T+A Elektroakustik

T+A ist der einzige Hersteller von Hi-Fi-Geräten, der fast ausschließlich in Deutschland produziert. Und zwar in Handarbeit. Das Ergebnis ist ganz einfach: verdammt gut.




Es soll wie Bedauern klingen, aber Siegfried Amft kann gar nicht verhindern, dass in seinem Tonfall auch eine Portion Stolz mitschwingt: "Da gibt es Leute", erzählt der 57-Jährige, "die bringen uns Lautsprecher, die ein Vierteljahrhundert alt sind ­ und wir reparieren die auch noch, statt ihnen neue zu verkaufen."

T+A-Produkte halten nun mal eine kleine Ewigkeit, und T+A-Kunden halten ihnen nicht selten ebenso lange die Treue. So gesehen müsste die Herforder Hi-Fi-Manufaktur längst pleite sein ­ würden nicht Geschäftsführer Amft und sein Entwicklungsleiter Lothar Wiemann den Markt immer wieder mit technischen Neuheiten aufmischen, die Maßstäbe setzen. Elektronische Avantgarde, perfekt im Klang, hervorragend verarbeitet, sachlich elegant im Design ­ unwiderstehlich genug jedenfalls, um die Stammkundschaft zum Nachrüsten zu bewegen und bisweilen auch ganz neue Käuferkreise nervös zu machen.

Wie beim jüngsten Beispiel, dem "Music Player" aus der neuen E-Serie. Eine bisher einmalige Kombination aus hoch- wertigem CD-Spieler und sogenanntem Netzwerk-Client. Das Allround-Talent tastet nicht nur ganz klassisch Silberscheiben ab, es durchstreift auch das Internet, sucht und ordnet die unzähligen Web-Radios nach Ländern oder Genres wie Rock, Jazz oder Klassik. Gleichzeitig kann es UKW-Sender auch über den Äther empfangen, hält Anschluss und Verbindungskabel für Apples iPod bereit, und vor allem: Es saugt Musikdateien jeglicher Art von externen Festplatten und verwandelt sie in einen audiophilen Hörgenuss. "Junge Leute, die ihre Musik inzwischen im Computer speichern und verwalten, wurden im High-End-Segment bisher ausgegrenzt", sagt Siegfried Amft. "Wir wollten ein Gerät bauen, das die neuen Formate richtig gut zum Klingen bringt."

Der Handel spricht von "Wunderding", die Fachpresse überschlägt sich. "Mit der neuen E-Serie definieren die Herforder schlicht Hi-Fi neu", schrieb das Magazin Audio in seiner Dezemberausgabe. Und legte Wert auf die Feststellung, dass man mit dem Kauf nicht nur ein exzellentes Produkt erstehe, sondern auch "die Gewissheit, dass die Einzelteile nicht würdelos in einer nach Lötblei riechenden Lagerhalle am anderen Ende der Welt zusammengeschraubt wurden." Auch in Globalisierungszeiten bleibe T+A dem Produktionsstandort Ostwestfalen treu ­ aus Sicht des Fachblatts eine wohltuende Ausnahme. Tatsächlich gibt es in Deutschland kein zweites Unternehmen, das vom analogen Plattenspieler bis zum Surround- Receiver ein Hi-Fi-Vollsortiment aus fast ausschließlich heimischer Produktion anbietet und dabei weitgehend in Handarbeit fertigt.

Begonnen hat alles in den siebziger Jahren. Man hörte Pink Floyd und Jethro Tull in rauchgeschwängerten Partyräumen. Der Hi-Fi-Turm löste den Kassettenrekorder ab, und so mancher Freak baute sich die dazugehörigen Lautsprecherboxen selbst, im Keller oder in der Garage. Auch Siegfried Amft. Nur dass seine Bastelei auf einem etwas höheren Niveau stattfand. Denn er studierte Physik an der Technischen Universität Hannover und absolvierte Praxissemester in Elektroakustik. Und das nicht bei irgendwem, sondern bei Fritz Sennheiser, dem Gründer des legendären Mikrofon- und Kopfhörerherstellers.

