besonderheiten dort informiert: "China", sagt er trocken, "ist der größte Markt für XXL-Kondome."
Mapa GmbH
Mitarbeiter: 650
Umsatz 2010: rund 140 Millionen Euro
Kondom-Jahresproduktion: etwa 80 Millionen Stück
Exportanteil: 8 Prozent