Nun, wir sind überzeugt.

Zugegeben, am Anfang waren wir skeptisch. Als sich Ulrike Lerchl vor anderthalb Jahren mit ihrem Vorschlag an die Redaktion wandte, ihrer Heimat eine Ausgabe zu widmen, brauchten wir ein wenig Bedenkzeit. "Region Elbland" sollte das Heft damals noch heißen und einen weiten Bogen schlagen von der Elbmetropole in die Region. Während uns die gebürtige Dresdnerin, im Hauptberuf Werberin und PR-Fachfrau, mit immer neuen Ideen anfütterte, stellten wir erste eigene Recherchen an ­ und stießen auf bemerkenswerte Fakten.




20 Jahre nach dem Mauerfall gilt Dresden (zum dritten Mal in Folge übrigens) als dynamischste Metropole Deutschlands. Rund um die Stadt der Dichter und Denker sind in den vergangenen Jahren zigtausend Arbeitsplätze entstanden; laut Bitkom, dem Bundesverband Informationswirtschaft, hat die Stadt heute mit einem Anteil von 8,7 Prozent die meisten Beschäftigten im Hightech-Sektor, gemessen an anderen Großstädten. Daneben punktet die sächsische Landeshauptstadt deutschlandweit mit den meisten Wissenschaftsinstituten, mit hoher Lebensqualität, schlauen Schülern und mit einem einmaligen Betreuungsangebot: Die Versorgungsquote von Kindern zwischen einem und drei Jahren liegt in Dresden bei 37,7 Prozent, in der Gesamtregion sind es 37 Prozent. Zum Vergleich: Bayern bringt es auf eine Quote von 13,2, Baden-Württemberg auf 13,7 Prozent.

Gründe genug, uns auf den Weg an die Elbe zu machen und herauszufinden, was Stadt und Region mit den Landkreisen Bautzen, Meißen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge neben ihrer landschaftlichen Schönheit, ihrer barocken Pracht, ihren einmaligen Kulturschätzen, Gebäuden und Kunstsammlungen von Weltruf heute noch alles zu bieten haben.

Was wir vor Ort gefunden haben an Geschichte und Geschichten, würde mühelos mehrere Hefte ausfüllen. Allein mit Kunst und Kultur, mit Schlössern und Burgen, mit historischer und moderner Architektur, mit Brücken, Flüssen, Auen, Seen, mit Erfindungen, Handwerk, Uhren und Porzellan, mit Wirtschaft, Winzern und Weinen ließen sich üppige Neuland-Ausgaben bestücken, ganz zu schweigen von den zahllosen Beispielen von Menschen und Ideen, die sich nach dem Zusammenbruch des DDR-Regimes auf den Weg an die Spitze gemacht haben.

Das war es vielleicht, was uns vor Ort am meisten beeinduckte ­ weshalb wir uns entschlossen haben, nicht in einzelnen Geschichten darauf einzugehen: die Bereitschaft der Menschen, nach jedem Sturz wieder aufzustehen. Die Region hat Kriege, Zerstörung, Diktatur und Jahrhundertflut überlebt ­ und nach jeder Krise unverdrossen einen Neustart gewagt. Ehrgeizig, erfindungsreich und risikofreudig.

Thomas Brussig, Buchautor und Drehbuchschreiber der "Sonnenallee", der sich auf die Suche nach der sächsischen Seele machte, nennt die Menschen in seinem Stück ruhelos, unermüdlich und "fichelant", was so viel bedeutet wie wendig und anpassungsfähig. Den Ruf eines Barack Obama kenne der Sachse schon lange: "Nu, mir gönn!" heißt die optimistische Ja-wir-schaffen-das-Parole auf Sächsisch.

Mit dieser Könnerschaft haben sie in der Region konsequent Bildung und Forschung gestärkt, Bewahrenswertes bewahrt, neue Industrien gepflanzt und die Basis für eine erfolgreiche Zukunft gelegt. Sie wird ihnen vermutlich auch helfen, neue Wege für ihre alternde Gesellschaft, für ausblutende Dörfer, für die vielen Menschen ohne Arbeit und für schwächelnde Industrien zu finden. Nach einigen Monaten vor Ort muss die Redaktion davon jedenfalls nicht mehr überzeugt werden.

Susanne Risch,
Chefredakteurin