Im Zeichen des A
• Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands, ist ein bodenständiger Mensch, der nicht viel herumredet – quasi das Gegenteil eines typischen Marketingmanns. Dabei ist der 58-Jährige, wie er selbst sagt, "Hüter einer ganz starken Marke". Er meint das rote A. Das Zeichen an fast allen Apotheken gehört dem Verband. Nur dessen Mitglieder dürfen die Dachmarke des Berufsstandes nutzen. Darunter firmieren die selbstständigen Apotheker mit ihren jeweiligen Namen beziehungsweise Filial-Pharmazeuten, die sich mit Kollegen zusammengetan haben. Wohl jeder Deutsche kennt das rote A, deshalb mag kaum ein Pillenverkäufer darauf verzichten.
Bei etlichen Konzernen verhält es sich umgekehrt: Sie haben starke Marken, die sie unbedingt mit einer Dachmarke krönen wollen. Etwa Unilever (Rama, Knorr, Dove): Der Multi hat mit erheblichem Aufwand eine poppige Konzernmarke im Stil der Siebziger kreiert, die auf allen Produkten prangt. Ergebnis: Der Name Unilever ist vielen Verbrauchern nach wie vor unbekannt.
Von den Apothekern könnten die Marketingleute lernen, wie man es richtig macht. Erste Regel: ein gutes Logo erfinden und nicht mehr daran herumfummeln. Das Apotheker-A wurde bereits in den dreißiger Jahren entworfen und blieb seither im Wesentlichen unverändert. Der Verband achtet penibel darauf, dass das Zeichen in der korrekten Form und im einzig richtigen Rot-Ton, ja nicht mit anderen Markenzeichen kombiniert oder gar von Produktpiraten gekapert wird.
Vor allem – Regel Nummer zwei – soll nichts und niemand der Marke ins Gehege kommen. Zusammenschlüsse von Apothe ken mit eigenen Logos beäugt Becker deshalb misstrauisch. "Ob eine Kooperation sinnvoll ist, muss jeder Apotheker selbst entscheiden." Besonders bundesweite Pharmazeuten-Verbünde sind ihm ein Dorn im Auge. Wenn aber doch ein solcher Konkurrent im eigenen Revier wildert, greift Regel Nummer drei: Auf ihn mit Gebrüll! So wehrten sich die organisierten Apotheker vehement gegen den Internet-Versandhändler Doc Morris im Besitz des Pharma-Großhändlers Celesio. Der Konzern wollte nach dem Fielmann-Vorbild den Markt mit einer Apothekenkette erobern und eröffnete die erste, von einer angestellten Pharmazeutin geleitete Filiale in Saarbrücken. Doc Morris wirbt mit dem international üblichen grünen Kreuz als Logo – eine Kampfansage. Das hätte dem roten Dachmarken-Monopol gefährlich werden können, doch der Europäische Gerichtshof in Luxemburg urteilte: In Deutschland dürfen nur Apotheker eine Apotheke besitzen und betreiben. Was der Expansion von DocMorris Grenzen setzt.
Fritz Becker freut sich still über diesen Triumph. Überhaupt vertreten er und seine Kollegen die Interessen ihres Berufsstandes geschickter als die häufig überlauten Ärzte-Funktionäre: Laut Allensbach halten 82 Prozent der Deutschen die Apotheker für gute Dienstleister. Dass sie ihr Monopol im Zeichen des A mit Zähnen und Klauen verteidigen, erscheint aus marktwirtschaftlicher Sicht fragwürdig – ist markenstrategisch aber nur konsequent. •
Beschäftigte: 145 480
Umsatz 2008: 37,9 Milliarden Euro
Zahl der abgegebenen Arzneimittelpackungen: 1,43 Milliarden