Australien: Herzstopper im Stehen

Getrunken wird er überall, Art und Zubereitung allerdings sind mitunter gewöhnungsbedürftig – zumindest für den deutschen Geschmack. Wie und wo genießen die Menschen in anderen Ländern heute ihren Kaffee? Eine Reise um die Welt.





Als der britische Admiral Arthur Phillip 1788 in Sydney die erste Sträflingskolonie aufzubauen begann, war die Wahl des Heißgetränks für Australien entschieden: Briten trinken Tee, ob nun zu Hause oder im Südpazifik. Nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch begann die massenhafte Immigration von Italienern und Griechen nach Australien – und damit auch der Siegeszug der braunen Bohnen. Aus der dünnen Plörre, die zuvor als Kaffee durchgegangen war, wurde nachtschwarzer richtiger Kaffee, der bald den Spitznamen „heart stopper“ verpasst bekam. 

Heute ist Kaffee aus dem Stadtbild Sydneys, Melbournes oder Brisbanes nicht mehr wegzudenken: In den Morgenstunden eilen Tausende mit ihren Pappbechern Richtung Büro. An jeder Ecke gibt es einen Coffeeshop, und viele Einheimische haben ihren lokalen Lieblings-Barista – den Experten, der mit Könnerschaft die Profi-Kaffeemaschine bedient. Es soll allerdings schon vorgekommen sein, dass ein Barista einen Stammkunden plötzlich nicht mehr bediente. Hat er ihn doch auf der Straße mit einem Kaffee von einer dieser gesichtslosen Ketten erwischt und nimmt den Mangel an gutem Geschmack nun persönlich. In der Regel haben Australier viel Humor, doch der endet eben bei schlechtem Kaffee.

Um mit einem Barista zu kommunizieren, ist eine eigene Sprache nötig, einfach nur Kaffee gibt es hier nicht. Stattdessen wird „short black“ bestellt – ein Espresso – oder „long black“, das ist eine Tasse Espresso, verdünnt mit heißem Wasser. Mit Milch heißt er „long white“, mit fettreduzierter Milch wird er zum „long white skimmed“. Milchkaffee ist ein „latte“, was „lattäh“ ausgesprochen wird. Den Zucker muss der Kunde übrigens gleich mit ordern, der Barista schüttet ihn in die Tasse, bevor er sein Werk beginnt. Ein „weak latte soy with two” ist folglich ein schwacher Milchkaffee mit Sojamilch und zwei Löffeln Zucker. 

Europäische Kaffeehaus-Kultur ist allerdings unbekannt. Außer ein paar Cafés der Schokoladenmarken Lindt oder Guylian gibt es keine Cafés, in denen der Mensch stundenlang herumsitzen könnte. Der typische Coffeeshop ist meist nur ein Tresen plus Kaffeemaschine und ein paar unbequemen Alibi-Stühlen. Dort wird das Getränk geholt und dann stehend oder gehend konsumiert. Entsprechend gibt es auch keine Torten – wer zum Kaffee etwas Süßes möchte, kauft sich einen Muffin oder ein „banana bread“, Butterkuchen mit Bananengeschmack, und isst aus der braunen Papiertüte. Um halb vier oder vier, wenn der Europäer eigentlich reif wäre für eine gemütliche heiße Tasse, ist der Kaffeezauber hierzulande leider schon vorbei. Die Coffeeshops schließen, denn zum Plaudern geht der Australier lieber ins Pub – auf ein Glas Bier. 


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.