Kleines Team – in Sachen Kultur ganz groß

Einfühlsame Eisbrecher

Kultureinrichtungen sind anders als die meisten Betriebe. So eigenwillig. Das Beratungsunternehmen Metrum hat sich deshalb auf die Kreativ-Branche spezialisiert und bringt ihr seit 25 Jahren Veränderungen bei – vornehm und mit Erfolg.





Foto: Viktoria Kühne

Die Organisation im Hintergrund ist für den Zuschauer unsichtbar. Er sieht nicht die Arbeit von Gesch.ftsführern und Beratungsgesellschaften. Er sieht im Puppentheater Magdeburg zum Beispiel die Geschichte über „Nathans Kinder“ – eine verbotene Liebe zwischen den Religionen.

/ Theater, Museen und Opernhäuser sind Orte der Schönheit, der Kunst und manchmal sogar der Freiheit – oder, um es mit den Worten des Dramatikers Heiner Müller zu sagen: „kontrollierter Wahnsinn“. Aber es sind auch Organisationen mit Budgets, Auslastungszahlen und Kostenposten. Und wie alle Organisationen kommen sie nicht ohne formale Strukturen aus, ohne Hierarchien, Aufsichtsgremien, Compliance-Regeln.

Weil keine Organisation perfekt ist und weil sich nicht jede gewachsene Struktur geschmeidig mit ihren Aufgaben verändert, kann es auch in Kultureinrichtungen helfen, sich immer mal wieder zu hinterfragen. Veränderte Anforderungen und künftig vielerorts wohl auch knappere Budgets bescheren Theatern, Museen und Co. komplizierte Herausforderungen. All das sorgt für einen gewissen Veränderungsdruck. Schon deshalb wird für viele Kulturinstitutionen und ihre öffentlichen Träger Organisationsentwicklung zunehmend zur Chefsache.

Für die Münchner Unternehmensberatung Metrum bedeutet das: Ihr geht die Arbeit bestimmt nicht aus. Seit ihrer Gründung 1999 hat sie sich der durchaus diffizilen Strategieberatung für Kultureinrichtungen verschrieben und ist heute in ihrem Feld gut etabliert. Die Liste der Metrum-Kunden ist ein kleines Who’s who des öffentlich getragenen Kulturbetriebs in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Documenta und die Hamburger Elbphilharmonie stehen darauf, die Bayreuther Festspiele, die Bühnen der Stadt Köln, die Deutsche Oper Berlin, das Gewandhausorchester Leipzig, die Münchner Kammerspiele und das Goethe-Institut.

Erst die Kreativität, dann die Betriebswirtschaft

Es gibt kaum eine andere Beratung hierzulande, die sich so konsequent ausschließlich auf Kultur konzentriert, vielleicht noch Actori, die Vermittler von Kulturexperten oder die Initiative Kulturkommunikation, die etwa beim digitalen Marketing unterstützt. Auch die großen Consulting-Firmen tummeln sich kaum in dieser Nische. Die ist auch deshalb ein überschaubarer Markt, weil Kulturinstitutionen und ihre Träger über vergleichsweise bescheidene Budgets für Beratungsdienstleistungen verfügen.

Grundsätzlich anders

Hinzu kommt: Die Aufgabe, Kultur-Kunden bei der Organisationsentwicklung zu unterstützen, erfordert von den Beratern eine besondere Art der Mehrsprachigkeit. Sie müssen nicht nur wissen, wie Kulturinstitutionen funktionieren. Sie müssen sich auch mit vielen Seiten verständigen können – mit ihren Auftraggebern in einer Stadtverwaltung oder einem Ministerium genauso wie mit den Mitarbeitern des Museums, Festivals oder Theaters, das sie unterstützen wollen. Ein BWL-Studium allein reicht dafür nicht unbedingt, schon weil anders als bei Konzernen in den Kultureinrichtungen selten Juristinnen, Ingenieure oder Betriebswirte am Tisch sitzen, sondern eher Kunsthistorikerinnen, Theaterdramaturgen oder eine Generalmusikdirektorin.

„Wichtig zu verstehen ist, dass die Ausgangslage von Kulturbetrieben eine grundsätzlich andere ist, als bei gewinnorientierten Unternehmen der Wirtschaft. Nicht alle, aber sehr viele Menschen, die in Kulturbetrieben verantwortlich sind, messen legitimerweise den ästhetisch-kreativen Inhalten höchste Bedeutung bei. Wirtschaftliche und strukturbezogene Fragen stehen oft an zweiter Stelle, werden aber in Zukunft bedeutender werden. Der Umgang damit wird immer wieder als Herausforderung wahrgenommen“, sagt Johannes von Hülsen, einer der vier Metrum-Partner.

