Fotos von über Hundertjährigen

Sie treffen Freude, gehen spazieren, sehen gelassen dem nächsten Tag entgegen – 
und sind mehr als hundert Jahre alt. Ein Blick in einen späten Lebensabend, der bald ganz normal sein wird. 




Ursula Rüdel, geb. 31.3.1912 in Weida a.d. Orla, Säuglingsschwester

Ursula Rüdel lebt in einer Einliegerwohnung im Haus ihres Sohnes Reinhard. Sie lädt oft und gern Leute zum Plausch ein, im Sommer auf ihrer eigenen Terrasse. Zur übrigen Familie und zu Freunden hält sie Kontakt mit handgeschriebenen Briefen. Seit einiger Zeit versucht sie gesund zu leben, mit „wenig Alkohol und Raucherei“, weil sie auch ihren nächsten Geburtstag noch erleben möchte. Ihr Motto: „Sei fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal und freue dich über die kleinsten Dinge.“

Johanna Spiekermann, geb. 1.10.1914 in Jena, Hausfrau

Johanna Spiekermann war „nie auf Rosen gebettet“. Sie war 24, als ihr Mann im Krieg fiel, und wechselte fortan mehrfach den Job, um ihre drei Töchter durchzubringen. Sie arbeitete im Sägewerk und bediente in Gaststätten, nähte Faschingskostüme und eröffnete einen Kostümverleih. Gefragt nach ihrem Rezept für ein langes Leben, sagt sie, dass man in Bewegung bleiben müsse. Aber in erster Linie sei es „ein gewisser Trotz“.

Fritz Tasso Tuche, geb. 9.6.1914 in Naumburg/Saale, Zimmerer, Hochbau-Ingenieur, Gewerbelehrer

Fritz Tasso Tuche lebt allein in einer betreuten Wohnanlage in Jena. Er ist sehr aktiv, kauft ein und kocht auch selbst, hört aber „auf zu essen, wenn es am besten schmeckt, um nicht süchtig zu werden“. Manchmal fährt er mit den Enkeln zum Angeln, im vergangenen Jahr war er mit der Familie in Norwegen. Er freut sich jeden Tag aufs Neue darüber, „froh und munter“ aufwachen zu dürfen.

Erika Elitz, geb. 4.5.1910 in Berlin, Beamtin

Erika Elitz hat sich jahrelang ehrenamtlich um mittellose Mitmenschen gekümmert, bevor sie vom Bezirksamt Berlin-Zehlendorf eingestellt wurde, um das hauptberuflich zu tun. Gefragt nach ihrem Rezept für ein hohes Alter, empfiehlt sie, mit wenig glücklich zu sein, die Menschen so zu nehmen, wie sie sind, und auch in schwierigen Zeiten Haltung zu bewahren. Ihr Motto: „Behandle die Menschen, wie du auch behandelt werden willst.“

Walter Weinmann, geb. 22.8.1909 in Frankfurt am Main, Physiker

Walter Weinmann ist mit seiner Lebensbilanz rundum zufrieden. Seine Wünsche für die Zukunft halten sich daher in Grenzen. Der Physiker interessiert sich bis heute für alles, was mit technischem Fortschritt zu tun hat. Nur nicht für Computer: Die sind ihm zu neuzeitlich.

Gustav Weick, geb. 18.1.1910 in Karlsbad, Schriftenmaler, Malermeister

Gustav Weick wurde zum 100. Geburtstag im Rossdörfer Wald eine Eberesche gepflanzt, die er regelmäßig besucht – bei seinen Spaziergängen zu einer Bank, die ihm ebenfalls gestiftet wurde. Wer ihn fragt, warum er so alt geworden ist, bekommt zu hören: „Ich habe sehr viel Glück gehabt, vor allem im Krieg.“

Margarethe Deichmann, geb. 17.6.1911 in Berlin,Chefsekretärin

Margarethe Deichmann hatte kein einfaches Leben. Sie hat als Chefsekretärin im Polizeipräsidium gearbeitet und sich ­zugleich um ihre Familie gekümmert. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie ausgebombt. Doch sie überstand auch diese schlimme Zeit und bewahrte sich ihre positive Lebenseinstellung wie auch ihre Liebe zu Literatur und Musik, vor allem zu Operette und Volksmusik.

Erna Kalies, geb. 6.12.1908 in Berlin, Damenschneiderin

Erna Kalies war als Damenschneiderin für deutsche UFA-Stars wie Marlene Dietrich tätig, aber auch für Politikergattinnen – an deren Namen sie sich allerdings nicht mehr erinnert. Seit 2006 lebt sie in einem Heim, und bis heute vermisst sie die eigenen vier Wände. „Na ja“, sagt sie, „zu Hause ist eben zu Hause.“


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.