Auf Kaffeefahrt

Wer exzellentes Essen in großer Vielfalt sucht, geht heute auf den Markt. Dort werden die klassischen Imbisswagen seit einigen Jahren zunehmend von bunten Foodtrucks ersetzt. Ihr Angebot ist oft hervorragend, vom Edelburger über Käsespätzle bis hin zum veganen Streuselkuchen. Ein Trend, der auch vor Kaffee nicht haltmacht. Wir waren auf Tour mit einem mobilen Barista.



Kaffee in zahlen 2016


Köln reibt sich noch etwas verschlafen die Augen, als Alex Verwohl morgens um halb sieben am Auerbachplatz im Stadtteil Sülz vorfährt. In einer halben Stunde beginnt hier der Wochenmarkt, auf dem der 46-Jährige jeden Dienstag und Freitag hinter seinem Kaffeestand auf Kunden wartet.

Im Moment ist der Stand noch ein kleiner einachsiger ­Kastenanhänger, den Verwohl wie immer direkt über der ­Einfahrt zur öffentlichen Tiefgarage abstellt, die sich unter dem Markt befindet. Nachdem er den Hänger abgekoppelt hat, zieht er zwei große Metallkisten, einen Karton Vollmilch und Küchenpapierrollen aus dem Kofferraum seines SUVs, einem blauen Subaru Forester. Anschließend fährt er das Auto vom Marktgelände und parkt es in einer der umliegenden Straßen.

Auf dem Rückweg kauft Verwohl noch schnell den „Kölner Stadt-Anzeiger“, manche Kunden wollen Zeitung lesen, auch beim Kaffee im Stehen. Dann zieht er die Plane vom Anhänger, klappt die Seitenwände nach unten, und sein Schmuckstück kommt zum Vorschein: eine leuchtend orangefarbene „La San Marco“, Baujahr 1980. Verwohl hat die italienische Siebträgermaschine gebraucht über das Internet gekauft. „Sie war in einem desolaten Zustand, aber ich habe sie restaurieren lassen. Sie ist wunderbar schlicht, sehr robust und unkompliziert in der Bedienung.“ Er holt die Kabeltrommel, verbindet die Maschine mit dem nächsten Stromkasten und drückt den Einschaltknopf. „Das muss immer als Erstes passieren“, sagt er, „denn sie braucht eine Weile, bis sie auf Temperatur ist. Im Café bleiben solche Maschinen deshalb ständig eingeschaltet, aber das geht bei mir ja nicht.“

Jeder Handgriff sitzt

Dafür geht etwas anderes: die Verwandlung eines schnöden rechteckigen Transportvehikels in einen schnuckelig-einladenden Kaffeetreff – ohne Hektik, aber recht zügig, weil ­jeder Handgriff sitzt. Als der große Schirm aufgespannt ist und die zwei Bistrotische postiert, Zuckerspender, Umrührstäbe, Servietten, Teelichter und Blümchen an ihrem Platz sind, ist von einem Anhänger nichts mehr zu sehen. „Manch einer entdeckt irgendwann vorne die Zuggabel, nachdem er schon zigmal hier war, und ist völlig baff“, sagt Verwohl.

Das freut ihn besonders, weil der Anhänger eigentlich eine Notlösung ist. Als Alex Verwohl im Sommer 2012 nach monatelangen Vorbereitungen den Entschluss umsetzte, unter dem augenzwinkernden Firmennamen „Kaffeefahrt“ künftig als Barista auf Rädern sein Geld zu verdienen, begann er mit einem mobilen Arbeitsplatz, wie er charmanter kaum sein könnte: mit einem dreirädrigen holländischen Lastenfahrrad, überdacht von einer Lkw-Plane. Das war, dank einer kleinen gasbetriebenen Handhebelmaschine, bei der man den Brühdruck mit Muskelkraft erzeugt, einer Autobatterie für die elektrische Kaffeemühle sowie einem Wassertank völlig unabhängig von jeglichen Anschlüssen. „Aber gleich im ersten Winter gab es so viel Schnee, dass ich mit dem schweren Teil irgendwann einfach nicht mehr durchkam“, erinnert sich Verwohl.

Bei passablem Wetter und kurzen Entfernungen kommt das Rad noch immer zum Einsatz. Sich damit einfach an die nächste Kreuzung zu stellen ist in Deutschland jedoch nicht erlaubt. „Ich darf nur auf genehmigten Plätzen verkaufen“, sagt Verwohl. Oder er kommt auf Einladung zu einem Event wie dem „Salon Creativ“, zu dem er heute Abend radeln wird. Organisiert von einem Fotoatelier, treffen sich dort regelmäßig Künstler, Handwerker und Design-Interessierte. Sie wissen schon vorher, dass wieder der Mann mit dem Fahrrad kommt und leckeren ­Espresso, Cappuccino oder Milchkaffee macht.

