Zuse-Computer-Museum Hoyerswerda

Über Jahrzehnte war Hoyerswerda ein höchst moderner Ort. Mit einem Museum will die Stadt nun an diese Zeit anschließen.



In der Vergangenheit war die Leiterin der Wohnungsgesellschaft Hoyerswerda vor allem mit Abriss beschäftigt.


Städte leben von Visionären, die sie voranbringen, getrieben von Heimatliebe und einer Vision. Menschen wie Margitta Faßl. Die 65-Jährige könnte in den Ruhestand gehen, stattdessen arbeitet sie an einer neuen Perspektive für Hoyerswerda. Dazu beitragen soll das ZCOM (Zuse-Computer-Museum), ein Museum, das dem Erfinder, Unternehmer und weltbekannten Computerpionier Konrad Zuse gewidmet ist, der hier lebte und 1928 sein Abitur in der Stadt gemacht hat.

Das Projekt ist ihre Idee, und für sie lag es nahe: „Es gab seit 1995 eine Sammlung von Rechenmaschinen, die anlässlich eines Besuchs von Zuse in Hoyerswerda gestartet wurde“, erzählt Faßl. „Die Apparate waren am Rande der Stadt untergebracht, und viele Stücke befanden sich im Lager. Nun bringen wir die gesamte Sammlung auf 1300 Quadratmetern in der Neustadt unter, ganz zentral in den Ladenflächen eines Elfgeschossers.“

Als Standort für ein Museum ist das ziemlich modern, aber Hoyerswerda war immer ein Ort, an dem die Zukunft stattfand: Hier entstand der erste Plattenbau der Welt, als die Stadt in den Fünfzigern zum Zentrum der „Energieregion“ der DDR ausgebaut wurde. Und hier wurde Konrad Zuse zur wohl wichtigsten Erfindung des 20. Jahrhunderts inspiriert, dem ersten funktionsfähigen Digitalrechner. Jahrzehnte später schrieb der Bauingenieur über die Atmosphäre, die seine Jugend prägte: „In Hoyerswerda gab es endlich auch eine technische, eine technisierte Umwelt. Nicht weit von der Stadt lagen modern eingerichtete Braunkohlegruben … Die großen Abraumförderbrücken gaben mir eine erste Vorstellung von einem automatisierten, technischen Zeitalter.“

Margitta Faßl will auch nach vorn denken. Sie weiß aus ihrer Arbeit, wie nötig ihre Stadt eine Perspektive hat: Seit 1993 leitet die Diplom-Ingenieurin die Wohnungsgesellschaft Hoyerswerda, der eine Vielzahl von Häusern im Plattenbauviertel Neustadt gehört. In den vergangenen Jahren war sie in ihrer Position vor allem mit ­ der Stadtschrumpfung beschäftigt – also mit Abriss. Das sei nicht immer einfach gewesen, sagt sie: „Ein Großteil der Älteren, vor allem die Bergbaurentner, hadern sehr mit dem Thema Rückbau.“

Faßl kann das verstehen – beirren lässt sie sich davon nicht. Denn bei allem Sinn fürs Bewahren: Manchmal müssen die Relikte der Vergangenheit weg, um Platz für Neues zu schaffen. Auch das Museum soll mehr sein als ein Ort der Erinnerung. „Das ZCOM wird die alten Rechenmaschinen, die wir besitzen, in einem sinnvollen Rahmen zeigen, außerdem wollen wir damit einen besonderen Ort der Bildung schaffen.“ Langfristig hat die Ingenieurin aber noch eine andere Vision: Die Geschichte soll wieder aufleben – und im Idealfall Unternehmen aus der Computerbranche oder den neuen Medien an den traditionsreichen Ort ziehen.

Margitta Faßl verfolgt derweil schon die nächste Idee. Sie hat einen Film über Gärten in der Stadt gesehen, die in Gebäuden angelegt werden, erzählt sie. An einigen dieser Projekte ist die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden beteiligt, zu der sie deshalb gerade Kontakt aufnehme. „Vielleicht ist es möglich, einen Plattenbau, der nicht mehr gebraucht wird, für so ein Projekt zu nutzen?“ Die Rente kann warten. Margitta Faßl hat noch zu tun. Und lächelt wie eine, die weiß: Die Zukunft kommt nicht einfach – sie wird gemacht.


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.