Mit anderen Worten: Man hat es in einem Museum oder bei einem großen Orchester mit Leuten zu tun, die eine andere Mentalität verbindet als die in der Wirtschaft. Ihnen ist die betriebswirtschaftliche Perspektive eher fremd. Natürlich haben Museum und Orchester auch Geschäftsführer, die darauf achten, dass Budgets eingehalten werden, aber die Hierarchie ist in der Regel eindeutig: Über die Gesamtausrichtung entscheidet die künstlerische Leitung, also zum Beispiel die Museumsdirektorin, der Chefdirigent oder die Theaterintendantin. Diese Kulturmanager leiten ihre Apparate zwar mit Expertise und viel Erfahrungswissen, haben aber in der Regel keinen Master of Business Administration und sind an den Feinheiten der Betriebswirtschaft auch nur begrenzt interessiert.

„Wer hier vorschnell mit irgendwelchen Key Performance Indicators kommt, wird nicht selten – und auch berechtigt – gefragt, ob man überhaupt begriffen habe, um was es geht“, sagt von Hülsen. „Eine subventionierte Kultureinrichtung hat natürlich andere Aufgaben und auch ein anderes Selbstverständnis als ein Dax-Konzern.“ Schließlich ist das Ziel eines Stadttheaters oder eines Klassik-Festivals nicht, Dividende auszuschütten, sondern das Publikum mit möglichst guter Kunst zu erreichen. Andererseits seien manche der Fragestellungen auch durchaus vergleichbar, sagt von Hülsen: „Wie setze ich meine Mittel möglichst effizient ein? Wie können Verantwortlichkeiten klar geregelt werden? Und in welcher Hierarchie am besten?“


Die Metrum-Partner (von links oben): Benjamin Andrae, Peter Gartiser, Meike Schlicht und Johannes von Hülsen; Foto: Metrum

Unkonventionelle Büros – und Biografien

Besucht man die Metrum-Berater in ihrem Büro in einem Hinterhof des hippen Münchner Glockenbachviertels, sieht man die Nähe zur Hochkultur nicht nur an den Gemälden, die hier an den Wänden hängen. Die Räume sind für eine Beratung eher unprätentiös gehalten, hier könnte genauso gut ein alternatives Stadtmagazin oder ein kleines Musik-Label logieren.

Die Biografien der Metrum-Berater sind auch nicht branchentypisch: Peter Gartiser, Partner und einer der Gründer, kommt aus einer Musikerfamilie und hat nach dem BWL-Studium eine Werbeagentur gegründet. Benjamin Andrae, ebenfalls Partner und ein in sich ruhender Mensch, hat nach dem Physikstudium in Philosophie promoviert. Meike Schlicht, Partnerin Nummer drei, ist Kulturmanagerin und hat mal bei der Hamburger Elbphilharmonie gearbeitet. Johannes von Hülsen, der vierte, ist promovierter Jurist und hat fast zwei Jahrzehnte beim Rückversicherer Munich Re gearbeitet: „Ich habe mich dort vorwiegend mit Change-Prozessen beschäftigt. Das sind Themen, die ich jetzt ganz gut einbringen kann.“

Eine der ersten Aufgaben bei jedem Projekt ist es, mit Workshops und sehr vielen Einzelgesprächen einen möglichst tiefenscharfen Einblick in die Organisation und deren Baustellen zu bekommen. Das reale Organisationsgeschehen mit seinem Dickicht des Informellen sei immer komplexer als jedes Organigramm, weiß Berater von Hülsen. Es gilt, eingeschliffene Gewohnheiten, unklare Zuständigkeiten, zäh verteidigte persönliche Privilegien und gegenseitige Gefälligkeiten zu durchschauen. Der Rollenwechsel zwischen der Privatperson und seiner im Arbeitsvertrag definierten Organisationsaufgabe kann fließend sein. Hierarchien sind nicht immer offensichtlich, Zuständigkeiten nicht zwingend eindeutig, Entscheidungs- und Kommunikationswege weniger strikt geregelt als in Wirtschaftsunternehmen, aber durchaus verschlungen.