Ambitioniert auf kleinstem Raum

Die „Kaffeefahrt“ ist Teil eines Trends, der seit einigen Jahren vor allem in Großstädten zu beobachten ist: Für gutes Essen geht man nicht mehr unbedingt ins Restaurant und für guten Kaffee nicht ins Café. Hochwertige, frisch ­zubereitete Gerichte und Getränke – sie kommen zum Kunden oder zumindest in seine Nähe. Natürlich gab es das auch schon früher: Im Sommer fuhr der italienische Eisverkäufer vor und bimmelte alle Kinder aus der Nachbarschaft zusammen. Und an Imbisswagen mit Bratwurst, Pommes oder halben Hähnchen herrschte erst recht kein Mangel.

Doch nun sind hierzulande, wie in den USA schon länger, immer mehr sogenannte Foodtrucks unterwegs. Sie stellen sich vor Bürotürme, in Industriegebiete, auf ­Konzerte oder bieten ihre Spezialitäten bei Street-Food-­Festivals an, auf denen schon mal bis zu 30 oder 40 ­Wagen zusammenkommen können. Und so kreativ und liebevoll diese rollenden Küchen lackiert und beschriftet sind, so ambitioniert wird in ihnen gekocht, geräuchert, gegrillt und gebacken: von exotischen Suppen über Edelburger und Gourmet-Hotdogs bis zum veganen Streuselkuchen mit Stachelbeeren. Meist sind es Seiteneinsteiger und Existenzgründer, die in hochwertige Küchentechnik investieren, sich auf ein oder zwei Gerichte konzentrieren und frei von monatlicher Belastung durch Pacht oder Miete ihr Glück auf der Straße versuchen. Und damit sich der Gast und die rollende Gastronomie auch treffen, gibt es inzwischen Apps, die anzeigen, wo gerade welcher ­Anbieter steht.

So gut, wie es nur geht

Alex Verwohl veröffentlicht seine Standorte bei Facebook. Aber auf den zwei Kölner Wochenmärkten, die er regelmäßig ansteuert, finden ihn seine Stammkunden natürlich auch so. Gleich der erste, der heute Morgen an seinen Stand kommt, ein Endvierziger mit Laptop-Rucksack, ist regelmäßig bei ihm zu Gast. Er möchte einen Milchkaffee, wie immer. Die Uhr zeigt 7.36 Uhr, um diese Zeit hat Verwohl bereits die Frauen vom Gemüsestand nebenan versorgt, und die Verkäuferinnen des Metzgerwagens weiter hinten haben sich auch schon ein Tablett mit Kaffee abgeholt. Die Maschine ist also bereit – und der Barista auch.

Verwohl löst den Siebträgerhebel aus der Verriegelung und klopft ihn aus. Er hält ihn unter das Kaffeemehl-Fach der elektrischen Mühle, die mit schonend gerösteten Espressobohnen gefüllt ist. Nach langem Probieren habe er zusammen mit einem Münchner Kleinröster seine Idealmischung gefunden, erzählt der Barista: 60 Prozent machen Arabicabohnen der Sorte India Monsooned Malabar aus – eine Spezialität, bei der die Rohbohnen in offenen Lagerhäusern dem Monsunwind und -regen ausgesetzt werden. „Dabei bauen sich unerwünschte Säuren ab“, erklärt Verwohl, „und der spätere Kaffee wird vollmundig und würzig.“ Die restlichen 40 Prozent sind ­Robustabohnen, die den Kaffee kräftig machen und für eine schöne Crema sorgen. „Ein reiner Arabica“, sagt Verwohl, „wäre mir ein wenig zu langweilig.“

Er zieht mehrfach am Dosierhebel der Mühle, bis der Siebeinsatz überquillt. Mit dem Zeigefinger streicht er das überstehende Kaffeemehl ab und drückt den verbleibenden Inhalt mit dem sogenannten Tamper fest, einer Art Stempel. Dann spannt er den Siebträger wieder in die ­Kaffeemaschine ein und legt den Starter-Kipphebel nach rechts. Während nun ein feiner rotbrauner Strahl in den ­Becher rinnt, greift er zum Edelstahlkännchen mit der Milch und hält es unter die Düse des Aufschäumers. Nachdem der heiße Dampf die Milch erhitzt und aufgeschäumt hat, klopft er mit der Unterseite des Kännchens mehrfach auf den Tresen. „So bekomme ich die letzten Luftbläschen raus, der Schaum muss möglichst feinporig sein.“ Die Feinporigkeit ist Voraussetzung für das Gelingen des letzten ­Zubereitungsschrittes: Zunächst lässt Verwohl den Milchstrahl aus großer Höhe in den Espresso fließen, um sich dem Becher dann immer mehr zu nähern und am Ende mit schnellen Seitenbewegungen ein hübsches Muster in die Crema zu zaubern.

