Was wurde aus den Kümmerern von IGB Haus?
2008 beschrieb brand eins die Firma IGB Haus im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf, einen der größten Anbieter für schlüsselfertige Einfamilienhäuser. Das Unternehmen hatte eine kleine Kulturrevolution gewagt.
„Der Kunde ärgert sich und empfiehlt uns nicht weiter“, sagte ein Bauleiter von IBG Haus damals und erklärte, warum sein Unternehmen andere Wege als die übrige Bauwirtschaft gehe. Man bemühe sich eben um die Kunden, achte auf Handwerker, Lieferanten, Mängel, Termine. Seither erlebe man kaum noch schwierige Bauherren, hieß es.
Das war einmal. In einer anderen, glücklicheren Zeit.
Heute lesen sich Bauprotokolle und elektronisch datierte Fotos so: Familie H. in Reutlingen gibt ein Eigenheim in Auftrag. Im März 2010 geht es los. Beim zugesagten Einzugstermin, ein halbes Jahr später, steht erst der Keller. Dann aber soll alles schnell gehen. Drei Monate später: Der nächste Einzugstermin platzt. Der Innenausbau stockt. Noch einmal drei Monate – aber die Familie, mittlerweile mit Säugling, kann noch immer nicht einziehen. Es ist der ganz normale Wahnsinn, der Bau-Laien selten erspart bleibt. Über Wochen ist die Baustelle immer wieder verwaist. Handwerker brechen die Arbeit ab, weil sie nicht bezahlt werden. Bauleiter gehen auf Tauchstation, sind unerreichbar, werden abgezogen. „Die Kümmerer“ aus Büdelsdorf kümmert es offenbar nicht. Weitere Bautagebücher im Internet zeigen, dass die Reutlinger Familie mit ihren Erlebnissen nicht allein ist.
Die Firma, von brand eins um eine Erklärung gebeten, gibt „unumwunden zu: Seit einigen Monaten fehlen uns in allen Gewerken Handwerkspartner.“ Und: „Finanzielle Schäden entstehen der Familie nicht; für die kommen wir selbstverständlich auf.“ Und: „Wir schämen uns auch vor den Kunden, die enttäuscht werden.“
Die Wirklichkeit sieht anders aus und wirkliche Beschämung auch. Statt einen stark in Verzug geratenen Bau zügig zu vollenden, bietet IBG Haus der Familie die Aufhebung des Hausbauvertrages an. Man stellt Arbeiten in Rechnung, die weder erledigt noch abgenommen sind. Und statt Handwerker und Bauleiter schickt es manchmal Mahnungen. Es weist Forderungen nach angemessener Entschädigung ab – für Miete, Baukosten, Versicherungen und laufende Hypothekenkredite. Fragen, Wünsche, Mängelrügen des Bauherrn? Nebensache. Der nun versprochene Einzugstermin im Mai 2011 liegt bereits 15 Monate nach dem Baubeginn.
Trotz alledem schmückt IBG Haus seine Website mit dem Dekra-Zertifikat DIN ISO 9001:2008, das erst zu Jahresbeginn erneuert worden ist – ein Siegel für Qualitätsmanagement. Und behauptet: „ ... dass der Vertrieb, die Entwicklung, die Planung und der Bau aller IBG Häuser garantiert auf dem höchst möglichen Qualitätsstandard ausgeführt werden“. Missverständnis oder Irreführung?
Die Dekra Certification GmbH in Stuttgart stellt auf Nachfrage klar: „Ein Zertifikat trifft keine Aussagen zur Güte einzelner Dienstleistungen oder Erzeugnisse, sondern attestiert einen Handlungsrahmen, in dem z.B. eine gute Dienstleistung möglich ist.“ Produktwerbung sei mit dem Siegel nicht erlaubt.
Als die Dekra die geschäftstüchtige, aber unrichtige Darstellung des Gütesiegels beanstandet hatte, korrigierte das Bauunternehmen seinen Internet-Auftritt.