Als Siegfried Amft Ende 1977 sein Di-plom in der Tasche hat, bekommt er ein Angebot von der AEG. "Da hätte ich in Frankfurt Lichtleiter entwickelt, in einem Großbüro mit hundert anderen Physikern." Geigenspieler Amft, für den Beethovens Violinkonzert das Größte ist, will lieber bei der Musik bleiben und macht sich mit dem Lautsprecherbau selbstständig.

Theorie und Anwendung

Die kleine Drei-Mann-Firma nennt er T+A, stellvertretend für "Theorie und Anwendung". Fragt man Amft, welche Drogen bei der Namensfindung im Spiel gewesen sein könnten, weiß der gar nicht, worauf man hinauswill. Vollblut-Physiker halt. Er findet die nüchterne Bezeichnung einfach nur nahe liegend und völlig selbstverständlich.

Im Grunde ist es auch genau das, was in der Herforder Klangschmiede seit drei Jahrzehnten und mit inzwischen 90 Mitarbeitern passiert. Wobei für die Theorie vor allem der Name Lothar Wiemann steht, den Amft seit seiner Schulzeit kennt und als "Genie" tituliert. Wiemann ist ebenfalls Physiker und war Anfang der achtziger Jahre maßgeblich an der Entwicklung der Transmissionline-Boxen beteiligt, dem ersten großen Technik-Coup und kommerziellen Durchbruch der Firma. Mit diesem Prinzip, noch immer Grundlage für die erfolgreichste Lautsprecherserie des Hauses, lassen sich sehr tiefe und besonders präzise Basstöne erzeugen.

Heute leitet der 48-Jährige ein Team von zehn Ingenieuren und schätzt bei T+A vor allem, dass die komplette Entwicklung vor Ort abläuft. "Anders als viele Großbetriebe, die ihre Software-Entwicklung nach Indien outsourcen, machen wir das selbst. Bis zur letzten Schraube liegt hier alles in einer Hand, so können wir schnell und auf kurzem Weg Neues ausprobieren."

Hält die Theorie der Anwendung in Messlabor und Hörraum stand, folgt die Produktion. Und dafür braucht es ruhige Hände. Es sind auffällig viele Frauen, die bei T+A über Platinen gebeugt mit Pinzetten hantieren, als würden sie Insekten operieren. Eine Frau ist es auch, durch deren Hände Generationen von Lautsprechern gegangen sind: Waltraud Heidemeier. Die 52-Jährige bestückt die edlen Gehäuse mit Dämmstoffen und Chassis ­ und ist ein Stück lebendige Firmengeschichte, denn sie macht das seit 29 Jahren.

Etwa 8000 bis 9000 Lautsprecher und ebenso viele Elektrogeräte verlassen die Firma pro Jahr. "Statt ein Modell in großen Stückzahlen", sagt Amft "machen wir viele Modelle in geringen Auflagen." Auch deshalb sind T+A-Produkte teurer als Massenware aus Fernost; ein CD-Spieler der beliebten R-Serie kostet zum Beispiel 3000 Euro. In Tests wird den Geräten dennoch ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis bescheinigt. Auf die schicken Schallwunder aus Herford fahren seit einiger Zeit besonders Russen und Amerikaner ab. Lag die Exportquote 2002 noch bei sieben Prozent, sind es heute 33 Prozent.

Im Juni, zum 30-jährigen Firmenjubi-läum mit Feier und "open factory", ist deshalb mit High-End-Jüngern aus aller Welt im Werk in der Planckstraße zu rechnen. Selbst Branchenkenner können die Zeit bis dahin kaum abwarten und schütteln schon heute kleine Festreden aus dem Ärmel. "Siegfried Amft ist ein konsequenter Zielgruppenarbeiter, der niemals seinen Qualitätsanspruch aus den Augen verloren hat", lobt etwa Audio-Chefredakteur Joachim Pfeiffer. Sein Kollege Holger Biermann vom Konkurrenzblatt Stereoplay meint: "T+A ist eine richtig schöne deutsche Vorzeigefirma mit hoher Hi-Fi-Unternehmenskultur." Und eine richtig schöne Erfolgsgeschichte ist es auch.