Bevor sie sich durchs Unterholz dieser wild gewachsenen Strukturen schlagen können, müssen sich die Berater ein gewisses Vertrauen erarbeiten. Das ist kompliziert – zum Beispiel wenn die Theaterleute oder Museumsmitarbeiter zuvor nie mit Unternehmensberatungen zu tun gehabt haben und Sparmaßnahmen oder gar Eingriffe in ihre künstlerische Autonomie befürchten. Es kann vorkommen, dass die Berater anfangs gegen Wände laufen. „Manchmal kriegen wir zu lange keine Antwort, oder es werden Terminabsprachen für Hintergrundgespräche verhindert“, sagt Johannes von Hülsen und seufzt. „Dann ist klar: Wir müssen erst mal das Eis brechen.“

Das können sie offenbar gut. „Sie haben sich im Vergleich zu anderen Unternehmensberatungen wesentlich mehr Zeit genommen und in den Gesprächen Einfühlungsvermögen gezeigt“, sagt Marion Ackermann. Sie ist Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und hat jüngst mit Metrum zusammengearbeitet (siehe Seite 66). „Man merkt, dass ein Teil der Berater seinen Hintergrund im Kulturbetrieb hat.“

Anatomie eines Skandals: die Documenta 15

Den Ist-Zustands zu analysieren erfordert dennoch Hartnäckigkeit. Ein besonders dickes Brett mussten die Metrum-Berater zuletzt bei der Documenta in Kassel bohren. Nach dem Antisemitismus-Skandal der Documenta 15 waren massive Organisationsdefizite wie etwa unklare Verantwortlichkeiten in den Leitungsstrukturen offenbar geworden. Metrum hat deshalb die gemeinnützige Gesellschaft, die hinter der größten Kunstschau Deutschlands steckt, umfangreich untersucht – im Auftrag der Documenta-Träger.

Johannes von Hülsen spricht zwar nicht über Interna. Aber der im Dezember 2023 veröffentlichte Abschlussbericht von Metrum zur „Weiterentwicklung der Documenta“ lässt erahnen, wie akribisch die Berater die gesamte Organisation durchleuchtet haben. Ihre Analyse ist von nüchterner Klarheit, etwa wenn sie der Documenta als Folge der „teilweise sehr informellen und uneindeutigen Strukturen“ unter anderem „Funktionsstörungen in der Governance“ und eine „hohe Fehleranfälligkeit“ attestieren. Die Metrum-Untersuchung nimmt die schwierige Balance zwischen der Sicherung von Kunstfreiheit auf der einen und dem Schutz vor Diskriminierung auf der anderen Seite ernst: Kunstfreiheit darf nicht missbraucht werden, um gegen Minderheiten zu hetzen, heißt es.

Die Berater leiteten aus ihrer Untersuchung mehrstufige, pragmatische Handlungsempfehlungen ab, etwa die Verkleinerung und Aufwertung des Aufsichtsrats als „Hauptgremium für die Überwachung“ oder die „Einführung eines wissenschaftlichen Beirats, dessen Vorsitz stimmberechtigt im Aufsichtsrat vertreten ist“. Klingt kompliziert, trägt aber zur notwendigen Klarheit der Entscheidungsstrukturen und einer funktionierenden Selbstkontrolle der Documenta bei. Der Bericht, der Material für viele Seminare zur Organisationsanalyse bieten dürfte, ist hier abrufbar: b1.de/documenta

Sparen aus gutem Grund

Aber es muss gar nicht immer das große Drama sein. Ein verbreiteter Grund, weshalb Kulturdezernate, eine Stadtverwaltung oder ein Ministerium die Metrum-Berater engagieren, ist der gleiche, der Berater auch Dax-Konzerne durchleuchten lässt: Geld.

Angesichts angespannter Haushaltslagen bei Kommunen und Ländern werden die Kulturetats nicht überall so stark steigen können, wie sie müssten, um Mehrkosten durch hohe Tarifabschlüsse, gestiegene Energiepreise und Inflation in den Kultureinrichtungen voll zu kompensieren. Im Gegenteil: „Wenn wir mit den Kulturreferenten der großen deutschen Städte sprechen, hören wir öfter, dass sie Sparrunden erwarten“, sagt Johannes von Hülsen. „Ihre Spielräume werden enger, sie müssen Stellen unbesetzt lassen oder können bestimmte Projekte nicht mehr in vollem Umfang realisieren.“

Wer mit weniger Geld ein attraktives Kulturangebot aufrechterhalten will, tut gut daran, alte Gewohnheiten und Strukturen auf den Prüfstand zu stellen. „Für viele werden die nächsten Jahre zur Herausforderung“, sagt von Hülsen. „Institutionen werden effizienter arbeiten und sich von Altlasten befreien müssen. Sonst zwingen die Budget-Einschnitte sie schnell dazu, das kulturelle Angebot einzuschränken.“

Um das zu vermeiden oder zumindest klug zu steuern, hilft Arbeit an den Strukturen. Denn professionell gemanagte, effizient arbeitende Kulturinstitutionen können am besten das bieten, was sie eigentlich sollen: möglichst viel Schönheit und Kunst für alle.

