Wie gelingt die Nachfolgeregelung?

Junge Wilde und Alte Weise

In Abertausend Familienunternehmen steht die Nachfolgefrage an: vererben, verkaufen, stiften? Der Beratungsbedarf ist enorm. Das „Beratungskollektiv“ Futun offeriert passgenaue Angebote.




/ Ihre Beratung ist klein, die Adresse fein: Bahnhofstraße in Zürich. Sie sind hier zu sechst, Marcel Megerle und fünf weitere Mitstreiter. Man kennt sich aus der gemeinsamen Zeit an der Zeppelin Universität, die drüben in Deutschland liegt, am Bodensee, das ist nicht weit von hier.

An der Privatuni studierten und studieren viele, die heute zu ihrer potenziellen Klientel gehören: Leute, die vielleicht oder ganz gewiss einmal Spitzenmanager oder Unternehmerin werden, so wie es vor ihnen schon die Eltern geworden sind. Diesen Familien gehört im Zweifel eine Firma, vielleicht sogar eine große. Die wird eines nahen Tages in die Hände der nächsten Generation übergehen und dann müssen, können, sollten die heute 16- bis 40-jährigen Leute etwas damit anzufangen wissen – ob sie die Firma beispielsweise verkaufen, restrukturieren oder fortführen wollen. Und wenn das, dann wie?

Potenzial für große Konflikte

Genau darin besteht ihre Expertise hier in Zürich: wie man das am besten macht mit der Nachfolge, wer sie antritt, ob alles in der Familie bleibt oder eben genau nicht.

Marcel Megerle, 40, hat sich da mit seinem kleinen Team einen sehr großen Markt vorgenommen. Sein vor fünf Jahren gegründetes „Beratungskollektiv“ Futun hilft speziell Familienunternehmen bei der Regelung von Nachfolgen. Sie klären dabei die ganz großen Fragen: Wer führt das Unternehmen und das Vermögen in die Zukunft? Und wie kann diese Zukunft überhaupt aussehen?

„Es geht um viel mehr als nur um die Neubesetzung einiger Führungspositionen“, sagt er. „An jedem Generationswechsel in einem Familienunternehmen hängen zugleich strategische, steuerliche, finanzielle, emotionale und psychologische Fragen, die es für das Unternehmen und die damit verbundene Familie zu lösen gilt.“

Die haben viel Potenzial – für große Konflikte. Und das bedeutet auch: Es gibt jede Menge Bedarf an Unterstützung und das in gleich mehreren diffizilen Bereichen. „Früher haben sich Familienunternehmen nur selten dazu beraten lassen“, sagt Megerle. „Sie kamen oft erst dann auf die Idee, sich Hilfe zu holen, wenn es bereits zu spät war.“ Etwa, weil der Senior einfach nicht loslassen konnte. Weil eine Nachfolgerin nach kurzer Zeit frustriert schon wieder hingeschmissen hatte. Oder weil die Familie nach Konflikten rund um Erbe und Unternehmensführung zerstritten war.

Inzwischen aber, beobachtet Megerle, wollten es viele Familien besser machen, indem sie den Generationswechsel früher, professioneller und aktiv planen. Auch deshalb sind Unternehmensnachfolgen zu einem enormen Wachstumsmarkt für Unternehmensberater geworden. Denn in den kommenden Jahren bahnt sich eine regelrechte Welle aus Generationswechseln in der Wirtschaft an: Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn schätzt, dass hierzulande allein im Zeitraum von 2022 bis 2026 in 190.000 Familienunternehmen die Nachfolge geregelt werden muss.

Das sind im Durchschnitt rund 38.000 Unternehmensübergaben pro Jahr. Die meisten stehen bei kleineren Firmen mit einem Umsatz von 500.000 bis einer Million Euro an. Aber auch 1.200 große Unternehmen mit Jahresumsätzen von etwa 50 Millionen Euro werden in den kommenden Jahren Regelungen treffen müssen.

Gut die Hälfte der heutigen Firmenlenker (53 Prozent) plant dabei mit Nachfolgern aus der Familie. Ein etwas geringerer Anteil (45 Prozent) könnte sich einen Verkauf an Externe vorstellen. Für 26 Prozent kommt auch ein Verkauf an Mitarbeitende infrage.

Auf jeden Fall gehen in den kommenden Jahren große Vermögen, viel Einfluss und ordentlich Gestaltungsmacht in neue Hände über. Klar, dass auf Seiten der Dienstleister niemand das Geschäft mit dem Generationswechsel in den Unternehmen verpassen möchte: Von der großen Strategieberatung über Personal- und Steuerberater, Wirtschaftsprüfer bis hin zu Vermögensverwaltern, spezialisierten Beratungsgesellschaften und Führungscoaches: Alle dienen sich den Entscheiderinnen und Entscheidern in spe als Begleiter in das Unternehmerleben an.

In der Branche läuft das Ganze unter dem Schlagwort „NextGen“, und eben diese wird deshalb von allen Seiten ausgiebig mit Studien und Umfragen unter die Lupe genommen: Wie tickt die Generation der 16- bis 40-Jährigen, die in den Familienunternehmen in den kommenden Jahren das Ruder übernehmen könnte – und das in Zeiten, die so unübersichtlich und krisenhaft sind wie lange nicht? Unter welchen Bedingungen wollen und können die jungen Leute überhaupt noch Verantwortung übernehmen und führen? Wollen sie im Vorstand mitentscheiden – oder bevorzugen sie einen gut dotierten Posten im Beirat? Setzen sie geerbtes Vermögen lieber selbst als Gründer, Stifter oder Investoren für eigene Ideen ein, statt das elterliche Unternehmen weiterzuführen? Welche Werte haben sie, wo wollen sie hin, was wollen sie erreichen?

Aufseiten der Beraterwelt ergeben sich daraus eigene Fragen: Mit welchen Konzepten kann man potenzielle Nachfolger für sich gewinnen? Ist die NextGen offener für Consultants als die alte Garde, die sich oftmals nicht gern von Externen reinreden lässt? Lassen sich die Jungen von den Eltern ältere, konservative Berater zur Seite stellen? Oder suchen sie sich ein paar hippe, junge Consultants, die mit ihnen die Revolution proben und Themen wie Purpose, 4-Tage-Woche, Digitalisierung und – unabhängig von gesetzlichen Zwängen – Nachhaltigkeitsstrategien auf den Weg bringen?

Unternehmersohn Marcel Megerle glaubt, einige der Antworten auf diese Fragen zu kennen. Zwar hat sein Vater das Familienunternehmen verkauft, als er noch ein Kind war. Doch auch wenn er selbst nie in die Rolle des potenziellen Nachfolgers geschlüpft ist, hat er früh die Nähe zu jenen gehabt und gesucht, die in der Wirtschaft bald am Drücker sind – und es sich zur Aufgabe gemacht, ihre Besonderheiten genauestens zu studieren.

Seine Bachelorarbeit an der Zeppelin Universität (ZU) in Friedrichshafen, wo viele Unternehmersprösslinge studieren, schreibt Megerle mit Mitte zwanzig über die Erfolgsfaktoren mittelständischer Weltmarktführer. Schon während des Studiums steigt er bei der auf Familienunternehmen spezialisierten Beratungsgesellschaft Weissman & Cie. ein und wird nach wenigen Jahren ihr Geschäftsführer.

Wie tickt die Generation der 16- bis 40-Jährigen, die schon bald das Ruder übernehmen könnte?

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