Konrad Bergmeister

Konrad Bergmeister steht in einer Kaverne, einem Hohlraum, tief im Fels hinter der Ortschaft Mauls. Es ist grau, warm und feucht. Kompressoren rattern. Lichter blinken. Bergmeister erzählt vom Brixner Granit, aus dem der Berg hier besteht, und von der Periadriatrischen Naht, einer geologischen Störungszone. Er erzählt von 1000 Arbeitern aus halb Europa. Und dass sich Österreich, Italien und die EU die gut 8,5 Milliarden Euro teilen, die er kosten soll: der Brenner Basistunnel (BBT).


Ein monströses Projekt. Zwei Röhren für den Personen- und Güterzugverkehr von Tulfes bei Innsbruck nach Franzensfeste sowie eine weitere zur Erkundung werden hier durch den Stein getrieben. Jede ist 64 Kilometer lang. Die Fahrtzeit der Personenzüge wird sich mit dem Tunnel von 80 auf 25 Minuten verkürzen. Wenn er 2026 fertig ist, wird es die längste unterirdische Eisenbahnverbindung weltweit sein.

Eine Lebensaufgabe – für alle Beteiligten

28 Kilometer Tunnel sind bereits ausgebrochen. 17 Millionen Kubikmeter Gestein müssen insgesamt entsorgt werden. Die Kaverne, in der demnächst die Tunnelbohrmaschine montiert werden soll, ist 18 Meter hoch. 300 Quadratmeter Querschnittsfläche. Durch einen meterdicken Schlauch wird Frischluft gepumpt. Schwerlaster erscheinen in der dunstigen Ferne wie Spielzeug. Bergmeister sagt: „Es sind schon gewaltige Dimensionen. Eine Lebensaufgabe für alle Beteiligten.“

Er ist auf einem Bergbauernhof aufgewachsen, 1400 Meter über dem Pustertal. Ältestes von acht Kindern. Arbeit und Armut bestimmten das Leben. Als er einen Aufsatzwettbewerb und ein Stipendium gewann, empfahl der Schuldirektor, der Bub solle „etwas Technisches lernen“. Bergmeister studierte Bauingenieurswesen.

Sein Interesse an einem Tunnel durch die Alpen entwickelte sich während seiner Zeit als Technischer Direktor der Brennerautobahn. „Erstens: weil es machbar ist. Zweitens: weil es Sinn macht.“ Gut ein Viertel aller Güter, die die Alpen überqueren, gehen über den Brenner, davon mehr als zwei Drittel, 112 Millionen Tonnen, auf der Straße. Alle 14 Sekunden ein Lkw, 6000 täglich. Die Schiene, sagt Bergmeister, müsse in Zukunft stärker die Mobilität bestimmen.

Am Brenner Basistunnel kooperieren Bundesländer (Tirol, Bayern), Provinzen (Bozen, Trient, Verona), Staaten (Italien, Österreich, Deutschland) und ihre Eisenbahngesellschaften. Doch möglich wurde er erst, als Konrad Bergmeister und der inzwischen verstorbene EU-Koordinator Karel Van Miert alle Parteien an einen Tisch brachten und 2009 ein Katalog mit den 80 wichtigsten Maßnahmen beschlossen wurde.

Die lokale Bevölkerung versucht Bergmeister seitdem bei bis zu 150 Vorträgen im Jahr zu überzeugen. Daneben ist er Präsident der Freien Universität Bozen und Professor an der Universität für Bodenkultur in Wien. Wie er das alles schafft? Die Antwort liegt in den Bergen. Die alpine Welt erzieht den Südtiroler, mit Hindernissen zu leben und sie zu überwinden. Auch wenn er sich dafür durch sie hindurchgraben muss.


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.