Foto: SKD, Oliver Killig

Marion Ackermann


„Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung werden jetzt an einer Stelle definiert. Das schafft Klarheit und verhindert mögliche Grauzonen.“
Marion Ackermann

Neue Hierarchien nach dem großen Raub

Die Generaldirektorin Marion Ackermann leitet zusammen mit dem Kaufmännischen Direktor Dirk Burghardt die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. In Workshops mit den Teams der 15 Museen haben sie sich neue Ziele in Sachen Sicherheit, Rechnungswesen und Strategie gesetzt.

Nach dem Einbruch in das historische Grüne Gewölbe in Dresden haben wir die internen Strukturen selbstkritisch untersucht: Haben wir ein Sicherheitsproblem, an dem auch Organisationsdefizite schuld sind? Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) sind ein hochtourig laufender Betrieb. Wir hatten 2023 insgesamt 2,1 Millionen Besucherinnen und Besucher, und das in einer Stadt mit ihrerseits mehr als 500.000 Einwohnern. Zudem sind die Sammlungen ein Apparat, der sich seit 30 Jahren beständig transformiert. Auch deshalb war es so wichtig, die Organisation als solche in den Blick zu nehmen.

Dabei hat uns Metrum unterstützt. Die Untersuchung hat sich auf drei Bereiche bezogen: Sicherheit, Rechnungswesen und Strategie. Im Bereich Sicherheit waren wir absolut unterbesetzt, da haben wir nun aber eine eigene Abteilung mit weitreichenden Befugnissen etabliert. Beim Thema Strategie ging es um eine stärkere Orientierung auf Ziele. Die SKD sind ein Verbund von 15 Museen mit insgesamt 450 Mitarbeitenden. Dieser Verbund braucht klar definierte gemeinsame Ziele. Wir haben sie in Workshops zusammen mit Metrum und vielen Kolleginnen und Kollegen entwickelt – und zahlreiche Einzelmaßnahmen beschlossen. Um die umzusetzen, sind nun alle gefragt, nicht nur die Führungsebenen. Das ist der Versuch, Eigenverantwortung mit Kohärenz der Gesamtorganisation zu verbinden.

Nach dem Einbruch stellte sich auch die Frage von Verantwortlichkeiten. In gewisser Weise ist unsere Struktur jetzt deshalb hierarchischer als zuvor. Früher waren neben Dirk Burghardt als Kaufmännischem Direktor und mir als Sprecherin der Geschäftsführung drei weitere Direktorinnen und Direktoren in der Geschäftsführung der SKD. Das haben wir auf die beiden Personen reduziert, die am Ende wirklich die Verantwortung tragen, also auf mich und Dirk Burghardt. Gleichzeitig bekommt die Konferenz der Direktorinnen und Direktoren unserer 15 Museen ein starkes Eigengewicht.

Ein Instrument, das Metrum bei uns eingeführt hat, ist das „AKV-Prinzip“, mit dem Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung einer Stelle definiert werden. Das schafft Klarheit und verhindert mögliche Grauzonen: Wer ist wofür genau verantwortlich? Weil das vorher nicht eindeutig geregelt war, wurde oftmals durch eine Art Gewohnheitsrecht entschieden. Die Metrum-Berater haben das durchleuchtet und definierte Aufgaben nun konkreten Personen und Stellen zugeordnet. Für die Depots ihrer Museen zum Beispiel müssen die jeweiligen Direktorinnen und Direktoren selbst die unmittelbare Verantwortung haben. Dieser Prozess der Klärung und Neuordnung ist nicht frei von Konflikten und auch noch nicht abgeschlossen. Der Blick von außen, den die Berater mitbringen, hilft da sehr. Alles geschieht in großer Transparenz und Sachlichkeit.

Foto: privat

Regina-Dolores Stieler-Hinz


„Wir haben uns genau angesehen, wo eine Kooperation sinnvoll und Synergien möglich sind – und auch, wo nicht.“
Regina-Dolores Stieler-Hinz

„Den Weg haben wir alle gemeinsam erarbeitet.“

Regina-Dolores Stieler-Hinz (Bündnis 90/Die Grünen) ist Bürgermeisterin und Beigeordnete für Kultur, Schule und Sport in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt. Mithilfe der Kulturberatung wurden Bibliotheken, Ausstellungen und deren technische Infrastruktur neu aufgestelllt.

