Kalifornien: Gründer und Gebräu

Getrunken wird er überall, Art und Zubereitung allerdings sind mitunter gewöhnungsbedürftig – zumindest für den deutschen Geschmack. Wie und wo genießen die Menschen in anderen Ländern heute ihren Kaffee? Eine Reise um die Welt.





Gute Cafés mit eigener Rösterei erkennt man in San Francisco an der Schlange. Der Amerikaner mag wenig Geduld haben, wenn es ums Bierzapfen geht – für einen sorgsam aufs Gramm abgewogenen, frisch gebrühten Filterkaffee oder einen Cappuccino mit kunstvoll eingeschenkter Haube aus Milchschaum warten Fans gern zehn Minuten oder länger. 

Die Namen der besten Röstereien werden inzwischen wie die von SterneRestaurants gehandelt. Den Anfang machte Ritual Roasters, dann kam Blue Bottle, das sich inzwischen zu einer kleinen Kette mit landesweiten Ambitionen gemausert hat, gefolgt von Four Barrel und Sightglass. Die Filialen großer Ketten gibt es zwar an jeder Ecke, aber sie sind nur zweite Wahl – für Touristen oder für Menschen in Eile.

Die Bucht von San Francisco gibt bei der „artisanal“, der handwerklich anspruchsvollen Kaffee-Kunst den Ton an. Hier, im milden Klima Kaliforniens, entstand schon in den Siebzigerjahren die Foodie-Bewegung, die sich frischen, möglichst wenig verarbeiteten Lebensmitteln von kleinen Herstellern verschrieben hat. Ihr Credo: Im Idealfall sollte der Verbraucher den Bauern kennen, der Gemüse oder Kaffeebohnen angebaut hat. Hier schlägt aber auch das Herz der ewig umtriebigen Tüftler und Gründer, die selbst am Boden einer Espressotasse noch eine Geschäftsidee entdecken. 

Die Folgen lassen sich in aufwendig designten Cafés bestaunen. Im Hintergrund rumort eine aus Europa importierte Rösttrommel, davor gießen bärtige und tätowierte Baristi die Getränke auf, während die Kundschaft mit MacBooks ihrem autistischen Geschäft nachgeht. Mit 15 bis 25 Dollar für rund 340 Gramm Bohnen (ein amerikanisches Pfund) sind die neuen Kaffees ziemlich teuer, deren Anbieter können sich aber dennoch vor Kundschaft kaum retten. Was nach Manufaktur riecht, verkauft sich derzeit quasi von allein.

Deshalb expandieren die neuen Edelröster auch nicht nur in neue Filialen, sondern schicken außerdem Café-Mobiles aus, die an strategisch wichtigen Stellen in der Innenstadt und rund um die Hightech-Start-ups geparkt sind, um die Klientel mit ihrem Lieblingsgetränk zu versorgen. 

Der Bohnen-Boom hat inzwischen sogar Wagniskapital angezogen. Eine Gruppe von Investoren, darunter auch Google Ventures, investierte beispielsweise 20 Millionen Dollar in Blue Bottle, um Filialen von New York bis Las Vegas zu eröffnen. Die Konkurrenzröster von Sightglass wurden mit Geld des Twitter-Co-Gründers Jack Dorsey aus dem Boden gestampft. Und natürlich gibt es auch längst eine eigene App – „SF‘s Best Coffee“ –, um die neuen Edelcafés ausfindig zu machen.


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.