Zur Erinnerung: Dies ist kein internationaler Barista-Wettbewerb, sondern der Sülzer Wochenmarkt. Aber Alex Verwohl kann nicht anders: „Bei mir bekommt jeder Kaffee meine volle Konzentration. Es ist keine Hexerei, was ich tue, aber ein Stück Handarbeit. Und das will ich so gut machen, wie es nur geht.“ Deshalb benutze er auch die beiden Brühgruppen seiner Maschine nie gleichzeitig, da könne die Warteschlange noch so lang sein. „Ich habe das einmal probiert, als furchtbar viel Andrang herrschte, war aber mit dem Ergebnis nicht zufrieden.“

Ein schönes Ritual

Der Kunde mit dem Rucksack nippt inzwischen versonnen an seinem Milchkaffee. Er sei Spezialist für Webseiten-Steuerung, erzählt er, und müsse gleich zu einem Onlinedienstleister nach Düsseldorf. „Ich hätte mir auch zu Hause einen Kaffee machen können, aber sicher nicht so einen. Vor einem anstrengenden Tag im Büro hier draußen diesen Moment genießen, das liebe ich.“ Auch die Yogalehrerin, die wenig später auftaucht, kommt nicht zum ersten Mal zu „Kaffee-Alex“, wie Verwohl von vielen auf dem Markt genannt wird. „Es ist ein schönes Ritual, man freut sich immer wieder darauf. Ich komme sogar hierher, wenn ich sonst nichts auf dem Markt zu besorgen habe.“

Junge Frauen mit Kinderwagen, Pärchen, Rentner – der Stand ist in den folgenden Stunden ständig belagert von Menschen, die eines gemeinsam haben: Lust auf guten ­Kaffee. Doch von Kunde zu Kunde wächst beim Beobachter die Erkenntnis, dass die Leute nicht nur kommen, weil hier ein schmackhaftes Heißgetränk zu haben ist.

„Einmal Cappuccino, einmal Kakao?“, fragt Verwohl die Frau mit dem kleinen Jungen. Sie freut sich, wiedererkannt zu werden, muss nur nicken. „So, was darf ich dir Schönes ­machen?“, sagt er zu einem Mittzwanziger mit Hipsterbart, der von Verwohl erst mal eine Zigarette schnorrt. „Jeiht et jot?“, begrüßt er einen älteren Herrn. „Wat maat der Hund?“ Nur ein Auswärtiger sucht jetzt nach Leine und Haustier. „Der hat gar keinen Hund“, ­erklärt Verwohl diese Art kölscher Metakommunikation. „Das ist bloß so eine Floskel, mit der man hier in Small Talk einsteigt und sich gleichzeitig ein bisschen darüber amüsiert.“

Auf Augenhöhe mit dem Kunden

So individuell der Mann hinter der Maschine seine Kunden anspricht, so flexibel geht er auf ihre Bedürfnisse ein. Caffè Latte mit laktosefreier Milch und ein kleiner, nicht zu heiß servierter Kinderkakao gehören ohnehin zum Standard­sortiment. Aber auch Wünsche wie der Cappuccino mit einer Extraportion Schaum oder der Macchiato „bitte nicht zu stark“ werden selbstverständlich erfüllt. Selbst wenn jemand koffeinfrei bestellt, zieht Verwohl mit. Er sagt zwar: „Hab’ ich leider nicht“, macht aber sofort ein Angebot: „Ich kann Ihnen den Kaffee mit weniger Pulver brühen, dann ist er schwächer.“ Dieser Austausch, das Persönliche, ist auch der Grund, weshalb sich Alex Verwohl keinen größeren Foodtruck zugelegt hat, obwohl im Nachbarort Frechen ein Spezialist sitzt, der die US-Vehikel importiert, umbaut und verkauft. „Ich möchte nicht von oben aus einem Wagen ­Becher herausreichen, sondern mit den Leuten auf Augenhöhe sein.“ Und mobil ist er schließlich auch so.