Als ich 2020 Kulturbeigeordnete wurde, waren einige Strukturen in der Kulturverwaltung deutlich verbesserungsfähig. Zum Teil waren sie stark auf die jeweiligen Personen in den Kultureinrichtungen zugeschnitten und in vieler Hinsicht nicht unbedingt effizient. Letztlich war und ist unser Ziel aber, mit den vorhandenen Ressourcen ein möglichst attraktives Kulturangebot zu bieten. Deshalb haben wir ein Projekt zur Strukturentwicklung aufgesetzt, bei dem wir mit Metrum zusammengearbeitet haben.

Viele Strukturen sind in den Jahrzehnten seit der Wiedervereinigung entstanden und nicht systemisch entwickelt worden. Es gab einen gewissen Wildwuchs. Das führte zum Beispiel dazu, dass die Stadtbibliothek in der Verwaltung zum Fachbereich Stadtgeschichte gehörte, was die krude Auswirkung hatte, dass sich auf Stellenausschreibungen für die Bibliothek vor allem Historiker beworben haben. Ein anderes Beispiel: Ein Teil der Museen war ebenfalls in der Verwaltung der Stadtgeschichte angesiedelt, das Kunstmuseum gehörte aber zum Fachbereich Kunst und Kultur. Das hat Kooperationen zwischen den Museen unnötig kompliziert gemacht – letztlich musste das wegen der getrennten Verwaltungsbereiche immer über die Dezernatsleitung laufen. Es gab da zum Beispiel einen Flyer „Magdeburger Museen“, der aber nur Ausstellungen im Kulturhistorischen Museum und im Naturkundemuseum angekündigt hat. Mir war wichtig, dass die Museen besser zusammenarbeiten, beim Marketing, beim Besucherservice und auch mit gemeinsamen Ausstellungsprojekten. Ein Ergebnis der Organisationsentwicklung ist, dass wir jetzt eine Stabsstelle Museumsservice haben, die sich um die technischen Belange aller Museen kümmert. Wir haben uns genau angesehen, wo eine Kooperation sinnvoll und Synergien möglich sind – und auch, wo nicht. Vermittlungsarbeit in einem Museum für moderne Kunst braucht andere Kompetenzen als die in einem Technik-Museum. Deshalb haben wir das, auch auf Wunsch der jeweiligen Museums-Direktoren, nicht fusioniert.

Der gesamte Prozess sollte den Wildwuchs aufdecken und gezielt fragen, welche Strukturen sinnvoll sind – auch wenn dabei Zuständigkeiten neu sortiert werden und einzelne Akteure auf einen Teil ihrer bisherigen Gestaltungsmöglichkeiten verzichten müssen. Es gab erstaunliche Personalkonstellationen: Die Fachbereichsleiterin Stadtgeschichte in der Verwaltung war in Personalunion auch Direktorin des Kulturhistorischen Museums. Sie hat in der Verwaltung also ihre eigene Museumsarbeit beaufsichtigt. Das geht natürlich nicht. Das mussten wir korrigieren.

Unser Vorgehen und alle dazugehörigen Workshops haben wir mit den Metrum-Beratern möglichst partizipativ angelegt und nicht nur die Direktionsebene, sondern auch die Team-Leitungen an den Tisch gebeten. Ich hatte zwar Zielvorstellungen vorgegeben, zum Beispiel die engere Kooperation der verschiedenen Institutionen, aber wie wir den Weg dorthin gestalten, haben wir alle gemeinsam erarbeitet. In solchen Prozessen eine neutrale Instanz von außen dabei zu haben ist nach unserer Erfahrung ein Segen.

Foto: Bernd Uhlig

Das zweitgrößte Musiktheater im Land, die Deutsche Oper in Berlin, kann sich visuelle Opulenz (noch) leisten, wie hier in „Siegfried“.

Foto: Julian Baumann

Neue Strukturen schaffen – ein Thema nicht nur neben, sondern auch auf der Bühne. In den Münchner Kammerspielen formt das Tanzstück „In Ordnung“ Umbrüche und eine Gesellschaft in Bewegung.

Foto: Thomas Aurin

Das renommierte Deutsche Schauspielhaus in Hamburg erhält jede Saison eine staatliche Förderung. So kann es etwa den Klassiker „Woyzeck“ in ein zeitgemäßes und schrilles Gewand stecken.

Foto: Matthias Baus

Das Theater Basel fährt Superlative auf. Die große Oper „Rigoletto“ von Giuseppe Verdi inszenierte der renommierte Regisseur Vincent Huguet, das Bühnenbild stammt von dem bekannten Designer Pierre Yovanovitch.