Was wurde aus 10 2009
Wellenkraftwerk auf der Azoreninsel Pico

Was wurde aus dem Wellenkraftwerk auf Pico?

In der brand eins Ausgabe 10/2009 berichtete brand eins Autor Thomas Ramge über ein Wellenkraftwerk auf der Azoreninsel Pico. Anfang Januar war der deutsche Projektleiter Victor Winands in Berlin – und berichtete von erheblichen Fortschritten des „Projektes“.



Dem schnaufenden Betonriesen mitten im Atlantik geht es immer besser. Und er produziert immer mehr Energie. Das hat vor allem zwei Gründe:

Zum einen ist die Finanzierung von Victor Winands auf der Insel bis auf weiteres gesichert. Er promoviert nun über das Projekt „Pico II“. Zum Zweiten tragen die konsequenten Reparaturarbeiten der letzen drei Jahre ihre Früchte.

Mehrere Tests haben bestätigt, dass die Windturbine auch bei hohen Drehzahlen (1300 bis 1500 Umdrehungen pro Minute) nun ohne nennenswerte Vibrationen und damit sicher arbeitet. Die Vibrationen waren einst einer der Hauptgründe dafür, warum das der Betrieb des Kraftwerks zur Jahrtausendwende eingestellt worden war. Etwas platt ausgedrückt: Bei zu hohen Vibrationen drohte die Turbine, den Ingenieuren um die Ohren zu fliegen. Kurz nach Abreise unseres Reporters traf auch der reparierte Hauptcomputer auf der Insel ein. Seitdem arbeitet auch die Elektronik des Kraftwerks, lange eine der Schwachstellen, laut Winands „weitgehend zuverlässig“. Ihm und seinem Kollegen Izan Le Comb ist es im Spätsommer zudem gelungen, die Löcher in der Druckkammer teilweise zu stopfen.

Im Herbst konnte dann der erste Langzeittest des Kraftwerks gefahren werden. Die Ergebnisse übertrafen die Erwartungen. Während des 100-Stunden-Tests speiste das Kraftwerk rund 1 MWh Strom in das öffentliche Netz der Insel ein. Die maximale Leistung während des Tests betrug ca. 160kW. Das ist mehr als bei den meisten anderen Wellenkraft-Projekten mit deutlich mehr Kapital. Während des Tests traten keine unerwarteten Probleme auf und auch nach vollständiger Untersuchung im Anschluss stand fest: Kein Verschleiß, keine Defekte.

Dieser erste große Test wurde noch „in manuellem Betrieb“ gefahren. Das heißt einer der beiden Ingenieure war immer am Kraftwerk und passte bestimmte technische Stellgrößen am Kraftwerk den Wellen an. Ende Dezember 2009 führten Winands und Le Comb dann ein ersten 10-Stundentest im Automatikmodus bei ca. zwei Meter Wellenhöhe durch. Auch dieser Betriebstest verlief reibungslos.

Dieser Tage fliegt Winands zurück nach Pico. Der Forschungsplan für das erste Halbjahr 2010 steht

- Installation und Inbetriebnahme des Wellensensors einige Dutzend Meter vor dem Kraftwerk. Der Sensor soll die Kraftwerkselektronik über Frequenz und Stärke der Wellen vorwarnen.

- Zunächst ein 14-tägier Dauerbetriebstest im Automatikmodus, dem dann möglichst viele Betriebsstunden folgen können.

- Die Einrichtung eines Systems zur Online-Fernsteuerung des Kraftwerks

- Beginn der Optimierung der Leistungserzeugung bei noch leicht begrenzter Drehzahl

Bei alle Erfolgen bleiben Herausforderungen. Für umfangreiche Stabilisierungsarbeiten am Gebäude – an dem die Wellen weiter nagen – fehlen zurzeit die notwendigen Mittel. Auch die Elektrik im Kraftwerk muss schrittweise erneuert werden. Winands hat angekündigt, sich nun verstärkt auf Sponsorensuche zu machen. Er ist optimistisch: „Die positiven Testergebnisse dürften dabei nicht hinderlich sein.“

Lesen Sie den Artikel aus der Ausgabe 10/2009:

Seit hundert Jahren versuchen Techniker, die Kraft der Meereswellen in elektrischen Strom zu wandeln. So richtig ist das noch keinem gelungen. Ein einsamer Ingenieur auf einer Azoreninsel gibt den Kampf nicht auf.

Artikel lesen