Egal worüber die Kunden mit ihrem Barista plaudern, ein Lob und ein Danke für den Kaffee gehören fast immer dazu. Doch selbst die meisten Stammkunden ahnen vermutlich nicht, wie viel ihm das bedeutet. Denn dass Alex Verwohl einen sicheren, gut bezahlten Job in einem ­klimatisierten Büro gegen ein Leben getauscht hat, bei dem man Kaffeebecher für Kaffeebecher sein Geld verdienen muss und dabei viele Stunden draußen steht, bei Hitze, Kälte, Regen und Sturm – das geschah nicht aus einer Laune heraus.

Verwohl war in seinem alten Leben Projektleiter bei einer Event-Agentur, die auf Materialvermietung spezialisiert ist. „Das ging von Absperrungen für Marathon-Läufe bis zur Rasenabdeckung bei einem Stadionkonzert von AC/DC“, erzählt er. Ein Job mit beneidenswerten ­Privilegien sei das gewesen, zum Beispiel habe er für alle Spiele der Fußball-WM 2006 Freikarten gehabt, jedenfalls bis zum Halbfinale. Gleichzeitig hatte der Job einen gravierenden und für Perfektionisten geradezu gefähr­lichen Nachteil: „Wenn ich ein Projekt abgeschlossen ­hatte, kam das nächste. Ohne Pause, ohne Feedback. Ich habe 50 Stunden die Woche gearbeitet, immer erfolgreich, aber ich habe niemals ein Lob oder ein Danke ­bekommen. Nie!“

Wie fertig ihn das irgendwann gemacht hat, das deutet Alex Verwohl nur an. Aber dass weder seine Frau noch seine drei Töchter versucht haben, ihn vom Ausstieg abzuhalten, sagt alles. Und schließlich kam dann ja bald wieder ein Einstieg – in eine Welt, die Verwohl seit jeher gutgetan hat. „Ich hatte schon früher mehrere Espressomaschinen im Hause. Ich habe mich auch regelmäßig mit einem Freund getroffen, noch so ein Kaffeeverrückter. Dann haben wir experimentiert, immer auf der Suche nach dem perfekten Shot, wie die Baristas sagen.“ Verwohl war also alles andere als ein Anfänger, als er begann, auf Trödel- und Wochenmärkten seinen Kaffee anzubieten. Bis Geld reinkam, dauerte es trotzdem eine Weile. „Ich weiß noch“, erzählt er, während er kurz vor Marktschluss mit dem Aufräumen beginnt, „dass ich an meinem ersten Tag hier 40 Euro eingenommen habe, abzüglich 12,20 Euro Standmiete. Das ist heute glücklicherweise anders.“

Sonst könnte er sich das Street-Food-Festival auch gar nicht leisten, auf dem man ihn an einem Samstagnach­mittag drei Wochen später wiedertrifft. Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Köln-Ehrenfeld treffen sich einmal im Monat Foodtruck-Betreiber und ihre Fan-Gemeinde – draußen und in einer großen Halle. Alex Verwohl ist mit seinem holländischen Lastenfahrrad da, er steht drinnen. „Hier kostet mich der Stand 200 Euro am Tag“, sagt er. „Hier muss es richtig brummen, sonst lohnt es sich nicht.“

Lecker – und noch ziemlich allein

Aber es brummt. Und wie: Obwohl er für den Espresso zwei Euro nimmt statt 1,80 Euro wie auf dem Wochenmarkt und der Cappuccino mit drei Euro sogar 40 Cent teurer ist als sonst, reißt die Kundenschlange nicht ab. Denn sein Produkt hat einen gewaltigen Vorteil: Es steht nicht in Konkurrenz zu all den internationalen Köstlichkeiten, die hier mit verführerischem Aussehen und bisweilen unwiderstehlichem Duft um Kunden werben.

Egal ob die Kunden das senegalesische Hühnchen mit Couscous, den vietnamesischen Reisnudelsalat oder das ­Kaninchen mit französischer Dijon-Senfsauce probiert haben – alle freuen sich auf den Kaffee danach. Das Pastrami „New York Style“ mit Zwiebel-Sugo, Senfgurkenkraut, Ruccola und Cheddar-Käse oder die Brötchenhälften mit „Pulled Duck“, Emmentaler, Trüffelhonig und Estragonmayonnaise können noch so satt und glücklich gemacht haben – im Anschluss an den Genuss ist ein ­Kaffee fällig. Außerdem steht Verwohls Fahrrad auch noch direkt neben einem alten DDR-Wohnwagen, in dem die Damen von „Sweet & Tiny“ hinreißende Crêpes zubereiten, zum Beispiel mit weißer Schokolade und Wildheidelbeeren. Was trinkt man wohl dazu?

