Berater für die Energiewende

Mit Gummistiefeln und Gelbwesten

Das politisch ausgegebene Ziel der Klimaneutralität lässt den Markt für Energieberatung boomen. Doch das ist nur ein Grund für den Erfolg des BFE Instituts für Energie und Umwelt aus Mannheim. Andere haben mit Warnwesten, Gummistiefeln und einem überraschend weitsichtigen Mutterkonzern zu tun.





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/ Hidden Champion? Geschäftsführer André Martin zögert: Könnte vielleicht ein bisschen vermessen klingen für ein Beratungsunternehmen mit gut 70 Mitarbeitern. Andererseits: In ihrem Beritt gebe es sehr wenige ähnlich große und breit aufgestellte „Marktbegleiter“, wie sie Konkurrenten bei der BFE höflich nennen.

BFE? Jenseits spezialisierter Ingenieur- und Beraterkreise dürfte der Name – in voller Länge BFE Institut für Energie und Umwelt GmbH – kaum jemandem etwas sagen. Insofern gilt schon mal: Haken dran an „Hidden“. Und was den „Champion“ angeht, spricht einiges für eine führende Rolle dieser Berater. Sie haben sich der Energiewende in der deutschen Wirtschaft verschrieben. Dabei liegt ihr Fokus auf mittelständischen Unternehmen quer durch alle Branchen, vom Hotel bis zum Krankenhaus, vom Recyclingunternehmen bis zur Sahnemolkerei, vom Pflastersteinproduzenten bis zum Hersteller sogenannter Übergangssysteme zwischen den Teilen eines ICE. Und das schon ziemlich lange.

Angefangen hat die BFE 1979 ganz klein: Ein paar Ingenieure in Mühlhausen südlich von Mannheim eröffneten ein „Büro für Energieeffizienz“, dem sie den Zusatz „Institut“ anhängten – was damals wohl Wissenschaftlichkeit und Seriosität signalisieren sollte. Als die Strommärkte in den 1990er Jahren liberalisiert wurden, halfen die BFE-Berater ihren Kunden, im Tarifdickicht der wachsenden Zahl von Anbietern den besten Deal zu finden, um dann an der erzielten Einsparung mitzuverdienen.

2010 übernahm der Mannheimer Energieversorger MVV das Unternehmen. Seitdem hat es sich stark verändert, der Anspruch sei ein anderer, sagt BFE-Geschäftsführer Martin: „Heute beraten wir Kunden in allen Facetten der Energie – technisch-technologisch, kaufmännisch, strategisch. Wir helfen ihnen, sich zukunftsfähig zu machen für den Weg in die Dekarbonisierung.“

Das Geschäft läuft bestens. Laut eigenen Angaben hat die BFE in ihrer Geschichte mehr als 17.000 Projekte bei Kunden realisiert und damit so viele wie vielleicht kein anderer „Marktbegleiter“. Der Umsatz des Unternehmens mit Standorten in Berlin, Hamburg, München und dem bisherigen Stammsitz in Mühlhausen wachse seit Jahren im zweistelligen Bereich, sagt Martin. Ständig stelle er neue Kollegen ein, 100 Mitarbeiter sollen es bald sein. Diesen Sommer zieht die Firmenzentrale nach Mannheim um.


BFE-Geschäftsführer André Martin


Prokurist Thomas Parth

Beste Marktaussichten

Dass die Energieberaterzunft boomt, liegt zweifellos am politisch festgelegten Ziel, die Klimaneutralität zu erreichen, und der damit einhergehenden gesetzlichen Regulierung: Unternehmen müssen sich Energieaudits und Zertifizierungen stellen, Gebäude und Produktionsanlagen energetisch auf Stand bringen. „Vor allem kleine und mittelständische Firmen überblicken kaum noch, welchen Berichtspflichten sie unterliegen, welche Technologien verfügbar sind oder aus welchem Topf sie möglicherweise Fördergeld bekommen können“, sagt BFE-Prokurist Thomas Parth. Was früher vielleicht der Controller oder der Einkäufer irgendwie nebenher geleistet habe, erfordere heute einen eigenen Energiemanager oder gleich ein kleines Team. „Aber wer kann sich das leisten?“, fragt Parth. „Und selbst wenn – die Leute sind kaum zu finden.“ Also ist externer Rat gefragter denn je.

In einer Untersuchung von 2022 kommt die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) zum Ergebnis, dass sich das Marktvolumen der Energiedienstleistungen für Unternehmen zwischen 2017 und 2021 von rund 300 auf mindestens 540 Millionen Euro erhöht hat. Energieberater würden die Entwicklung in den nächsten Jahren „generell sehr positiv“ einschätzen, heißt es. Nie habe man derart gute Marktaussichten gemessen.

Dass sich die BFE ein gutes Stück vom größer gewordenen Kuchen sichern kann, hat vor allem zwei Gründe. Da ist zum einen die Struktur des Beratermarkts. In ihm sind kleine Ingenieurbüros mit kaum einer Handvoll Mitarbeiter die mit Abstand größte Gruppe. Denen dürfte es in Zukunft immer schwerer fallen, die wachsenden Anforderungen gewerblicher Klienten zu bedienen.

Auf der anderen Seite stehen die großen internationalen Beratungshäuser wie PwC, Capgemini oder Accenture, die sich, so erlebt es BFE-Chef Martin, stark auf die Nachhaltigkeitsberatung großer Konzerne verlegt haben. Und zwischen den sehr Kleinen und den ganz Großen ist Raum für Mittelstandsberater wie die BFE und ihre Wettbewerber wie Ökotec, ECG, Limón oder VEA.

Daneben profitiert die BFE von ihrer Konzernmutter, dem Mannheimer Energieversorger MVV. Der milliardenschwere Konzern, der zur Hälfte der Stadt gehört, ist zwar am Großkraftwerk Mannheim beteiligt, Deutschlands größtem Steinkohlemeiler, hat sich aber recht viel vorgenommen: Von 2035 an will das Unternehmen klimapositiv sein.

Zwischen den sehr Kleinen und den ganz Großen bleibt ausreichend Raum für mittelständische Berater. 

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