Außerdem hat Verwohl eine Alleinstellung. Noch gibt es keinen zweiten Barista auf dem Festival – Kaffee auf Rädern ist in der gesamten Szene bisher selten. Auf der von dem Nürnberger Foodtruck-Pionier Klaus P. Wünsch betriebenen Internetplattform „Foodtrucks Deutschland“ präsentieren sich rund 150 Anbieter, doch nur zwei von ihnen haben sich auf Kaffeezubereitung spezialisiert. Mini-Cafés auf Fahrrädern sind allerdings schon deutlich häufiger anzutreffen.

Seit 2011 stattet das Osnabrücker Start-up „Coffee-Bike“ Franchise-Nehmer mit Biokaffee, Handhebel-Espressomaschine und einem rotbraunen Dreirad aus. Inzwischen sind bundesweit 80 „Coffee-Bike“-Baristas in Einkaufszentren, an Flughäfen oder bei Firmenfeiern im Einsatz. „Neuerdings expandieren wir auch ins Ausland, wir sind sogar schon in Indien“, sagt Firmensprecherin Tamara Heene. Auch Claus Hansen, der in seinem „Kaffeeraum“ in Hamburg-Winterhude seit vielen Jahren ­Espressomaschinen repariert und verkauft, sieht die ­mobile Kaffeekultur „ganz stark im Kommen“. Und freut sich darüber: „Die so etwas machen, sind meist Menschen, die Kaffee regelrecht leben. Deren ­Espresso ist oft besser als das, was einem in manchen Cafés vorgesetzt wird.“

Ein Kaffee mit Charme

Selbst wenn einem ein Becher Kaffee auf einem Food-Festival im ersten Moment nicht so spektakulär vorkommt wie eine 24 Stunden lang geschmorte Rinderschulter – ein guter Barista wie Alex Verwohl macht das mit Ausstrahlung und Persönlichkeit wett. Denn während all die coolen Jungs in den Barbecue-Trucks mit ihren schwarzen T-Shirts und den tätowierten Unterarmen fast schon uniformiert wirken, steht am Kaffeestand ein Mann mit Charme. Kein Wunder, dass sich manche ­Frauen erstaunlich viel Zeit für ihren Kaffee lassen. Mit seinen kurzen Haaren und den markanten Grübchen erinnert Verwohl an Bruce Willis – nur dass er 15 Jahre jünger ist. Und wenn er dann traumwandlerisch ­sicher an den Hebeln seiner Maschine hantiert, mit verwaschener Jeans und einem an den Gürtel geketteten Lederportemonnaie, hat das eine gewisse Lässigkeit.

Die verlässt den Barista auch nicht, als er plötzlich eine Wasserpfütze unter der Siebträgermaschine entdeckt. So ­etwas kann einen Riss des Kessels bedeuten – das wäre der Super-Gau. Aber Verwohl bleibt ruhig, schließlich lässt er seine Maschinen einmal im Jahr ­warten: Da wird der Kessel im Säurebad entkalkt, die Dichtungen werden erneuert, die Leitungen neu verlötet. Verwohl leuchtet mit der Taschenlampe die Schläuche ab, greift zum Schraubenzieher – und gibt nach wenigen Minuten Entwarnung. „Kein Leck! Es ­hatte sich nur eine Schelle gelockert, die habe ich wieder angezogen.“

Es ist Abend geworden, am Stand wird es ruhiger. Um halb zehn kommt ein junges Pärchen. Der Mann bestellt ­einen Espresso. „Und du?“, fragt Alex Verwohl die Freundin. „Danke, so spät nichts mehr, ich muss gleich Bubu machen.“ Alex reicht dem Mann seinen Kaffee und grinst: „Dann musst du wohl sehen, wie du die Nacht alleine rumkriegst.“ Der Barista ist seit fast 17 Stunden auf den Beinen, er hat vormittags wie jeden Samstag auf dem Wochenmarkt gestanden – aber er ist immer noch zu Scherzen aufgelegt. Wie er die Nacht verbringt, ist für ihn allerdings keine Frage. „Ich werde gleich nur noch schlafen“, sagt er. Abbauen muss er heute Gott sei Dank nicht, das Fahrrad bleibt stehen. Denn morgen, am Sonntag, geht das Street-Food-Festival weiter.


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.